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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

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Copyright by Rieh. Bong, Berlin. 27. 8. 1914. Alle Rechte, auch das der Übersetzung in andere Sprachen, sind den Urhebern Vorbehalten.

Johann Sperl f.
Im Alter von 74 Jahren ist Johann Sperl seinem
Freunde Wilhelm Leibi, der ihm um Jahrzehnte im Tode
vorangegangen war, nun gefolgt. Wie eng die gemein-
same Arbeit einst beide Künstler vereinigt hat, geht
schon aus der Tatsache hervor, daß mehrere Bilder von
Sperl und Leibi gemeinsam signiert sind. Das Figürliche
dieser Gemälde rührt offenbar von Leibi her, während
die ebenso gute Landschaft wohl auf Sperl zurückzu-
führen ist. Zu diesen Bildern gehört z. B. der vor-
treffliche ,,Bauernjäger“. Dennoch war Johann Sperl
keineswegs oder doch nur auf einige Zeit von der
Kunst seines Freundes abhängig; ja, die Entwicklung,
die für sein Schaffen die Reife bedeutete, setzte erst
nach dem Tode Wilhelm Leibis ein. So gehört Sperl
zu unseren besten Landschaftern, aus deren Malerei ein
echtes Heimatgefühl und tiefes, inniges Empfinden
spricht. Die Natur der bayrischen Hochebene mit den
saftigen Wiesen und Obstbäumen, den hügelartigen Er-
hebungen und den bläulichen Gebirgszügen am Horizont
haben hier einen beredten Ausdruck gefunden. 0. A.
Marie Eugenie delle Grazie.
Von Dora Duncker.
Zu den berufensten Vertreterinnen moderner, und im
höchsten Sinne gedachter, humaner Weltanschauungen,
gehört zweifellos diese österreichische Dichterin, die es
sich so wenig angelegen sein läßt, von sich reden zu
machen, und die es so viel mehr verdient allerorten ge-
nannt, gelesen und geliebt zu werden, wie die vielen,
vielen andern, die den sogenannten literarischen Tages-
markt beherrschen.
Herbe Kindheits- und Jugendeindrücke, seltsame
Blutmischungen haben diesen starken Charakter, dieses
heiße Dichtertemperament geformt. Die erhabene Berg-
einsamkeit des Kasanpasses, in dessen unmittelbarer
Nähe sie ihre ersten Kinderjahre verlebte — ihr Vater
Caesar delle Grazie, ein geborener Venezianer, war Berg-
baudirektor des Distrikts —, ist nicht ohne Einfluß auf
ihre exstatische Liebe zur Natur geblieben, und in manche
ihrer frühesten Dichtungen hinein scheint noch das
dumpfe Getöse der berühmten Stromschnellen bei Dren-



Johann Sperl f, der Freund und Mitarbeiter Wilhelm Leibis.
Hofphotograph Ressler, Augsburg.

kowa zu rollen, die das phantastische Kind in einen träu-
merischen Schlaf gesungen.
Kaum zwanzigjährig — die Mutter war inzwischen nach
dem Tode des Gatten mit Marie Eugenie und einer zweiten
frühverstorbenen Tochter nach Wien übergesiedelt —
begann sie ihr Epos „Robespierre“, das nach zehnjäh-
rigem Schaffen den Namen delle Grazie aus der stillen
Arbeitsstube fort zuerst in die Welt hinaustragen sollte.
Alle Keime der charakteristischen Eigenart der Dich-
terin sind in diesem gewaltigen Epos bereits enthalten:
die starke poetische Gestaltungskraft, die reiche Bild-

lichkeit, die Gedankenschwere, die sich oft wie ein dunkler
Schleier über die Farbenglut der Sprache hängt, die hin-
reißende Leidenschaft, der Geist der Rebellion, der sich
später all ihren Werken merkbar aufprägte.
Seltsam mutete damals dieser wilde Aufschrei aus
der Brust einer vornehmen Frau an, die mitten in der
weichen, literar-ästhetischen Luft der Wiener Aristo-
kratie stand. Allgemach erst gewöhnte man sich daran,
daß Marie Eugenie delle Grazie, im tiefsten Grunde ihrer
reichen Seele eine einsame Natur, durchaus gewillt war,
ihre eignen Pfade zu gehen.
Die Dichterin sorgte dafür, daß man nicht aus der
Übung kam. Ihr Drama „Schlagende Wetter“, dessen
Uraufführung das Deutsche Volkstheater in Wien
brachte, ist ein Bergarbeiterstück, das die Tragik des
Konflikts zwischen Kapital und Arbeit in großzügiger
Weise zum Vorwurf nahm. Ebenso pulst in vielen ihrer
Novellen gesundes Rebellenblut, das sich auflehnt gegen
das abgestorbene Bestehende, das neuen Menschheits-
idealen Raum schaffen möchte.
Aus der reichen Zahl der Werke E. delle Grazies
möchte ich vor allem der beiden Kulturromane gedenken,
die uns Deutschen das Bild der österreichischen Dichterin
am lebhaftesten vor Augen gerückt haben: „Heilige
und Menschen“ und „Vor dem Sturm“.
In „Heilige und Menschen“ entrollt sich ein Kultur-
bild des modernen römischen Gesellschaftslebens voll
packendster Kraft. Meisterhaft sind die Gegensätze des
päpstlichen Rom und der modernen Siebenhügelstadt
einander gegenübergestellt, diese beiden sich unablässig
bekämpfenden Welten!
Erschütternd wirkt das Opfer der jungen Sale-
sianerinnen, die um der Sünden ihrer Eltern willen hinter
vergitterten Klosterfenstern zu Heiligen erzogen werden,
befreiend die Kraft, mit der die junge Principessa ihre
Ketten sprengt. Diese befreiende Kraft verkörpert sich
in der modernsten aller Wissenschaften, der Naturwissen-
schaft; ihr Vertreter ist kein Geringerer als der greise
Haeckel, ein vertrauter Freund der Dichterin, dessen
Lehren sie selbst bis vor kurzem gläubig gefolgt ist.
In Haeckel, der persönlich handelnd auftritt, schildert die
delle Grazie mit der ihr eignen Begeisterungsfähigkeit
die vom Klerikalismus sich lösende Welt, und ihrer
Heldin gleich, die von der Unnatur zur Natur zurück-


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XXVIII. 26. B.
 
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