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Zeitschrift für christliche Kunst — 2.1889

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Schnütgen, Alexander: Ein niederländisches Flügelbild aus dem Ende des XV. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.3570#0040

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49

1889. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 2.

50

Ein niederländisches Flügelbild aus

Mit Lichtdruck

ie beigegebene Lichtdruck-Klapptafel,
die aus der Kunstanstalt von Kühlen
in M.-Gladbach hervorgegangen ist,
gibt ein Flügelbild, welches gegen
Schlufs dieses Monates (Mai) in Köln durch
die Firma J. M. Heberle (H. Lempertz Söhne)
zur Versteigerung gelangen wird, in vorzüg-
licher für den Auktions-Katalog angefertigter
Reproduktion wieder. Bei der Bedeutung des-
selben und bei der Ungewifsheit, ob es einer
öffentlichen Sammlung einverleibt werden, also
zugänglich bleiben wird, dürfte seine Veröffent-
lichung an dieser Stelle um so freundlicher
entgegengenommen werden. Sie wird sich auf
eine knappe Beschreibung und auf eine kurze
Untersuchung nach der Heimath und Ursprungs-
zeit, bezw. nach der Schule, aus der es stammt,
beschränken dürfen, da der klare Lichtdruck
vieler erklärender Worte nicht bedarf.

Dieser Klappaltar, den der jetzige Besitzer
vor vier Jahren in Florenz erworben hat, besteht
aus vier Tafeln von Eichenholz, je 120 cm
hoch und 90 cm breit, die eine neue Umrah-
mung erhalten haben. Zwei derselben, welche
sich zu dem Mittelbilde vereinigen, sind von
einer Seite, die beiden anderen, welche die
Flügel bilden, von beiden Seiten bemalt. Diese
eigenthümliche Zusammensetzung des Mittel-
bildes, welches sonst in einem einzigen Gemälde
zu bestehen pflegt, ist eine sehr selten vorkom-
mende, aber doch nicht beispiellose Einrich-
tung. Dafs sie auch an dem Altar von Petrus
Christus in Madrid, sowie an Klappbildern von
Bernhard van Orley in Wien und Brüssel sich
findet, besagt eine von Herrn Dr. I,. Scheib-
'er mir gütigst zur .Verfügung gestellte Mit-
theilung. Im vorliegenden Falle beweisen auch
die auf den beiden Mittelbildern angebrachten
knieenden Donatorenfiguren mit ihren Wappen,
dafs jene auf ursprünglicher Anordnung beruhen.
Zweifel an der Zusammengehörigkeit resp. Ein-
heitlichkeit des Ganzen konnten auch angeregt
werden durch die eigenthümlichen Darstellun-
£en, deren innerer Zusammenhang nicht recht
eisichtlich ist. Derselbe würde sich aber wohl
mit Sicherheit ergeben, wenn die Stifter, ihre
ornamen, Lebensschicksale u. s. w. bekannt
wären. Dafs den Donator seine Wappen als

dem Ende des XV. Jahrhunderts.

(Tafel IV).

Tilmann von Beringen erkennen lasse, besagt
eine Notiz, für die ich vergebens Bestätigung
gesucht habe; über seine Heimath und Lebens-
verhältnisse, wie über den Namen seines Weibes
wurde nichts gemeldet. Die Aufsenseiten der
Flügel mit den vier grau in grau gemalten Stand-
figuren legen vielmehr die Vermuthung nahe, dafs
der hl. Petrus der Namenspatron des Stifters,
die hl. Magdalena die Patronin der Stifterin
gewesen sei. — Die Hauptbegebenheiten aus
dem Leben des hl. Petrus behandelt der linke
Flügel, die wichtigste der Schlüsselübertragung
in grofser Darstellung, die Befreiung aus dem
Gefängnisse, die auch im Vordergrunde spielt,
in nur wenig kleineren Dimensionen, während die
übrigen (die von Christus geheilte und sofort
ihn bedienende Schwiegermutter Petri (Math.
VIII, 11, 15), sein Aussteigen auf dem Meere,
seine Begegnung mit dem kreuztragenden Hei-
lande) in ganz kleinen Abmessungen den Hinter-
grund beleben bis hinauf zu seiner ganz minutiös
behandelten Kreuzigung. — Die anstofsende
Tafel stellt als Hauptbild die Heimsuchung
vor und die auch hier zahlreichen Miniatur-
bildchen, die theils architektonisch gefafst, theils
in die freie Landschaft gestellt im Hintergründe
sich gruppiren, erzählen die Begebenheit, welche
dem Feste Maria Schneefeier (5. August;
zu Grunde liegt; denn das fromme kinderlose
Ehepaar, dem die Gottesmutter mit ihrem gött-
lichen Kinde auf dem Arme erscheint (oben
rechts), stellt den um die Mitte des IV. Jahr-
hunderts lebenden reich begüterten Patrizier
Johannes mit seiner Frau vor. Diesem, wie
dem gleichzeitigen Papste Liberius (oben links)
wurde durch ein Traumgesicht bedeutet, dafs
sie auf einem der sieben Hügel Roms an der
Stelle, die sie folgenden Morgens mit Schnee
bedeckt finden würden, eine Kirche zu Ehren
der Mutter Gottes erbauen sollten. Der in Folge
dessen vom Papst Liberius (dem (oben) das
Ehepaar seinen Plan mittheilt, der (weiter rechts)
mit Gefolge zum Esquilinischen Hügel reitet
und (darüber) den. Plan zur Kirche absteckt)
feierlich eingeweihte Tempel, der hier noch als
im Bau begriffen erscheint, ist die heute (nach
mancherlei L;mbauten) noch bestehende „grüfscre
Marienkirche" (Maria Maggiore) und mit ihr feiert
 
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