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Monatsberichte über Kunstwissenschaft und Kunsthandel — 1.1900/​1901

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Nr. 12
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Hirsch, Emil: Georg Rumler: ein kursächsischer Hofbuchbinder des 17. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.47723#0526

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496

Georg Rumler,
ein kursächsischer Hofbuchbinder des 17. Jahrhunderts.
Von Emil Hirsch.

Reich ist die Litteratur der Geschichte des Buch-
einbandes, so zahlreich, dass es am Platze wäre, eine
Bibliographie derselben zu schreiben. Man würde als-
dann sehen, wie gering der Anteil deutscher Autoren
an dieser Litteratur ist, wie zahlreich dagegen Frank-
reich mit guten und vortrefflich ausgestatteten Werken
über die „art de la reliure“ vertreten ist. Diesem letzteren
Umstande ist auch zuzuschreiben, dass Jedem, der mit
Bucheinbänden zu thun hat, Namen wie Grober, Geofroy
Tory, Clovis und Nicolaus Eve, Le Gascon, Padeloup,
Deröme etc. vollkommen geläufig sind, während wir von
unseren alten deutschen Meistern der Buchbinderkunst
so gut wie nichts wissen. Und doch ist mancher darunter,
der verdienen würde, der Vergessenheit entrissen zu
werden.
Wenn wir von hervorragenden Leistungen deutscher
Buchbinderkunst sprechen, so müssen in erster Linie
und beinahe ausschliesslich die Erzeugnisse sächsischer
Meister genannt werden. Die prächtigen sächsischen
Buchbinderarbeiten des 16. u. 17. Jahrhunderts erinnern
daran, dass es in Sachsen Buchbinder gab, die weit
über ihren anderen deutschen Kollegen standen und
mustergiltige Einbänden schufen, die von hohem künst-
lerischem Geschmack ihrer Verfertiger zeugen; diese
Bucheinbände dokumentieren aber auch, dass es in
Sachsen Fürsten gab, die Wert darauf legten, nicht
nur Bücher, sondern auch Bücher in prächtigen Ein-
bänden zu besitzen. Wohl zumeist diesen fürstlichen Auf-
trägen ist es zu verdanken, dass sich in Sachsen die
Buchbinderkunst jener Zeit zu einer grossen Blüte ent-
falten konnte, indess sie in anderen deutschen Ländern
sich selten über die Mittelmässigkeit emporhob.
Einer verdienstvollen Arbeit Berlings verdanken wir
eine Monographie über den sächsischen Hofbuchbinder
Krause.*) Wir möchten heute auf einen weiteren säch-
sischen Hofbuchbinder hinweisen, von dem uns der
Zufall kurz nacheinander zwei hübsche Stücke in die
Hände spielte, auf Georg Rumler. Die beiden Ein-
bände, die wir nachstehend genauer beschreiben, zeigen,
dass Rumler in seinem Fache Vortreffliches leistete.
Wie aus dem Einbande Nr. 2 hervorgeht, war er Hof-
buchbinder des Kurfürsten August (1526—1586), also
des fürstlichen Bücherfreundes, dessen Sorge für die
künstlerische Ausstattung der Einbände seiner Bücher
den Aufschwung der sächsischen Buchbinderkunst her-
vorrief. Näheres über das Leben und Wirken Rumlers
konnten wir leider nicht erfahren.
Der eine Einband ist ein dunkelbrauner Kalbleder-
band in Folio. Der Vorderdeckel zeigt ein sehr scharf
*) Berling, K. Der kursächsische Hofbuchbinder Jakob Krause.
Mit 12 Lichtdrucktafeln und 2 Textillustrationen. Dresden 1897.

geprägtes erhabenes Mittelstück, Judith mit dem Haupt
des Holofernes, darunter die Inschrift: GEORGIVS«
RVMLER * VOLVNTATEM * TIMENCTVM SE‘ * FAC1ET
* DOMINVS * PSALMVS. Dieses Mittelstück ist von
einem auf die Spitze gestellten, ornamentalen Viereck
umrahmt. Die vier Ecken sind durch Medaillons aus-
gefüllt, die links (oben und unten) eine vom Mittel-
stück verschiedene Darstellung der Judith, rechts die
Justitia wiedergeben. Der Rückdeckel zeigt in gleicher
Anordnung in der Mitte die Fortuna mit der Inschrift:
PASSIBVS „ AMBIGVIS s FORTVNA s VOLVBELIS s;
ERRAT Ä Die vier Medaillons gleichen denen des
Vorderdeckels. Zu .sämtlichen Figuren dürften! Jost
Amman’sche Vorbilder gedient haben; sie sind in der
Weise dieses Meisters ausgeführt. Das Gold der Press-
ungen ist im Laufe der Jahrhunderts schwarz geworden,
dagegen ist der Goldschnitt, zierlich ciseliert und ge-
malt, vollständig intakt. Den Inhalt des Einbandes
bildet ein „Sechsisch Landrecht. Gedruckt zu Leipzig
durch Hansen Rhambaw in verlage M. Ernesti Vögelins
1571“.
Der andere Einband in Oktav ist in blindgepresstem
Schweinsleder ausgeführt. In der Mitte des Vorder-
deckels befindet sich das grosse kaiserliche Wappen mit
der Inschrift: DES HEILIGEN RÖMISCHEN KE1SER-
THVMS * WAPPEN * GEORG * RVMLER * Darunter
1570. Das Ganze ist eingerahmt von einer Bordüre,
gebildet aus Arabesken und kleinen Medaillons mit
Köpfen, der sächsischen Raute, zwei gekreuzten
Schwertern, einem Halbmond mit zwei Sternen und dem
Signet Rummlers. Die Rückseite gibt das grosse
sächsische Wappen mit der Inschrift: VON
GOTTES GNADEN AVGVSTVS HERZOG PäJY
ZV SACHSSEN CHVRFVRST G RVMLER, ( L)
umrahmt mit der gleichen Bordüre wie vorn.
Den Inhalt des Bandes bilden: Rerum in Gallia ob
religionem gestarum libri tres. Sine loco 1570.
Auf Grund des oben mitgeteilten Rumler’schen
Buchbinderzeichens dürfte es nicht schwer fallen, weitere
von der Hand dieses Meisters gefertigte Einbände zu
ermitteln, auch wenn sie nicht dessen vollen Namen
tragen.
Zu den dankbarsten Aufgaben würden wir es
rechnen, wenn eine berufenere Feder eine Geschichte
des sächsischen Bucheinbandes schreiben möchte, die
gewiss von allen Bibliographen mit Freuden begrüsst
werden würde. Der verdienstvolle Aufsatz von R. Steche
„Zur Geschichte des Bucheinbands“ (Archiv f. Gesch.
d. deutschen Buchandels Bd. 1. 1878) kann ja nur als
Versuch über dieses Thema in Betracht kommen.
 
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