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Monatsberichte über Kunstwissenschaft und Kunsthandel — 1.1900/​1901

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Nr. 2
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Helbing, Hugo: Lose Blätter zur Geschichte der vervielfältigenden Künste, 2, Pfalzgraf Rupprecht der Cavalier
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https://doi.org/10.11588/diglit.47723#0110

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96

grossen Henkers gibt es zwei Zustände: Im I. Zu-
stand (nach de Laborde) auf dem Schwerte des
Henkers das Monogramm Rp. f. 1658, das R. von
einer Krone überragt. — Im II. Zustand trägt die
Balustrade die Inschrift SP(agnoletto) IN(venit) RVP.
P. FECIT und etwas entfernter davon FRANCO-
FURTI ANO 1658. Das andere Kapitalblatt mit der
Jahrzahl 1658, von de Laborde p. 206 als »David«,
von Andresen unter No. 8 als »Der Krieger mit
Lanze und Schild« beschrieben, auch »der Fahnen-
junker« genannt, gilt als Porträt Rupprechts. Die
Ansicht, dass es »David« nach Giorgione darstellen
soll, gründet sich darauf, dass oben rechts auf dunklem
Grunde ein Name steht, von welchem lediglich der
erste Buchstabe G zu lesen ist. Von Vaillant existiert
als Brustbild eine gleichzeitige Copie dieses Blattes
und das spricht sehr für die Annahme, in diesem
Blatt ein Selbstporträt Rupprechts zu erblicken.
Die beiden Blätter: »der grosse Henker« und
»der Fahnenjunker« bezeichnen den Höhepunkt der
Kunstthätigkeit des Prinzen. Der Gesamteindruck
ist unbedingt ein grossartiger und die beiden Blätter
verdienen umsomehr die vollste Bewunderung sowohl
hinsichtlich ihrer Gesamtwirkung, wie in Bezug auf die
technische Ausführung, als man bedenken muss,
welch unvollkommene Mittel dem Prinzen bei der
Herstellung seiner Platten zu Gebote standen und wie
künstlerisch viel höher seine Arbeiten über die von
Siegen’s zu stellen sind.
Bald nach der Fertigstellung dieser beiden Haupt-
blätter scheidet der Prinz aus dem Bereiche des
Mainzisch - Frankfur tisch en Kunstlebens; wir treffen

ihn in den nächsten Jahren wieder im Kriegsdienst,
dieses Mal als kaiserlichen Generalwachtmeister bei der
Wegnahme der von den Schweden besetzten Warne-
münder Schanze vor Rostock. Im Jahre 1660 kehrt
der Pfalzgraf mit den Stuarts nach England zurück.
In dem im vorigem Hefte der Monatsberichte enthal-
tenen Aufsatz über die Geschichte der Schabkunst in
England bis zum Ende des XVII. Jahrhunderts hat
Günther Koch erwähnt, welche wichtige Rolle Rup-
precht bei der Einführung der schwarzen Kunst in
England spielte. Es ist dort auch darauf hingewiesen,
dass sich kein Schabkunstblatt des Prinzen als in
England entstanden nachweisen lässt. Die Platte des
oben erwähnten sogenannten kleinen Henkers ist viel-
mehr höchst wahrscheinlich noch in Deutschland ge-
arbeitet, vollständig fertig nach England mitgebracht
und Mr. Evelyn zum Abdruck in seinem Buche über-
lassen worden.
Die alte Neigung der Hingabe an Probleme der
Wissenschaft trat jetzt an die Stelle der Beschäftig-
ung mit den graphischen Künsten. Im sogenannten
runden Turm zu Windsor richtete der Prinz sich
die berühmte Zauberküche ein, in der ihm noch zahl-
reiche Entdeckungen und Erfindungen gelangen, und
die ihn in jener abergläubisch-wundersüchtigen Zeit
mit einem gewissen Nimbus umgaben, und Hoch und
Nieder mit einer ehrfurchtsvollen Scheu auf ihn blicken
liessen.*) Er starb in seinem Hause zu Spring-Gardens
in London in Folge einer Brustfellentzündung am
29. Nov. 1682 in seinem 63. Jahre.

*) Vergleiche über diese Erfindungen und Entdeckungen Warburfon
a. a. O. III. 460, Spruner a. a. O. S. 136.
 
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