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Monatsberichte über Kunstwissenschaft und Kunsthandel — 1.1900/​1901

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Nr. 6
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Bassermann-Jordan, Ernst von: Dominicus Auliczek: sein Leben und seine Kunst
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DO/AINICUS AULICZEK.
SEIN LEBEN UND SEINE KUNST
auf Grund der einschlägigen Litteratur
dargestellt von
Dr. Ernst Bassermann-Jordan.

Der kurfürstlich bayerische Hofbildhauer und lang-
jährige Inspektor der Nymphenburger Porzellanmanufaktur,
Dominicus Auliczek, war geraume Zeit in der Kunst-
forschung so gut wie vergessen. Nagler hatte sich ein-
gehender mit dem Künstler beschäftigt, und in Meyers
Allgemeinem Künstlerlexikon war eine biographische
»Nachricht« benützt und citiert, die der Münchener
Revisionsrat Kaspar von Lippert in dem »Augsburgi-
schen monatlichen Kunstblatt« 1772 über seinen Freund
Auliczek mitgeteilt hatte. Das Verdienst aber, die Be-
deutung Auliczeks als Künstler zuerst hervorgehoben
und ihm den gebührenden Platz in der Reihe der baye-
rischen Rokokoplastiker gesichert zu haben, gebührt
Herbert Hirth, der in der Einleitung zu »Deutsch
Tanagra« dem Künstler die lange versagte Gerechtig-
keit hat widerfahren lassen.
Karl Trautmann hat dann durch Mitteilung der er-
wähnten Nachricht Lipperts aus dem jetzt sehr seltenen
Augsburgischen monatlichen Kunstblatt, sowie durch
Veröffentlichung einer Anzahl interessanter und wert-
voller archivalischer Notizen die Leser der altbayeri-
schen Monatsschrift1) mit den Lebensschicksalen des
Künstlers bekannt gemacht und die Untersuchungser-
gebnisse Herbert Hirths bestätigt und ergänzt.
Dominicus Auliczek ist zu Policzka in Böhmen am
1. August 1734 geboren. Sein Vater Matthias, Bürger-
meister von Policzka, gedachte anfangs seinen Sohn für
den geistlichen Stand zu erziehen und liess ihn in Prag
studieren. Der Plan, den jungen Auliczek in ein Car-
thäuserkloster in Kärnten eintreten zu lassen, zerschlug
sich und schliesslich folgte der junge Mann seinem früh
bewiesenen Hang zur Kunst und ging zu dem Bildhauer
Franz Batcack in Leutomischel in die Lehre. Als Ge-
selle arbeitete er anderthalb Jahre bei Johann Georg
Leutner in Wien, besuchte dann Paris und London, wo
er überall fleissig in den Akademien nach der Natur
modellierte. Von grösstem Einfluss auf seine künst-
lerische Entwickelung aber war ein sechsjähriger Auf-
enthalt in Rom, den Auliczek aufs beste ausgenützt zu
haben scheint. Er studierte die Kunstdenkmale des
Altertums, besuchte die päpstliche Akademie der bilden-
den Künste und drei Jahre lang die Kurse für Anatomie
im Ospedale Santo Spirito, drei weitere Jahre arbeitete
er bei dem Architekten Gaetano Chiaveri. An der
') 1900. Heft 1.

Akademie di San Luca errang er in dieser Zeit unter
56 Konkurrenten den ersten Preis in der Modellierkunst
und erhielt vom Papste Clemens XIII. den Ritterorden
vom goldenen Sporn. Reisen durch alle grösseren
Städte beschlossen seine Studienzeit in Italien.
1763 treffen wir den Künstler in München, durch
einen betrügerischen Mönch, der sich für einen ungari-
schen Bischof ausgab, um sein ganzes, mühsam er-
worbenes Vermögen von 1200 Gulden gebracht. Durch
glückliche Umstände wurde der damalige Direktor der
Nymphenburger Porzellanfabrik, Graf von Haimhausen,
aufmerksam auf Auliczek und übertrug ihm nach dem
Tode des Modellmeisters Bastelli 1765 die Aufsicht
über die Bossierer der Nymphenburger Manufaktur.
Noch im selben Jahre vermählte sich Auliczek mit
der Tochter des Malers Weiss. Bis zu seinem Tode
am 15. April 1804 war Auliczek ununterbrochen für
die Nymphenburger Porzellanfabrik thätig und hatte
sich der Gunst Max Josephs III. zu erfreuen, der ihn
1772 zum Hofbildhauer, 1773 zum Inspektor der Nym-
phenburger Fabrik ernannte. Kurfürst Carl Theodor
verlieh dem Künstler 1782 den Titel eines Hofkammer-
rates und auch König Max I. schenkte ihm sein volles
Vertrauen. An Feinden und Neidern aber hat es
Auliczek während seiner langjährigen Amtsthätigkeit in
Nymphenburg nicht gefehlt. Sehr bedeutende Künstler
wirkten gleichzeitig mit ihm am bayerischen Hofe, ich
nenne nur Karl de Groff, Johann Baptist Straub, Franz
Ignaz Guendter, Roman Boos, die dem empfindlichen
Auliczek öfters Gelegenheit zu unliebsamen Vergleichen
geben mochten. Als 1788 gar in der Person des Pro-
fessors Flurl dem Künstler ein Aufpasser bestellt wurde,
äusserte sich Auliczeks Gereiztheit und gekränkter
Künstlerstolz in einer dem Gedeihen der Fabrik nicht
immer dienlichen Weise. Drei Jahre lang, bis es zu
einer Beseitigung der kleinen Reibereien kam, soll man
von Auliczek während der Dienststunden nicht viel zu
sehen bekommen haben. Doch konnten derartige Ver-
stimmungen Auliczeks Thätigkeit in Nymphenburg keinen
sehr wesentlichen Eintrag thun: die Leistungen der
Fabrik in der Zeit seiner dortigen Amtsthätigkeit müssen
zu den allerbedeutendsten der Nymphenburger Manu-
faktur gerechnet werden. Der Grund dafür ist in der
Befähigung unseres Künstlers und in seiner Ausbildung
zu suchen.
 
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