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Monatsberichte über Kunstwissenschaft und Kunsthandel — 1.1900/​1901

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Nr. 9
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Lose Blätter zur Geschichte der vervielfältigenden Künste
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https://doi.org/10.11588/diglit.47723#0405

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370

Um das Jahr 1790, als Schütz mitzuarbeiten
aufhörte, ist Ziegler wohl zum erstenmale mit dem
dritten Künstler, der uns hier zu beschäftigen hat,
mit Laurenz Janscha,1) in Verbindung getreten.
Dieser Künstler, (nach Kulkuljevic S. 121) zu
Rodein in Krain 1744 geboren, kam wohl erst spät2)
nach Wien und wie mit Sicherheit angenommen
werden darf, war der ursprüngliche Zweck seiner
Uebersiedelung nicht der Beginn einer Künstler-
laufbahn, sondern vielmehr der, dem Onkel Anton
Janscha in der Bienenzucht beizustehen. Von diesem
als Bienenzüchter berühmten, von der Kaiserin
Maria Theresia in die Reichshauptstadt berufenen
slovenischen Bauer schreibt Linhart (Versuch einer
Geschichte von Krain II. S. 237) „Er war ein Maler
und Bienenwirt aus Krain, beides ohne kunstge-
mässe Erziehung.“ Indessen ist über Arbeiten dieses
Anton Janscha nichts bekannt, und Wurzbachs
Meinung, Linhart habe hier den Bienenzüchter Anton
mit dem Maler Laurenz Janscha verwechselt, der ja
zur gleichen Zeit lebte, dürfte wohl richtig sein.
Darüber aber besteht kein Zweifel, dass im Hause
des slovenischen Bienenzüchters die Kunst gepflegt
wurde, und Fr. Edm. Weirotter, der zu jener Zeit
Professor der Landschaftsschule an der Wiener
Akademie war, das Genie in unserem Laurenz ent-
deckte und wohl die Veranlassung bot, dass derselbe
seine Studien an der Akademie begann. Anfangs
unter Weirotters Führung, später unter der Leitung
des berühmten Joh. Christ. Brand, bewies Laurenz,
dass Weirotter sich nicht getäuscht hatte, denn
seine vorzüglichen Anlagen gediehen zur schönsten
Entwicklung.
Im Jahre 1771 mehrfach preisgekrönt, wurde
Laurenz Janscha 1790 Pensionär der Akademie der
bildenden Künste, 1796 Adjunkt des Lehrers der
Erzschneide- und Handarbeitsschule. Im Jahre 1801
finden wir unsern Künstler als Korrektor der Land-
schaftsschule, die nach dem Tode Joh. Chr. Brands
dessen Bruder Friedrich als Professor dirigierte.
Da aber dieser kränkelte, leitete Janscha fast aus-
schliesslich den Unterricht und bekam nach Friedrich
Brands Tode dessen Professorstelle übertragen.
Später begegnen wir Laurenz Janscha als kaiser-
lichem Rat und sehen ihn auch sonst infolge seiner
rastlosen Tätigkeit mit mancherlei Ehren ausge-
zeichnet. Sein Tod erfolgte im Jahre 1812.
Neben der Ausübung seines Berufes als Lehrer
hat er nicht aufgehört, als Maler und Zeichner
Tüchtiges zu schaffen. Von seinem tiefen Empfinden
für die Schönheiten der Natur und seiner glücklichen
Gabe, diese Schönheiten im Bilde festzuhalten und
sie mit gefälliger Staffage zu beleben, zeugen am
besten die in der nachfolgend beschriebenen Folge

') Ueber ihn vergl. P. v. Radies in Allgem. Deutsch. Biographie,
Band XIII S. 709. — Besser aber ist immer noch der betr. Artikel in
Wurzbachs Biograph. Lexikon des KaisertumsOesterreich. Vgl. auch Kul-
kuljevie-Sakcinski, Slovnik umjetnikah jugoslavenskih. Agram 1858;
ferner: Letopis Matice Slovenske za Ceto 1880. — Geschrieben wird der
Name im Slovenischen Janza, gesprochen Jantscha. Laurenz selbst schrieb
sich Janscha. Daher bleibe ich mit Wurzbach bei dieser Schreibart, während
Nagler (Künstler-Lexikon) und v. Radies (Allg. Deutsch. Biogr.) Jantscha
schreiben.
2) So Gräffer und Czikann, Oesterreichische National-Encyklopädie.
Wien 1835, Bd. III, S. 19. Die Allg. Deutsche Biogr. lässt Laurenz „schon
in sehr jungen Jahren“ seine Studien an der Akademie beginnen.

nach seinen Zeichnungen gestochenen Blätter. Als
besondere Meisterleistungen unseres Künstlers gelten
„Die Brigittenau“, „Die Versammlung der schönen
Welt bei den Kaffeehäusern in der grossen Prater-
allee“, „Das neue Wiener Ringelspiel im Prater“
und die „Aussicht gegen die Landstrasse“.
Nach diesen Notizen über die Schöpfer der
nun zu verzeichnenden Blätter sei zunächst be-
merkt, dass sämtliche Ansichten im Verlage von
Artaria & Co. erschienen sind und alle die Adresse
tragen: „Zu finden in Wien bey Artaria Comp. Cum
Priv. S. C. M.“ Der Verlag veröffentlichte, als
das Unternehmen entsprechend fortgeschritten war,
ein Titelblatt, wie alle einzelnen Blätter der Folge
mit französischem und deutschem Text. Als die
Folge aber immer umfangreicher wurde, liess
man den Platz für die Zahl der Blätter auf dem
Titelblatt frei, um sie je nach der Zusammen-
stellung eines completen Exemplars richtig aus-
füllen zu können. So steht auf dem Titelblatte der
hier beschriebenen Folge die Zahl 87, und diese
entspricht auch dem Umfange der Folge, die hier
in einen gleichzeitigen, goklgepressten Franzband
gebunden ist. Es sind 87 Blatt. Alle Blätter liegen
in tadellosen ersten Abdrücken und prächtigem
Colorit vor, 6 Blätter (88—93) konnte ich als Supple-
ment aus einem Exemplar des zweiten Abdruckes
dieser Folge beifügen. Bis zum 40. Blatte begleiteten
die Verleger die Ansichten mit Textblättern, die
eine Erläuterung der Bilder in deutscher und
französischer Sprache geben. Diese Textblätter sind
bei dem hier beschriebenen Exemplar gleichfalls
erhalten.
Ich beginne jetzt das Verzeichnis der Blätter:
(Titel:) SAMMLUNG VON 87 AUSSICHTEN
der Residenzstadt Wien von ihren Vorstädten und
einigen umliegenden Oertern // gezeichnet und ge-
stochen von Karl Schütz Mitglied derK. K. Academie
der bildenden Künsten, // und von Johann Ziegler.
II COLLECTION DE 87 VUES de la Ville de
Vienne, de ses Fauxbourgs, et quelques Environs.
// Dessinees, et gravees par Charles Schütz Membre
de 1’Academie Imp. Roy. de beaux Arts // et par
Jean Ziegler. // A Vienne chez Artaria et Comp.
1] Die Residenzstadt Wien von der Josephstadt
anzusehen. Nach der Natur gezeichnet und
gestochen von C. Schütz in Wienn 1785.
Links sieht man einen Teil der Brigittenau
und des Augartens, zur Rechten die Vorstädte
und die Gebirge, die die Stadt gegen Südost
umgrenzen. Innerhalb der Stadtmauern ragt,
gleichsam im Mittelpunkte und als Wahrzeichen
der Stadt, der Turm der St. Stephanskirche
majestätisch hervor. Neben ihm die Türme
der anderen Kirchen. Auf der Esplanade sieht
man äusser den Alleen auch die Chaussee,
die rund um die Stadt führt, und endlich zur
Linken den Platz, wo die junge Mannschaft in
Waffen geübt wird. Im Vordergründe interessante
Costümgruppen.
2] Innere Ansicht der k. k. Hofburg (Schütz).
Mit einem feierlichen Zug des Hofes nach der
 
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