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Monatsberichte über Kunstwissenschaft und Kunsthandel — 1.1900/​1901

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Frimmel, Theodor von: Bilder von seltenen Meistern, 1
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https://doi.org/10.11588/diglit.47723#0039

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25

Williamson, E., La Curiosite en 1899. Ib. 1900.
Um vol. in-8°. br. 7.50. [268
Münzauction zu München. Am 17. Oktober 1900
und folgende Tage kommen unter Leitung des
Experten Otto Helbing in München die nachge-
lassene Münzsammlung des sei. Herrn Joseph Maurer,
Privatier in München, ferner die Sammlung des
Herrn Hans Kellermayr, Bankbeamter in Linz a. D.,
sowie die Sammlung eines österreichischen Münz-
freundes zur Versteigerung. Diese Sammlungen
enthalten Münzen und Medaillen verschiedener
Länder des Mittelalters und der Neuzeit, darunter
neben hervorragenden Seltenheiten aus verschiedenen
Münzgebieten reiche Serien von Böhmen, Eggen-
berg, Schlick und Wallenstein und schöne Suiten
von Wallfahrtsmedaillen, Pestamuletten etc. An Por-

traitmedaillen sind hervorragende Meister des 16. und
17. Jahrhunderts, wie Antonio Abondio, Konrad
Bloc, Sebastian Dadler, David Enderle, Michael
Hohenauer, Jonghelinck, Valentin und Christian
Maler, Philipp Heinrich Müller, Peter Seel, Jakob
Stampfer u. A. durch prächtige Arbeiten vertreten
sind. Auch Werke der bedeutendsten modernen
Medailleure wie Prof. Scharff (Wien) und der
Franzosen Borrel, Bottee, Chaplain, Dupuis, Rivet
und Roty sind in grösserer Anzahl im Katalog
enthalten. Dem Kataloge, der in 2502 Nummern
weit über 4000 Münzen und Medaillen umfasst,
ist zur leichteren Orientierung ein genaues Inhalts-
verzeichnis beigefügt. Der Katalog ohne Tafeln
ist gratis, der Katalog mit 11 Tafeln (91 Nummern)
Abbildungen für M. 5.— erhältlich. [269

Bilder von seltenen Meistern.
Von Dr. Th. v. Frimmel (Wien).

Die grossen Linien der Kunstgeschichte werden
durch das Leben und Schaffen der kräftigsten Talente
unter den Künstlern bestimmt. Wer zweifelte daran
oder an der Wahrheit, dass wir unseren Geschmack
an der Kenntnis des Grössten und Besten zu bilden
hätten? So möchte es denn scheinen, als sei es über-
flüssig, den Kleinen noch irgend welche Aufmerksam-
keit zu schenken. Aber, da stehen wir vor einem
Gemälde; es ist künstlerisch bedeutend, in manchen
Stücken meisterhaft, in anderen Theilen schwach. Ein
grosser Name prangt auf dem Rahmen und von den
Meisten wird er gläubig abgelesen, oder nachgeplappert.
Das Bild aber ist von einem Anderen, von einem Minder-
wertigen. Woher aber können wir wissen, von wem
es ist? Der Nachweis, dass es nicht dem Grossen an-
gehört, ist nur dem möglich, der neben den grossen auch
die kleineren Meister kennt und genau studirt hat, jene
Meister, die nur ab und zu einen hohen Flug wagten,
denen nur selten ein glücklicher Wurf gelang. Diese
Maler dritten und vierten, aber noch immer nicht letzten
Ranges haben auch nicht selten dadurch eine gewisse Be-
deutung, dass sie die Lehrer und Anreger der Grossen
geworden sind, oder dass sie gewisse Überlieferungen
aus den Werkstätten der Grossen festgehalten haben.
So bleibt es zwar unbestritten, dass wir die führ-
enden Künstler vor Allem beachten werden, dass wir
aber auch gut daran thun, ihren weniger berühmten
Vorgängern, Lehrern, ihren Schülern, Nachahmern, bis
herunter zu den Fälschern gelegentlich unsere Aufmerk-
samkeit zu schenken. Ungezählte falsche Benennungen
würden vermieden, wenn wir neben den wenigen
Hunderten hoch berühmter Künstler auch ihre wenig
genannten Parallelmeister stets in Rechnung ziehen
wollten. Für die geringere aesthetische Freude beim
Studium der kleinen entschädigt eine grössere kritische
Sicherheit. In diesem Sinne bitte ich die nachfolgenden
Notizen aufzunehmen.
I.
Als Nachahmer des Roeland Savery erweist sich
der Meister eines Bildes, das sich im Schlosse Som-
merau in der gräflich Brunsvik’schen Galerie befindet.

Er zeichnet „LASARVS
VANDER
BORCHT
anno
1604“.
(Das N ist in Spiegelschrift geschrieben, anno merkwürdigerweise cursiv aus-
geführt. Helle Schrift rechts unten.)
Orpheus unter den Thieren ist dargestellt, derselbe
Gegenstand, den R. Savery so oft gewählt hat; und
die Art der Durchführung erinnert so lebhaft an den
vielgenannten Savery, dass die Meisten das Bild des
Lazarus van der Borcht aus der Entfernung für eine
Copie nach Savery ansprechen dürften. Die Signatur
ist indes unanfechtbar alt und echt. Die Mache ist
schwerfälliger, als bei den Saverys, sowohl in den Fi-
guren als auch in der Landschaft. (Etwa 0,60 breit,
0,50 hoch, auf guillochiertes Kupfer gemalt).
II.
Herr Sektionsrath Emil von Rätky in Wien besitzt
neben anderen Gemälden auch ein stattliches altnieder-
ländisches Bild, das dem Stile nach in die Nähe des
Denis v. Aalsloot gehört, aber mit „ABORCHT“ alt und
echt bezeichnet ist (in dunklen Zügen gegen unten links).
Nach der Vergleichung aus dem Gedächtnis mit dem
Lazarus v. d. Borcht in Sommerau scheint es mir, dass
beide Bilder von sehr verschiedenen Händen her-
stammen , auch wenn man annehmen kann, dass der
V. d. Borcht bei Rätky um einige Jahre früher ent-
standen ist und dass demnach eine kleine Stiländerung
zu erwarten wäre, auch wenn beide Bilder von dem-
selben Maler abstammen sollten. Die Composition
ist die der flandrischen Landschaft gegen 1600. Eine
baumreiche Gegend ist dargestellt. Gegen links heller
Ausblick auf Wiesengrund mit einem Sumpf oder Teich
und einigen ländlichen Gebäuden. Nach vorne zu kommt
ein mit drei Pferden bespannter Reisewagen heran.
Hinterher ein vornehmer Reiter. Links unten gewahrt
man einen wandernden Krämer, der sich unbelauscht
wähnt und den Grund baldigst erleichtert verlassen wird.
Diese, nach heutiger Auffassung unanständige Figur
hat zu einer Zuweisung des Bildes an Patenier Anlass
gegeben. Van Mander sagt nämlich, Patenier hätte
 
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