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Zeitschrift für christliche Kunst — 2.1889

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397

■188'J.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12.

398

Bücherschau.

Tos.Wilpert „Prinzipienfragen der christlichen
Archäologie" mit besonderer Berücksichtigung
der »Forschungen« von Schultze, Hasenclever und
Achelis. Mit zwei Tafeln in Lichtdruck. VIII und
104 S. Freiburg 1889, Herder.
Der Verfasser dieser Schrift, ein begabter Schüler
Rossi's, genauer Kenner der Katakomben und tüchtig
geschulter Archäologe, behandelt in dem ersten Theil,
besonders gegenüber der Behauptung Hasenclever's,
als sei die altchristliche Epigraphik nur eine gedanken-
lose Nachbildung der altheidnischen und als seien die
altchristlichen Symbole und Bilder fast nur Ornamente
und aus heidnischen Mustern entlehnt, deren christ-
' licher Charakter, in dem zweiten Theile gegenüber der
Schrift von Achelis „Das Symbol des Fisches" dieses
tief bedeutsame christliche Symbol. Die Abwehr ist
scharf, jedoch gegenüber der üeberhebungen und der
Unwissenschaftlichkeit der genannten Gegner begründet.
Aber die Schrift beschränkt sich nicht auf die Wider-
legung, sondern gibt auch über die genannten Funkle
reiche positive Belehrung, gestützt auf genaue wissen-
schaftliche Kennlnifs des gegenwärtigen Standpunktes
der christlichen Archäologie. Die Ausstattung- der
Schrift ist sehr schön, die beigefügten Lichtdrucke
geben u. A. das Originalfragment der berühmten In-
schrift des Abercius. Heuser.

La vie et l'oeuvre de Jean Bellegambe, le
maistre des couleurs, par Mgr. C. Dehaisnes.
Lille 1890, L. Quarre, libraire-cditeur. gr. 8«. IV
und '243 Seiten. Mit sieben Heliogravüren und einer
Uebersichtstafel.
Vor wenigen Jahren hat der Verfasser, welcher in
dem kirchlichen Leben wie in der Wissenschaft eine
hervorragende Stellung einnimmt, sein umfassendes,
auf breiterer Grundlage aufgebautes Werk über die
Kunst in Flandern, dem Artois und Hennegau ver-
öffentlicht, und bereits liegt wieder eine auf gründ-
licher Quellenforschung beruhende Monographie vor,
welche einen der bedeutendsten Künstler Flandern's
aus der Periode des Uebergangs vom Mittelalter zur
Neuzeit behandelt.

Jean Bellegambe wurde zwar bereits 18G2 durch
eine kleine Arbeit (22 Oktav-Seiten) von dem Brüs-
seler Archivar Alph. Waulers in die Kunstgeschichte
mit dem Nachweis eingeführt, dafs er der Schöpfer
jenes grofsartigen Altarwerks aus der Abtei Anchin
sei, welches seit 1857 durch Vennächlnifs auf die Lieb-
frauenkirche zu Douai überging. Durch L. Scheibler
wurde dann (Beschreibendes Verzeichnifs der Gemälde,
1883, S. 33) der seither dem Lancelot Blondeel zuge-
schriebene Flügelaltar Nr. Uli des König]. Museums zu
Berlin den beglaubigten Werken des Bellegambe, »der I
erst neuerdings in seiner künstlerischen Thätigkeit näher j
bekannt geworden«, zugewiesen. Allein im Ganzen |
blieb Leben und Wirken des Meisters so wenig bekannt,
dafs noch bei Woltmann-Wörmano (Geschichte !
der Malerei, 1879 bis 1888) selbst sein Name fehlt.
Mgr. Dehaisnes hatte sich bereits im Jahre 18'10
mit dem Flügelaltar aus Anchin beschäftigt und ver-
folgte, nach der Entdeckung von Wauters, durch mehr

als 25 Jahre in seinen archivalischen Arbeiten die
Spuren des Meisters. Diese rastlosen Bemühungen
waren in vieler Beziehung von Erfolg gekrönt. In
der umfangreichen Arbeit, welche in vornehmer Aus-
stattung nunmehr vollendet ist, erblicken wir den
Meister in seinen Familien-Beziehungen wie in seiner
künstlerischen Thätigkeil. Zwar ist es nicht gelungen,
über das Jahr 1501 zurück sein Leben zu verfolgen:
hier erscheint er bereits verheirathet und in wohlhaben-
den Verhältnissen. Ebensowenig ist die Zeit seines
Todes sicher zu erweisen; indes dürfte er 1533, viel-
leicht gar 1534, noch thätig gewesen sein. Welche
Lehrer er gehabt, und welche Einflüsse auf seine Aus-
bildung eingewirkt haben, bleibt unaufgehellt. Seine
Vaterstadt Douai halte eine Malergilde, und zahlreiche
Künstler und Kunsthandwerker waren daselbst thätig.
Der Reichthum der Stadt und ein der Kunst zuge-
wandter Sinn förderte eine Menge bedeutender Kunst-
schöpfungen; vorab auf kirchlichem Gebiet. Bellegambe
mag seine Lehre in der Vaterstadt bestanden haben.
Ein längerer Aufenthalt in auswärtigen Kreisen flämischer
Künstler ergab sich aus den darüber angestellten Nach-
forschungen nun zwar für die jungen Jahre Bellegambe's
nicht, und in der ganzen Zeit von 1504 bis 1584 ver-
legte er ebensowenig, wie aus archivalischen Nach-
weisen erhellt, seinen Aufenthalt aus seiner Vaterstadt
Douai. Er kann darum für die Richtung seiner engeren
Heimath recht eigentlich als Typus aufgefafst werden,
er insofern die flämische Kunstweise mit einer sehr
bezeichnenden französischen Beeinflussung vertritt, die
wohl zunächst an Arniens sich anlehnt, aber sicher auf
französische Grundströmungen zurückgeht. Letztere be-
kunden sich in eingehender Kennlnifs des menschlichen
Körpers. Mit augenscheinlicher Vorliebe gefällt sich
der Meister denn auch in der Darstellung des Nackten,
wobei er zwar von Befangenheit nicht frei, doch aber
von gröfserem Schönheitsgefühl geleitet ist, als die
eigentlich flämischen Meister seiner Zeit. Was ihm den
Beinamen „Maiitre des couleurs" bereits in alter Zeit
eingetragen hat, ist nicht recht einleuchtend. Die von
Guicciardini und danach von Vasari belobte Behandlung
des Landschaftlichen und phantastischer Beigaben unter-
scheidet ihn kaum wesentlich von seinen Zeitgenossen,
ist aber in seinen Werken wohl begründet. Dehnt er
doch die landschaftlichen Hintergründe in ungemessene
Ferne aus und belebt sie mit einem ameisenartigen
Gewimmel mikroskopischer Gestalten, wie er anderseits
alle erdenkbaren Teufeleien zu tollem Spuke vereinigt.

Im übrigen verknüpft sich, wie bei den meisten
seiner Zunftgenossen, die Uebung des Handwerklichen
mit der Kunst: Bellegambe vergoldet die Knäufe und
Windfahnen der Sladtthürme von Douai, malt Wappen
und heraldische Zier an den Thoren, „fafst" Archi-
tektur und Bildwerke in Farben, entwirft Vorlagen
für Stickereien kirchlicher Gewänder. Wir treffen ihn
auch über mühseligen Händeln bei einem Altarwerk,
dessen Herstellung u. a. über sieben Jahre sich hin-
zieht und schliefslich wegen Reifsens der Holztafel
beanstandet wird.

Nach den Forschungen von Dehaisnes dürfen nun-
mehr eine ganze Reihe von Altarwerken auf Belle-
 
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