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Monatsberichte über Kunstwissenschaft und Kunsthandel — 1.1900/​1901

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Nr. 2
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Frimmel, Theodor von: Bilder von seltenen Meistern, 5, (Zu Cornelis Metsys)
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https://doi.org/10.11588/diglit.47723#0084

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bei Bartsch, als ob Heinecken den Stecher mit dem
Monogramm: »Corn. Met.« und den Cornelis Massys
schon mit Bestimmtheit identifiziert hätte, wüsste ich
nicht zu beweisen. In Heinecken’s »Nachrichten«, auf
die Bartsch offenbar anspielt, ist der Künstler noch als
»Corn. Met« verzeichnet. Erst Passavant spricht mit
Überzeugung und guten Gründen für die Identifizierung.
Zum Stil des Cornelis Metsys ist etwa folgendes
zu bemerken.
Im Berliner Bildchen, einer Landschaft mit kleinen
Figuren, sittenbildlicher Art (das Werk ist monogram-
miert und trägt die Datierung 1543) erweist sich Cornelis
Metsys ebenso als ein Maler der Gruppe des Bles und
Patenier, wie als Vorläufer eines Jacob und Abel Grimmer,
eines Lucas Gassel. Das Amsterdamer Täfelchen,
eine Landschaft mit der Geschichte vom verlorenen
Sohne (signiert »COR. MET.« und darüber datiert 1538)
lässt sich ungefähr in derselben Weise charakterisieren.
Der Landschaft sieht man den Zeitgenossen des Patenier
recht deutlich an. Die Figürchen können ihre Verwandt-
schaft mit Quentin und Jan Massys nicht verleugnen.
An diese zwei gesicherten Arbeiten des Cornelis Metsys
wurde ich lebhaft erinnert, als ich in der Prehn’schen
Sammlung im Archivgebäude zu Frankfurt a. M. die
kleinen altflandrischen Bilder zur Godeleve-Legende sah
(Nr. 51 bis 54 des Kataloges der Prehn’schen Galerie
von 1843). Diese kleinen Darstellungen haben unzweifel-
haft einmal die Wände eines Reliquiars geschmückt.
Sie sind mit 1538 datiert. Meiner Vermuthung, dass
diese Bildchen von Corn. Metsys gemalt seien, habe ich
in der »Chronique des arts et de la curiosite« von 1899
Ausdruck gegeben. Bald nach dieser kleinen Publikation,
welche auf mehrere besonders bedeutende Stücke der
Prehn’schen Sammlung einging, wurde mir bei dem
Wiener Triptychon derselbe stilistische Zusammenhang
klar. Ich lege meine Beobachtung hiemit den Fach-
genossen und Kunstfreunden zur Überprüfung vor.
Noch seien mir folgende Bemerkungen gestattet.
In der Karlsruher Galerie hängt ein Bild von Jan Massys,
eine Darstellung des Propheten Elias und der Witwe
von Sarepta in einer Landschaft. Den fein durchge-
gebildeten Hintergrund dieses Bildes möchte ich dem
Cornelis Metsys zuschreiben. Wo Jan M. seine Land-
schaft selbst ausführte, wie z. B. auf dem Bilde von

1564 in Antwerpen (»Genezing van Tobias«) ist sie roh
und viel unvollkommener als auf dem Bilde in Karlsruhe.
Ein äusserst seltenes Blatt von Corn. Metsys ist
das mit den Blinden (Bartsch 53). Es gewinnt besonders
dadurch an Interesse, dass es wohl für Peeter Brueghels
Darstellungen ähnlicher Art vorbildlich gewirkt hat.
Anbei die Abbildung, die einen Teil der Beweisführung
übernimmt. Die übrigen Gründe, die meine Behauptung
stützen, werden durch Betrachtung des Stils und der
Lebenszeit beider Künstler, des Cornelis Metsys und
des Peeter Brueghel zu gewinnen sein. C. Metsys ist
nach Van den Branden’s Angabe um 1511 geboren.
1531 wurde er Freimeister der Antwerpener Gilde, wie
in den »Liggeren« verzeichnet steht, 1555 sicher, ver-
mutlich noch 1562 hat er sich künstlerisch bethätigt.
Die Kataloge der Berliner und der Amsterdamer Galerie
lassen ohne Quellenangabe den Meister 1580 noch am
Leben sein. Das kleine Blatt mit den Blinden gehört
ohne Zweifel in die erste Hälfte der künstlerischen
Thätigkeit des Cornelis Metsys, in die Zeit, als er wohl
noch keine italienischen Einflüsse erfahren hatte, wie
solche später, seit etwa 1549, bei ihm zu beobachten sind.
Nun zu Peeter Brueghel dem älteren. Dieser ist,
man weiss es, erst um 1525 geboren; erst 1551 wurde er
Mitglied der Antwerpener Gilde. 1569 ist er gestorben.
Er war um etwa 15 bis 20 Jahre jünger als Cornelis
Metsys und dürfte demnach der Empfangende gewesen
sein. Dem Metsys dürfen wir wohl die Priorität zuer-
kennen. Schon V. d. Branden hat ihm die Ehre gerettet,
noch vor Peeter Brueghel sittenbildliche, völkische Dar-
stellungen geschaffen zu haben. Das Blatt mit den
Blinden scheint mir nun ganz besonders geeignet, ge-
radewegs eine Beeinflussung des alten Peeter Brueghel
durch Cornelis Metsys klar zu machen. Es ist wieder
einmal die Beeinflussung eines berühmten Künstlers
durch einen herzlich unberühmten. Cornelis Metsys ist
so unberühmt gewesen, dass er bei Van Mander nicht
einmal genannt wird. Und doch muss er zum mindesten
als Vorläufer des älteren Peeter Brueghel anerkannt
werden, eines Malers, der zu den meistgenannten in der
Kunstgeschichte gehört. Diese Angelegenheit bestätigt
es von neuem, dass eine unparteiische Forschung sich
ebenso mit den seltenen oft wenig geschätzten Meistern
zu befassen hat, wie mit den »Spitzen« der künstlerischen
»Gesellschaft.«


Cornelis Metsys: Die Blinden. (Nach der Radierung B. 53.)
 
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