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Zeitschrift für christliche Kunst — 2.1889

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Dolberg, Ludwig: Sechs Bildtafeln im ehemaligen St. Claren-Kloster zu Ribnitz
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Loersch, Hugo: Hans Memling's Heimath und Todestag
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https://doi.org/10.11588/diglit.3570#0174

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299

1889.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

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schaffen konnte, wissen sie doch den Fleisch-
geborenen als das ewige Licht zu kennzeichnen.
Eine Glorie rother Flämmchen auf Goldgrund
umgibt in Mandelform das Kindlein, welches
auf einem weit vorgestreckten Zipfel des Ge-
wandes seiner Mutter ruht. Der Glanz, den es
ausstrahlt, ist glücklich angedeutet, indem der
hl. Joseph die Augen mit der Rechten be-
schattet. Das Licht in seiner Linken weist auf
die nächtliche Zeit, nicht minder die Eule auf
dem Dache; die Lücken in diesem auf die
Aermlichkeit des Raumes.

Die Krönung der Jungfrau geschieht durch
Gott Vater und Sohn, indem dieser mit beiden
Händen, jener nur mit der Linken — die Rechte
fafst den Reichsapfel —■ den Reif über der zwi-
schen ihnen auf dem Throne Sitzenden hält. Die
hl. Dreieinigkeit ist ganz ähnlich wie auf einer
sog. Hochzeitsschüssel im Schweriner Museum
gebildet. Der thronende Vater stützt mit beiden
Händen die Balken des Kreuzes, woran der
blutbespritzte Heiland, vor sich; auf dem rechten
sitzt des hl. Geistes Taube mit Menschenantlitz.
Die liebliche hl. Familie zeigt Maria auf einem
Polsterbette in einem Buche lesend. Im Grunde
sitzt der hl. Joseph, lauschend auf einen Stock
gestützt; neben ihm ein Krug, vor ihm ein
Kessel über einem lohenden Feuer; weiter
zurück in einer Lücke des Flechtwerkes, über
dem die Köpfe von Ochs und Esel hervor-
ragen, das Christkind in Windeln auf grünem
Heugrunde. Die Allgegenwart des Herrn in
der hl. Eucharistie versinnbildlicht ein fleischiges
Kind auf einem Kissen in blumiger Aue. Der
Nimbus zeigt, dafs es der Herr ist. Segnend hält
es die Hände über dem goldenen Kelche, von
der Hostie überragt. Hinter Jesus ein laute-
schlagender Engel. Oben Gott Vater, von dem
des hl. Geistes Taube auf das hochwürdigste
Sakrament herabschwebt. In der Mitte ein
Spruchband: puer natus est nobis.

Bandrollen bringen, wie hier meistens, das
Verständnifs noch näher. Bisweilen gestalten
sie sich zu einem Gespräch. So bei der Ver-
kündigung und Himmelfahrt, und zumal von
wunderbarer Innigkeit bei der Fürbitte und
Vertretung der Sünder durch die hl. Jungfrau
und den Sohn. Jene, auf ihre etwas entblöfste
Brust weisend, spricht zu diesem: Kynt se an
de brüsten myn ick bydde dy tat nemen synder
vor laren syn. Derselbe, mit Geifsel und Dornen-
krone, den Leib blutbedeckt, antwortet: O moder
sych an de wenden de yck vor de synder draghe
to allen stunden. Zum thronenden Vater bittet er:
Vader lat de wonden myn vor allen armen syndern
en offer syn. Dem wird die Antwort: Sone leue
kynt myn wat du byddest dal schal so syn.

Diese Angaben zeigen, dafs unsere Bildtafeln
keineswegs eigentliche Kunstwerke sind, wohl
aber Arbeiten einfach frommer Zeichner, welche
bei aller Unbehülflichkeit in der Ausführung
doch stets glücklich den richtigen Ausdruck
zu finden wissen. Wenn nicht Bewunderung
erregen, so müssen sie doch jedes empfängliche
Herz tief und innig anmuthen. Besser denn
schriftliche Zeugnisse lassen auch sie, gleich so
manchen Werken mittelalterlicher Kunst uns
einen klaren Einblick in die Sinnes- u. Gemüths-
weise jener Kreise thuii, in denen sie entstanden.
Beredt zeugen sie von der demüthigen Gläubig-
keit und dem frommen Sinne der Schwestern
des St. Claren-Klosters zu Ribnitz im Anfange
des XVI. Jahrh., den Töchtern der edelsten Ge-
schlechter des Landes unter der Leitung einer kräf-
tigen Äbtissin aus dem FiirstenhauseMeklenburgs.

Ribnitz. Ludwig Dolberg.

Anm. Der Photograph Breithaupt zu Ribnitz,
welcher zwei Tafeln mit dem von der Lühe'schen
Wappen auf Wunsch eines Herrn dieser alten Familie
aufgenommen hatte, liefs sich durch mich bewegen,
auch die vier anderen zu vervielfältigen. Die Samm-
lung kostet Mk. 3,50.

Hans Memling's Heimath und Todestag.

wiedergegeben worden ist, auch über den Zu-
sammenhang, in welchem die Notiz überliefert
wird, unrichtige Angaben gemacht sind, so
erscheint es geboten, sie an dieser Stelle m
richtiger Form zu wiederholen, sowie über ih''e

or einiger Zeit haben mehrere poli-
tische Tagesblätter1) eine Aufzeich-
nung mitgetheilt, welche die Heimath
und den Todestag des Malers Hans
Memling in bestimmtester Weise feststellt. Da
die wichtige Nachricht an solchem Orte sicherlich
vielfach übersehen, die Jahreszahl zudem falsch

•) Vgl. z. B. „Mainzer Journal" vom 8. Febr. 1889
und „Köln. Volkszeitung" vom 12. Febr. 1889 II. Bin«.
 
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