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Monatsberichte über Kunstwissenschaft und Kunsthandel — 1.1900/​1901

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Nr. 2
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Berling, Karl: Eine wertvolle Schenkung an das K. Kunstgewerbemuseum zu Dresden
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https://doi.org/10.11588/diglit.47723#0086

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Sevres. Nicht weniger als 13 Scvres-Stücke, darunter
solche ersten Ranges, sind vorhanden. Auch von
mehreren kleineren, in deutschen Sammlungen selten ver-
tretenen Fabriken Frankreichs gibt es hier Porzellane,
so von Tournay mit der Goldschwertermarke, Chantilly
mit dem blauen Posthorn, St. Cloud mit der Sonne
u. a. m. Von italienischen und spanischen Porzellanen
war bis jetzt so gut wie nichts im Kunstgewerbemuseum
vorhanden. Auch von ihnen enthält die Schenkung eine
Anzahl höchst charakteristischer Stücke.
Als sich Karl III., Infant von Spanien und König
von Sicilien, im Jahre 1738 mit Marie Amalie Christine,
Tochter des sächsischen Kurfürsten Friedrich August II.
vermählte, war ein reicher Schatz sächsischen Porzellans
von Sachsen nach Italien als Mitgift gebracht worden.
Hierdurch wurde wohl in Karl der Wunsch rege, in
seinem Lande Ähnliches zu schaffen. Wenigstens grün-
dete er 1743 in Capo di Monte,» eine Fabrik von Weich-
porzellan. Das echte Hartporzellan herzustellen gelang
erst als die Fabrik nach Neapel verlegt worden war, was
im Jahre 1780 geschah. Hier hat sie bis zum Jahre
1808 bestanden. Das grosse Interesse für die Porzel-
lanbereitung bekundete Karl ferner dadurch, dass er
bald nach seinem Regierungsantritte als König von
Spanien (1759) in der Nähe von Madrid, in Buen-Retiro,
eine Porzellanfabrik einrichtete. Da er hiebei aber die
gleiche Masse und die gleichen Porzellanarbeiter ver-
wandte, auch in gleicher oder sehr ähnlicher Weise
signierte, so ist die Zuweisung von Porzellanen nach
der einen oder der andern Fabrik schwer. Eine Tasse,
Deckeldose und durchbrochene Dose möchte ich in
dieser Beziehung nicht bestimmen. Zwei Figuren, Kleider-
verkäuferin und singender Kavalier scheinen mir aus
Buen-Retiro, drei Tassen aus Capo di Monte zu stammen.
Diese letzteren zeigen mythologische Scenen in farbig
gehöhtem Relief, jener eigenartigen Dekorationsweise,
die so häufig zu Fälschungen benutzt ist. Neapel ist
vertreten durch zwei Teller, die Städteansichten zeigen,
eine Tasse, mit sogen. Callotfiguren bemalt, vor allem
aber durch ein besonders fein mit antikisierenden Fi-
guren in der Art der Herkulaner Wandgemälde be-
maltes vollständiges Frühstücksservice.
Die im Museum bis jetzt nicht gerade besonders
reiche Abteilung der italienischen Majoliken erhält durch
die Schenkung einen Zuwachs von 34 Stück. Der Zahl
und auch vielleicht der Qualität nach sind die Fabriken
von Castelli am besten vertreten. Da es die Fayencen in
dieser in der Nähe von Neapel gelegenen Stadt erst
im 17. und 18. Jahrhundert zur eigentlichen Blüte ge-

bracht haben, stammen auch die hier in Betracht kom-
menden Stücke aus verhältnismässig später Zeit. Vor
1700 ist kaum eins anzusetzen. Auf einer Castelli-
Schale, die eine Szene aus der heiligen Legende dar-
stellt, findet sich die Bezeichnung »C. Gentili. F.«
Wahrscheinlich ist hier Carmine Gentili, der 1678 ge-
boren und 1763 gestorben sein soll, gemeint. Zwei
Vasen von besonders schwerer Form mit Darstellungen
von Szenen aus dem alten Testament, sind mit »Dr.
Franc. Ant. Grue P. 1731« bezeichnet. Dies war ein
berühmter Fayencemaler zu Castelli, der von 1686 bis
1746 gelebt hat. Wegen politischer Unruhen soll er
mehrere Jahre im Gefängnis zu Neapel haben zubringen
müssen. Auf diese Gefangenschaft scheint sich eine
runde Platte zu beziehen. Auf ihr hat er eine Strand-
landschaft mit Figuren im Vordergründe gemalt und
einen der dort dargestellten Warenballen mit »Franc.
Grue Napoli 1723« bezeichnet.
Aus Urbino stammen zwei mächtige Vasen mit
Schlangenhenkeln, die dem 16. Jahrhundert angehören
und schöne Grotesken in Braun, Blau und Grün auf
mattweissem Grunde zeigen, ferner vier mit dem gleichen
Wappen versehene, mit Krieg- und Jagddarstellungen
bemalte Apothekergefässe. Ihre Farbenpracht reicht
nahe an die der Castellischen Stücke heran, in der
Zeichnung bleiben sie weit hinter diesen zurück. Faenza
und Candiana sind ausserdem noch vertreten.
Zum Schlüsse füge ich hinzu, dass das Museum
durch die Schenkung in den Besitz von 14 Originalen
griechischer Gefässe gekommen ist, von denen es bis
dahin überhaupt noch nichts sein eigen nannte. Das
älteste Stück stammt aus dem siebenten Jahrhundert
v. Chr. und ist eine kleine cylindrische Deckeldose
(Pyxis) korinthischen Ursprungs. Zwei doppelhenklige
Vasen vertreten die beiden bei den Amphoren vorkom-
menden Hauptformen, die eine mit dem Schwerpunkt
über, die andere unter der Mitte. Ausserordentlich
reizvoll in Gestaltung und Bemalung ist ein einhenkliges
Toilettengefäss (Aryballos) von kugeliger Flaschenform
mit glockenartiger Mündung. Die meisten Arbeiten
entstammen der Zeit vom 5. bis 4. Jahrhundert v. Chr.
Als schönstes und wertvollstes Stück dieser kleinen
Sammlung hat man eine elegant geformte Trinkschale
zu betrachten. Sie ist mit Zeichnungen des athenischen
Vasenmalers Duris (etwa 480—450 v. Chr) versehen,
dessen Künstlerinschrift dem Innenbilde beigeschrieben
ist. Auch ein griechisches oder phönizisches Glasgefäss,
das auf dunkelblauem Grunde hellblaue und gelbe Ringe
und Zickzackornament zeigt, ist erwähnenswert.
 
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