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Monatsberichte über Kunstwissenschaft und Kunsthandel — 1.1900/​1901

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Nr. 8
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https://doi.org/10.11588/diglit.47723#0381

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dürfte. Allerdings zu Skandalen, wie im Falle
Klimt, wird es diesmal kaum kommen. Dazu
ist das Werk zu vornehm.
Wie sonst, versuche ich es, eine Meinung zu
begründen, die sich von Gefühlen nach Möglich-
keit losmacht und vom Kunstgehalt allein ab-
geleitet wird. Dass mich das neue Bild ungemein
fesselt, soll ja nicht verschwiegen werden, doch
bin ich bescheiden genug, anzunehmen, diese
subjektive Aeusserung habe für niemanden Inte-
resse. Man will vom Bilde hören, man will ab-
wägend, vergleichend zu einem Urteile gelangen.
Und da fällt denn vor allem ein ungewöhnlich
sicheres, umfassendes, reifes Können auf, das
allerwärts an dem neu geschaffenen Riesenbilde
zutage tritt. Matsch bewältigt die Schwierig-
keiten gewagter Verkürzungen spielend, er
zeichnet, er modelliert vortrefflich, er weiss
Licht und Schatten auch sonst gar wohl zu
verteilen. Darauf kam es diesmal hauptsächlich
an. Hatte der Künstler doch den „Sieg des
Lichtes über die Finsternis“ malerisch darzu-
stellen.
Ich habe es versucht, vor dem Bilde die Er-
innerung an den Titel, an die gestellte Aufgabe
zu unterdrücken und aus dem Werke selbst
herauszulesen, was wohl damit gemeint sei.
Ich kam auf eine Allegorie des Lichtes, das
einen Boten mit leuchtender Fackel zur Erde
sendet, wo dadurch eine Morgendämmerung
anbricht. Dass es sich dabei um die Ueber-
windung dunkler Mächte handelt, deutet wohl
der finstere Riese an, der zur Rechten schwarzes
Gewölk aushaucht. Ich habe mit Absicht das
vorgeschriebene Programm nicht gelesen und
mir keine Deutung des Bildes geben lassen.
Trotzdem führten mich die Gestalten des Ge-
mäldes ganz nahe an einen „Sieg des Lichtes
über die Finsternis“ heran. Von einem hell-
glänzenden Haupte gehen Strahlen ringsum aus.
Sie geben das Hauptlicht, in welchem alles
schwimmt, soweit nicht dichte Wolken seinen
Zutritt hemmen. Zu diesem Haupte, das doch
wohl nur die Sonne bedeuten kann, zu dieser
Quelle des Lichtes streben allerlei menschliche
Figuren empor. Ein Priester und eine ge-

flügelte weibliche Figur halten der Sonne einen
Opfertisch entgegen. Augenscheinlich ein Ab-
gesandter des leuchtenden Gestirns ist der
Jüngling, der, mit der Rechten eine lodernde
Fackel schwingend, durch die Lüfte herab-
schiesst. Oben rechts die schwebende Nackte
mag die Poesie sein. Bei ihr ein Sonnenross
oder Pegasus. Untenhin bläuliches Dämmer-
licht über der Erde, von der gerade genug
sichtbar ist, um uns die Kugelgestalt mit Be-
stimmtheit ins Gedächtnis zu bringen. In allem
liegt eine gewisse Vernünftigkeit, noch sehr
weit entfernt von pädagogischer Aufdringlichkeit
und gar wohl vereinbar mit dem höchsten
künstlerischen Schwünge. Unterschätzen wir
doch die Deutlichkeit nicht, mit der das Bild
gedacht und gemalt ist.
Die Technik ist auf grosse Entfernung be-
rechnet. Man kann schon jetzt sagen, dass
auch an der Decke der Aula alle wesentlichen
Figuren zu unterscheiden sein werden. Der
Pointillismus, von Matsch mit tiefem Verständnis
angewendet, wird bei der endgiltigen Plazierung
des Bildes ohne Zweifel eine neuerliche Feuer-
probe glücklich bestehen. Ich möchte mit dem
Urteile nicht zurückhalten, dass wir es in dem
Werke mit einem ungewöhnlich gelungenen
Wurf zu thun haben, mit einer der bedeutendsten
Leistungen, die Wien seit Jahren hat entstehen
sehen. Wäre das Bild doch um ein Jahr früher
fertig gewesen! Dann hätten wir in Paris etwas
Staat gemacht mit unserer Wiener Kunst. Für
dieses Bild ist das viele Geld gewiss nicht
hinausgeworfen, das dafür bezahlt wird.
Blicken wir im prachtvoll ausgestatteten Atelier
des Künstlers um uns, so finden wir noch
manches, das Beachtung heischt. Als eine der
älteren Arbeiten des Künstlers ist das Bildnis
des Herrn J. Kattus (aus dem Jahre 1894) auf-
gestellt. Allerlei malerischen Reiz entfalten die
Brustbilder „Aspasia“, „Feuerfalter“, einige
Studienköpfe, besonders die „Studie zur Sonne“
im grossen Bilde und als jüngste Arbeit das
Porträt der kleinen Comtesse Carla Lancko-
ronska. [1357
[Th. v. Fr(immel) in „Montags-Revue“ v. 13. Mai a. c.]
 
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