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Zeitschrift für christliche Kunst — 2.1889

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Münzenberger, Ernst F. A.: Der neue Hochaltar in der Minoritenkirche zu Köln
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Atz, Karl: Beobachtungen über kirchliche Wandmalerei aus alter und neuer Zeit in und außerhalb Tirol
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https://doi.org/10.11588/diglit.3570#0112

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181

1889. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 6.

182

Als Künstler mufs Borgentrik Ruf besessen
haben, da er sonst gewifs nicht für die Anfer-
tigung eines Altars im weit entfernten Hemmerde
in Anspruch genommen worden wäre. In einem
interessanten Artikel der „Braunschweigischen
Nachrichten" vom Jahre 1875, Nr. 288—290,
denen wir unsere Notizen entnommen haben,
wird auch sehr wahrscheinlich gemacht, dafs
zwei Utrechter Kleriker, die im Jahre 1472 nach
Braunschweig reisten und mit Borgentrik und
seinem Nachbar, dem Seidensticker Albert Re-
kever zusammen genannt werden, dorthin ge-
kommen seien, um bei Borgentrik Schnitzwerke
und Tafelbilder und bei Rekever Paramente
zu bestellen oder in Empfang zu nehmen.

Schliefslich sei noch der Wunsch ausge-
sprochen, dafs die dem Alfelder Altare noch
fehlenden Theile, das zweite Flügelpaar und
die Predella, in stilgerechter Weise bald be-

schafft werden mögen, damit so das schöne
Werk wieder in seinem ganzen alten Reichthum
dastehe. Nach dem Vorbilde einer Reihe Braun-
schweigischer und Hannoverscher Altäre wird
es sich wohl am meisten empfehlen, wie dies
auch durch die Flügelbilder des Altars von
Hemmerde nahe gelegt wird, für (die Aufsen-
seiten des ersten und) die Innenseiten des
zweiten Flügelpaares Szenen aus der Leidens-
geschichte des Herrn oder aber aus der Hei-
ligenlegende zu wählen, während die Aufsen-
seiten des zweiten Flügelpaares mit 6 grofsen
Heiligerigestalten zu schmücken sein würden.
Für die Predella wird die Form derjenigen
des Altars im Museum zu Braunschweig mafs-
gebend sein müssen.3) Münzenberger.

8) [zumal mit ihr die Anbringung eines Tabernakels
und Expositoriums wohl vereinbar.] D. H.

Beobachtungen über kirchliche Wandmalerei aus alter und neuer Zeit

in und aufserhalb Tirol.

an kann mit Recht behaupten, dafs
man in jedem Jahre wie an den
Dom- und Stiftskirchen so auch bis
zu den einfachsten Friedhofskirchlein
Und Kapellen herab neue Spuren von einstiger
Bemalung derlnnen- und selbst der Aufsenwände
entdeckt. Dieses Verlangen nach dekorativem
Schmucke der Wandflächen eines Kirchengebäu-
des ist auch bis heute im Volke noch nicht
erstorben. Allerdings ist es ausgeartet und dem
modernen Weisquast gegenüber zu den niedrigsten
Nothbehelfen gedrängt worden. Oder warum
behängen die Bauersleute noch jetzt so gerne
die glatten eintönigen und kalten Wandflächen
der Kirchen wie ihrer Wohnungen mit irgend
einem Bilde oder Tafelgemälde, ja mit vielen bild-
hchen Darstellungen? Deren Zahl scheint ihnen
nie grofs genug zu sein. Es ist dies wohl der
'etzte Nachklang des Bedürfnisses nach Belebung
der Wände, welche einstens so häufig durch irgend
einen bemalten Schmuck ausgezeichnet waren.
Diese niedrigen Begriffe über monumentalen
Wändeschmuck sollen aber durch den neuen Auf-
schwung der schönen Künste veredelt werden,
^o manches des Lobenswerthen ist hierin bereits
geschehen. Man hat in den letzten Jahren die
^''treulichsten Versuche gemacht, aber es bleibt
"n Allgemeinen noch viel zu wünschen übrig.

Die in der Baukunst anzuwendende Malerei
soll ja vor allem derart sein, dafs sie sich den
Linien und Formen des Baues unterordnet. Sie
rühmt sich aber nicht selten, wenn sie demselben
wenig oder gar keine Rechnung trägt und sich
unabhängig über die Wandflächen und Gewölbe
und selbst über Pfeiler und Profile ausbreitet.

In ersterem Falle trägt sie zur Verschönerung
eines Baues sehr viel bei, in letzterem beein-
trächtigt sie fast immer den Gesammteindruck.
Diesen verkehrten Weg hat die Malerei bekannt-
lich erst in neuerer Zeit eingeschlagen, der Bau-
kunst sehr viel geschadet und für sich nichts ge-
wonnen, sondern nur den eigenen Verfall herbei-
geführt. Von dem Tage an, wo das Gemälde als
vom Bau isolirte Malerei fast ganz unbekümmert
um diesen in der Wohnung des Künstlers ange-
legt wurde, war es um die erhabene, monu-
mentale Seite dieses Kunstzweiges geschehen.
Dies verdrofs auch den Baumeister und es kam
so weit, dafs auch dieser endlich, wie der Maler,
für sich arbeitete, wodurch der Abgrund, der sie
beide bereits trennte, nur noch klaffender wurde.

Diese verderbnifsvolle Trennung der Malerei
und Baukunst, welche ehemals innig sich liebende
Schwestern waren, fühlt man bei genauerer Unter-
suchung der meisten bemalten neueren und der
restaurirten älteren Kirchengebäude.
 
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