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Zeitschrift für christliche Kunst — 2.1889

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Steche, R.: Ueber die Porta Ezechielis als Typus
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https://doi.org/10.11588/diglit.3570#0198

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1889.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. II.

342

Ueber die Porta Ezcchielis

Mit Abbildung.

als

Typus.

as Cisterzienser-Jungfrauen - Kloster
Marienstern bei Kamenz i. S., ge-
gründet 1248, besitzt zwei werth-
volle Kelche, von welchen der eine,
ein Speisekelch vom Anfange des XIII. Jahrh.,
im Jahre 1875 gelegentlich der zu Dresden ab-
gehaltenen Ausstellung alter kunstgewerblicher
Arbeiten zum ersten Male in die Oeffentlich-
keit trat und die geringe Anzahl derartiger in
Deutschland erhaltener bekannter Werke um
ein Exemplar vermehrte (vgl. Otte, Handbuch
5. Aufl. I. Bd. S. 218 u. 219). Im Jahre 188G sah
ich in demselben Kloster einen zweiten Kelch aus
vergoldetem Silber.wel-
chen photographiren u.
abformen zu lassen mir
gleichfalls gestattet wur-
de. Der Kelch, 15 cm
hoch und breit, gehört
in seinen Theilen ver-
schiedenen Zeiten an.
Der Knauf, durch sechs
gleiche geprägte Köpf-
chen mit griechischer
Haube und durch Blatt-
werk geziert, wie die
Friese unter u. über dem-
selben, gehören ebenso
wie die Cuppa der Früh-
gothik an, während der
Schmuck des hier ab-
gebildeten Fufses augenscheinlich innerhalb ro-
manischer Bildung liegt. Derselbe trägt folgende
getriebene Darstellungen:

1. Der Herr erscheint im brennenden Busche
Moses, der seine Schuhe neben sich hat. Auf
dem Spruchband zwischen beiden Figuren steht:
SO EYE CAL ceamentum tuum de pedibus Ulis
etc. Um das Bild RUPUS DEUS MOVSES.
— Das Bild ist zweifellos als Typus der con-
ceptio aufzufassen, nicht allgemeiner als Typus
der Jungfrauen-Geburt.

2. Ein gekrönter Mann schreitet aus einer
Pforte mit der Unterschrift: PORTA l'./.K-
CHIELIS. — Das Bild ist zweifellos als Typus
der wunderbaren Geburt des Herrn gebraucht,
welche die katholische Kirchenlehre ja nicht
nur insofern als wunderbar ansieht, als ihr eine
conceptio [activa] inviolaia voraufging, sondern

auch sofern sie utero clauso so erfolgte, dafs die
virginilas der semper virgo wie ante partum
auch in partu unverletzt blieb. Als Erläuterung
dient Ezechiel Kap. 44: „Und der Herr sprach
zu mir: Dies Thor soll zugeschlossen sein und
es soll Niemand dadurch gehen ohne allein
der Herr, der Gott Israels soll dadurch gehen."
Von grofser Wichtigkeit ist die durch die
Umschrift sichere Dokumentirung der seltenen
Porta Ezechielis um so mehr, als das Vor-
kommen dieser Darstellung auf einem Hildes-
heimer Kelche bestritten worden ist. (Vergl.
Meurer im „Christi. Kunstblatt" 1875 S. 55.)
Der noch vorhandene
Bernhardskelch in St.
Godehardi zu Hildes-
heini, welchen Meurer
verloren wähnt, zeigt
als Typen aufser Aaron
mit Ruthe und Kanne,
Melchisedek mit Brod
und Kelch, der Er-
höhung der Schlange,
zwischen den beiden
erstgenannten Bildern
die gleiche Darstellung
wie der Mariensterner
Kelch, auch in gleicher
trachtlicher Behand-
lung, doch mit dem
Unterschiede, dafs die
Figur sogar mit Scepter gebildet ist. Das Bild trägt
die Unterschrift: Porta negans aditum gremium
notal immaculatum. Dem Bilde entspricht an der
Cuppa das neutestamentliche der Verkündigung.
Meurer deutet das Hildesheimer Bild, weil ihm
ein marianischer Typus zu früh erscheint und ihm
kein Gegenstück bekannt, als Samson das Thor
von Gaza öffnend. Dieser Deutung steht aber auch
ferner entgegen, dafs die Figur aus der Pforte tritt.
Durch den Mariensterner Kelch fallen alle Zweifel
über die Bedeutung des Hildesheimer Bildes.

:!. Die Erhöhung der Schlange, mit der Um-
schrift: SERPENS EXALTAT (ur).

4. Jonas aus dem Fische steigend, mit der
Umschrift: JONAS EG REDITUR NINIVEH.
Zusammen also die Typen für Verkündigung,
Geburt, Tod und Auferstehung des Herrn.

Dresden. R. Steche.
 
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