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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

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23. Heft
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Wolter, Franz; Kaulbach, Friedrich August von: Fritz August von Kaulbach
DOI Artikel:
Dorret, M.: Ich lasse dich nicht, [2]: Roman
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https://doi.org/10.11588/diglit.31172#0692

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288

MODERNE KUNST.

Hut entzückend hervorlugt. So reiht sich bei dem Meister Perle an Perle, eine
glänzende Schnur, unserm Geschlecht einen nie versiegenden Born reinster un-
schuldvollster Kindlichkeit vermittelnd.
In der Vielseitigkeit seines Schaffens findet Kaulbach auch Gelegenheit in
rein dekorativ angelegten Skizzen und Studien seine Phantasie ausleben zu lassen.
Hier finden sich Entwürfe, die gleich kostbaren Wandteppichen entweder diesen
zum Vorbild dienen könnten oder als Wandbilder zeigen würden, wie Kaulbach
auch zur Monumentalmalerei befähigt ist. Dazu gesellen sich die geistreichen
Ideen, die für Gelegenheitsfeste entstanden sind. Denken wir nur an die welt-
berühmt gewordene Schützenliesel und an ihre spätere Jubilarin als Greisin mit
der großen Kinderschaar. Vor allem aber an die Karten und Einladungen zu Wohl-
tätigkeitsveranstaltungen und Künstlerfesten. Wer je einmal sich hat vertiefen
können in die älteren Allotriakneipzeitungen, dem wurde eine Welt des sprudelnd-

sten und nie verletzenden Humors erschlossen. Hier lockt Kaulbachs Satiren
und Witz selbst den Betroffenen ein Schmunzeln ab. Wohl keiner hat seinen
großen Kollegen Lenbach in seiner Stärke und den Schwächen so fein und treffend
charakterisiert wie Kaulbach. Was uns aber gerade heute im Kampfe der male-
rischen Geschicklichkeiten interessiert, ist die Technik Kaulbachs. Sie erscheint
auf den ersten Blick recht einfach, bei näherem Betrachten erkennt man bald,
daß es sich bei dem Künstler nicht um ein einziges Rezept handelt, vielmehr fällt
es sofort auf, daß er die verschiedenartigste Sprache der Malerei, die mannig-
faltigsten Kunstmittel beherrscht. Hier wählt er unter hundert von Ausdrucks-
mitteln das seinem Thema entsprechende mit nie fehlender Sicherheit. Selten
finden wir einen modernen Künstler, dem die Technik das Material solch unter-
täniges Element ist wie ihm, weil er es an den alten Meistern mit tiefem Ernst
studierte.


lasse dich nicht.


Roman von M. Dorret.


[Fortsetzung.]
„schöne Harry“ riß dienstbeflissen der aufgeregten Exzellenz
Lie Tür auf. „Ja!“ — Also dieses kleine Privatgespräch war
ür ihn durchaus nicht reizlos gewesen. Es hatte recht kräftige
Lichter in das ungewisse Dämmern seiner pekuniären Zukunft geworfen. Ihre
Exzellenz wollte genommen sein. Sie war Geschmackssache. Immerhin —
ihre Gunst mußte man unbedingt haben. Allzu schwer dürfte das nicht sein.
Er wußte, daß sie, die aus reichen kleinbürgerlichen Provinzkreisen
stammte, sich einst den ganz jungen Leutnant Kerstens „gekauft" hatte.
Die Kerstens waren seit Generationen Soldaten und blutarm. Er wußte
auch, daß sie es ihrem Mann schwer verübelt, daß er nicht „von Adel" war.
Sic hatte „Offiziersfrau“
werden wollen, da nahm
sie den ersten besten, der
Uniform trug. Nun mußte
die Tochter den feudalen
Namen in die Familie
bringen. Wer weiß, ob es
ihm gelungen wäre, sich
so rasch hier festzusetzen,
wenn er den nicht be-
sessen hätte.
Den „schönen Harry“
fror doch ein wenig, wenn
er daran dachte, wie rasch
dann das Ende gekom-
men wäre.
Eines schönen Mor-
gens wäre die Herrlichkeit
eben einfach aus gewesen.
Man stand im Helm vor
dem Kommandeur: „Herr
Oberst, ich melde gehor-
samst, ich bin zu Ende.
Die Krawattendreher sind
an der Arbeit.“ Und der
liebenswürdige und weiß
Gott nachsichtige Mann
drückte einem die Hand,
gab allerhand kamerad-
schaftliche Ratschläge, wie
man sich noch in letz-
ter Stunde herausbeißen
könnte. Als einer der den
Schild nicht befleckte, sich
einen ehrenvollen Abgang
sichern. Da rückte man
auch wohl mit dem letz-
ten an. Und dann ....
ja, dann straffte sich die

[Copyright 1914 by Rieh. Bong.]
Gestalt des Vorgesetzten, und die teilnahmsvollen Augen wurden eisig:
„Wenn die Dinge so stehen, Herr Oberleutnant von Tennow, ist meine
Macht zu Ende. Ich habe getan, was ich konnte, um Sie vor dem
Äußersten zu bewahren. Sie und — das Regiment. Was zu geschehen
hat .... wissen Sie."
Dann verbeugte man sich stumm und ging aus dem kahlen Regiments-
bureau, das einem bis heute höchst nüchtern erschienen und nun wie die
Pforten des Paradieses vorkam, die sich hinter einem schlossen. Man biß
sich ja.dann wohl irgendwie durchs Leben. Leute, die etwas leisteten, konnte
man überall gebrauchen. Darüber brauchte man sich also keine grauen
Haare wachsen zu lassen.
Nur — durfte man den
bunten Rock nicht so
töricht lieben. Nicht mit
allem, was der Beruf
brachte, so blutheiß ver-
wachsen sein seit Genera-
tionen. Nicht solch erb-
lich belasteter Soldat aus
innerster Freude und
Überzeugung sein. Da
ging man — auch als
tüchtiger Kerl — in einer
andern Lebenssphäre eben
einfach langsam, aber
sicher vor die Hunde. Also
dem Zufallen „der Pfor-
ten“ wäre ein anderer
dumpfer Knall vorzuzie-
hen gewesen. Und in den
Zeitungen dann die breit
ausmalenden Notizen:
„Heute Morgen fand der
Bursche des Oberleutnant
v. T. seinen Herrn ....
Das Geschnatter und
Geschrei! Der Flecken,
den er auf das blanke
Schild seines Regiments
werfen würde. Gerade er,
der dies stolze alte Regi-
ment so sehr liebte ....
Scheußlich, weg da-
mit. Wie unsinnig, sich
das auf einmal auszuma-
len. Gerade heute, jetzt
in dieser Stunde.
Das lag ihm doch bis
jetzt nicht, über fest-


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:

F. A. v. Kaulbach: Tänzerin Guerrero.

Copyright 1903 by Franz Hanfstaengl.
München,
 
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