Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 2.1889

DOI Artikel:
Schnütgen, Alexander: Kölnisches Glasgemälde des XIV. Jahrhunderts
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3570#0014

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1880.

ZETTSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 1.

vorzüglich abhebt, setzt sich hier aus weifslieh-
grünlichen, etwas gedämpften Glasstücken zu-
sammen, die durch Nothbleie verbunden sind.
Ringsumher läuft ein schwärzlicher, zugleich
die Figur einrahmender Rankenzug, von dem
als Belebung und Verzierung des Hintergrundes
die einzelnen Eichenzweige ausgehen. Die daran
befindlichen, nur in ihren Umrissen gezeichneten
naturalistisch behandelten, weil der heimischen
Fauna entnommenen Blätter füllen in reicher
Mannigfaltigkeit und Abwechselung den Hinter-
grund sehr geschickt aus. Diesen, noch mehr
aber die runde Scheibe mit dem Lamm Gottes,
welche der Vorläufer des Herrn in der Hand
hält, kann man als Grifaille-Malerei be-
zeichnen, weifsliches Bildwerk auf grauem Grund,
wie es namentlich im XIV. und XV. Jahrhundert
zur Erreichung hellerer Lichtwirkung sehr be-
liebt war. Die Kreuzschraffirung des Grundes
(wie sie sich hier aufsergewöhnlicher Weise in
schräger Strichlage findet), gilt bei dieser Tech-
nik als besonders charakteristisch.

Die architektonische Umgebung,
welche die Glasmaler fast nur bei Standfiguren
zu deren Einfassung resp. Bekrönung zur An-
wendung brachten und stets im Stile ihrer Zeit
behandelten, besteht hier in zwei Säulchen, die
den nasenbesetzten Bogen tragen, und in zwei
diese flankirenden Strebepfeilern, die in Fialen
auslaufen und den Wimperg einschliefsen. Diese
ganze Architektur, die nicht nach konstruktiven
Rücksichten, sondern rein dekorativ behandelt
ist, ist nur aus gelben durch Kreuzschraffuren
gegliederten Glasstücken zusammengesetzt, mit
Ausnahme der blauen durch weifsliche Rosetten
gemilderten und belebten Hohlkehle. Diese
ganze Anordnung ist so schlicht wie möglich
und doch sehr wirkungsvoll.

Der Rand, der sich unmittelbar an diese
Architektur anschliefst, setzt sich aus einem
schmalen aber kräftig wirkenden Rautenfries
(resp. Edelsteinkette) zusammen und aus einem
weifslichen Streifen, der von der dunklen Stein-
kante die leuchtende Fensterfläche möglichst
scharf abheben soll. — Die beiden Eisenstangen,
welche sie quer durchschneiden, die sogen.
Windeisen, die an einigen Stellen mit den
Bleiruthen verbunden, mit ihren Endpunkten in
die Steinfalz einzulassen sind, haben den Zweck,
dem Fenster stärkeren Halt und gröfsere Wider-
standsfähigkeit zu geben.

Fassen wir die charakteristischen Eigen-
schaften dieses Fensters, welche zugleich als
ebenso viele Vorzüge der mittelalterlichen Glas-
malerei erscheinen, in wenigen vor Allem ihre
praktische Vorbildlichkeit betonenden Worten
zusammen, so müssen wir die einfache, klare An-
ordnung, die strenge, bestimmteUmrifszeichnung,
die Beschränkung in Bezug auf die Zahl der
Farben und die harmonische Vertheilung der-
selben besonders betonen. Gerade diese vier
Eigenschaften sind es, welche diesem Fenster,
wie jedem guten Glasgemälde, seine milde har-
monische Wirkung sichern, welches das Auge
nicht blenden und verwirren, sondern beruhigen
und fesseln soll. Zu dieser gehört freilich
aufser der richtigen monumentalen Zeichnung
und der gleichmäfsigen Farbenvertheilung das
entsprechende mit der hinreichenden Leucht-
kraft ' versehene Glasmaterial, als welches we-
nigstens für die figürlichen Parthieen das so-
genannte Antik-Glas entschieden den Vorzug
verdient, welches dem mittelalterlichen Glase
aufs Sorgfältigste nachgebildet ist und zuerst
in England wieder eingeführt wurde, seit einer
Reihe von Jahren aber auch in Deutschland
(Schliersee und Zwiesel) in vorzüglicher Qua-
lität geblasen wird. Vor dem gegossenen
Kathedral-Glase, welches für Teppichmuster
und ungemalte Bleifenster durchaus geeignet
ist, hat es namentlich die herrliche oscillirende
Wirkung voraus, die zumal den figürlichen
Darstellungen ihren besonderen Reiz gibt. Ihn
vermag aber auch nur der Glasmaler, nicht
der wenn auch sonst noch so gewandte Zeich-
ner, durch die richtige Auswahl und geschickte
Zusammenstellung der Töne herbeizuführen, von
denen die Wirkung so wesentlich abhängt. Wo
von einer Farbe zu grofse Stücke verwendet,
oder die einzelnen Farben nicht in der rich-
tigen, ihrer Strahlkraft entsprechenden Weise
vertheilt sind, wo Ornament und Figuren
sich nicht die Waage halten und wie in der
Flächen- so in der Linien-Behandlung mit-
einander wetteifern, da mögen die Entwürfe
noch so sorgfältig, schön und geistreich sein,
aus ihnen werden niemals Glasgemälde hervor-
gehen, die einen monumentalen Charakter haben
und das Innere der Denkmäler mit jenem war-
men Lichte zu durchfluthen vermögen, welches
ihnen einen so eigenthümlichen, geheimnifs-
vollen Zauber verleiht. Schnütgen.
 
Annotationen