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Zeitschrift für christliche Kunst — 2.1889

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Steinbrecht, Conrad: Die mittelalterlichen Wandgemälde der Schloßkirche zu Marienburg
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Münzenberger, Ernst F. A.: Die mittelalterlichen Altäre in der Mark Brandenburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.3570#0020

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1889. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 1.

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Kenntnifs der Anschauungen, der Trachten so-
wie der Malkunst des Mittelalters erschliefst,
sobald man an die Betrachtung des Einzelnen
geht; — zugleich aber wird dem Fachmann
einleuchtend sein, dafs eine Menge von Fragen
dabei auftauchen, die noch der Aufklärung und
Lösung warten. — So sei denn zum Schlufs
dem Wunsche Ausdruck gegeben, der dieser
Mittheilung den Anlafs gab, dafs die Freunde

der Sache diesem zweifellos zu den bedeu-
tendsten mittelalterlichen Malvverken unseres
Vaterlandes rechnenden Wandschmuck der Ma-
rienburger Schlofskirche eine nähere Aufmerk-
samkeit und Theilnahme zuwenden möchten:
die Auslegung sichern, die Herkunft und den
Zusammenhang mit andern Schulrichtungen auf-
klären helfen.

.Marienburg i. Westpr. C. Steinbrecht.

Die mittelalterlichen Altäre in der Mark Brandenburg.

Mit Lichtdruck (Tafel III).

e mehr in neuester Zeit die kunst-
geschichtliche Forschung die Denk-
mäler unserer mittelalterlichen Kunst
mit unermüdlicher Emsigkeit im Ein-
zelnen aufsucht, mit desto gröfserer Verwun-
derung erkennt man, wie reich an alten Kunst-
schätzen wir gerade in Deutschland noch immer
sind. Dies hat sich ganz besonders auch be-
züglich der mittelalterlichen, vielfach so ' sehr
in ihrem künstlerischen Werthe verkannt oder
doch unbeachtet gebliebenen Altäre gezeigt. Die
kleine Zahl derjenigen, die vor etwa 20 Jahren
in der Kunstgeschichte genannt wurden, ist
von Jahr zu Jahr gewaltig gestiegen, und heute
schon kann man mit gröfster Gewifsheit be-
haupten, dafs in den deutschen Landen noch
mindestens 2000 alte Altäre sich aus dem ver-
heerenden Strome der letzten Jahrhunderte ge-
rettet haben. Die Forschung ist aber auch in
dieser Beziehung noch lange nicht abgeschlossen,
sondern wird mit ihren in unserer Zeit so
erfreulich erstarkten Bemühungen jene Zahl
zweifelsohne von Jahr zu Jahr steigern.

In Nachfolgendem möchten wir nun einen
Beitrag zur Kenntnifs der alten Altäre aus einer
Provinz liefern, die zwar die Hauptstadt des
ganzen Vaterlandes einschliefst, die aber dennoch
gerade in künstlerischer Beziehung bisher viel
zu wenig Beachtung gefunden hat. Wohl hat
sie keine grofsen Maler- und Bildschnitzer-
Schulen aufzuweisen, aber dennoch hat in ihr
wie im ganzen übrigen Deutschland im Mittel-
alter ein überaus reges Kunstleben geblüht, das
um so mehr unsere Aufmerksamkeit verdient,
je eigenartiger und selbständiger es sich, wie
namentlich in der Architektur, so auch in der
Malerei und der Skulptur entwickelte.

Gleich den benachbarten Landschaften Sachsen,
Pommern und Preufsen, ist auch Brandenburg
verhältnifsmäfsig noch reich an mittelalterlichen
Altären zu nennen. Trotz mancher Stürme,
die auch über dieses Land verheerend ergangen
sind, namentlich durch die Barbarei der Hus-
siten, durch die vielen Fehden des XV. und
XVI. Jahrhunderts, bei weitem am meisten aber
durch die Kunstrichtung der Neuzeit, die mit
Geringschätzung auf alles Alte herabsah und es
eifrigst aus den Augen zu schaffen bemüht
war, gibt es doch noch gegenwärtig unseres
Wissens 74 mittelalterliche Altäre in Branden-
burg, wobei wir die 10 gemalten Flügelaltäre
der National-Gallerie zu Berlin nicht mitrechnen.
Dazu kommt noch, dafs an 39 weitem Orten
sich mehr oder weniger bedeutende Reste von
mittelalterlichen Altären befinden. Für Branden-
burg läfst sich glücklicher Weise jetzt eine der
Hauptsache nach wohl abschliefsende Zahl auf-
stellen, nachdem die ausführliche Monumental-
Statistik dieser Provinz von Bergaul) das reichste
Material dazu beigebracht hat.

Was in der Zeit der gothischen Kunst für
ganz Deutschland fast als Regel zu betrachten
ist, dafs nämlich als Material der Altaraufbauten
nicht Stein, sondern Holz verwendet wurde,
das ist auch in Brandenburg der Fall. Kein
einziger jener 74 mittelalterlichen Altäre ist
von Stein. Nur einen Rest eines dortigen alten
Steinaltars haben wir zu verzeichnen, die Pre-
della des nun verschwundenen Hochaltars in
der sehr bemerkenswerthen Oberkirche zu
Kottbus. Sie enthält in Relief die Darstellung

]) „Inventar der Bau- und Kunsldenkmäler der
Provinz Brandenburg", bearbeitet von R. Bergau.
Berlin 1885, Vossische Buchhandlung.
 
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