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Zeitschrift für christliche Kunst — 2.1889

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Schnütgen, Alexander: Drei mittelalterliche Aquamanilien im Privatbesitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.3570#0126

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Abhandlungen.

Drei mittelalterliche Aquamanilien
im Privatbesitz.

Mit Lichtdruck (Tafel XI).

luf der kunsthistorischen Ausstellung
zu Köln im Jahre 1876 erregten drei
Aquamanilien aus der Samm-
ung Floh in Crefeld wegen ihrer
Eigenart besondere Aufmerksamkeit. Da die-
selben demnächst in Köln durch die Firma
J- M. Heberle (H. Lempertz' Söhne; zur Ver-
steigerung gebracht werden, so mag ihre bild-
liche Vorführung und kurze Beschreibung unter
Benutzung der für den Auktions-Katalog her-
gestellten vortrefflichen Lichtdrucktafel will-
kommen sein.

Unter Aquamanilien versteht man bekanntlich
die im Mittelalter zum Eingleisen des Wassers
m das für den Priester bestimmte (seltener im
häuslichen Gebrauche zu verwendende) Wasch-
becken gebräuchlichen Gefäfse. Sie sind in der
Kegel von Bronze, schon sehr früh in den kirch-
lichen Gebrauch eingeführt und in Flandern
(Dinant) wie in Deutschland in grofser Anzahl
meistens durch Gufs hergestellt worden, vor-
nehmlich im XIL, XIII. und XIV. Jahrh. Der
liturgischen Verwendung, sei es am Altare, sei
es in der Sakristei, schon seit Jahrhunderten
fast ganz entzogen, haben sich in den Kirchen-
schätzen verhältnifsmäfsig wenige Exemplare er-
halten, desto zahlreichere aber in Museen und
Privatsammlungen Unterkunft gefunden, und
schon seit langer Zeit stehen sie bei den vor-
nahmen Sammlern als pikante Dekorations-
objekte in hoher Gunst. Diese hat ihnen vor
«lern die Eigenart und Mannigfaltigkeit der
formen erworben, in denen sie erscheinen, wie
lra'e stilistische Behandlung und originelle Aus-
stattung. Gestalten von Menschen und Thieren,
häufig von Fabelwesen als Centauren, Greifen,
brachen etc. haben in der Regel das Motiv
Segeben, welches, in phantastischer Weise ver-
wendet, die sonderbarsten und bizarrsten Ge-
bilde hervorgebracht hat, bald sehr fein model-
lrte, bald roh behandelte, fast immer aber inter-
ssante Machwerke, die in der Regel auch durch

kleine ornamentale Beigaben ihre Ursprungszeit
wenigstens annähernd bekunden. Das XIII.Jahrh.
dürfte ihre Glanzzeit gewesen sein. Aus diesem
(1252) stammt auch eine bezeichnende Notiz
in dem Schatzverzeichnisse der St. Martinskirche
zu Mainz, in welchem es heifst: Erant urcei
diversarum formarum quos manilia vocant, eo
quod aqua sacerdotum manibus funderetur ex
eis. argenlei, quedam habentes formam leonum
quedam draconum, avium et griphonum vel
aliorum animalium quorumaimque. Die Löwen-
form war die gebräuchlichste; sie begegnet in
den verschiedensten Gröfsen, Stellungen, Aus-
stattungen. In der Regel befindet sich auf
dem Kopfe das mit einem Klappdeckel ver-
sehene Eingiefsloch, im Maul oder auf dem
Bauch die nicht selten mit einem Röhrchen ver-
sehene Ausflufsöffnung. Aehnlich sind die mei-
sten Aquamanilien eingerichtet, die übrigens trotz
einer gewissen allgemeinen Uebereinstimmung
eine so grofse Verschiedenheit und Mannig-
faltigkeit aufweisen, dafs kaum zwei ganz gleiche
Exemplare unter den Hunderten begegnen,
welche (auch von den sehr verbreiteten modernen
Fälschungen abgesehen) vornehmlich in deut-
schen und belgischen Sammlungen sich finden.
Von den drei hier abgebildeten Giefs-
gefäfsen zeichnet das mittlere (Figur 1) sich
aus durch Grofse, Schönheit und Alter. Es
ist ein verhältnifsmäfsig sehr dünner und leichter
Bronzegufs in Form eines Hahnes von 29 cm
Höhe und 24 cm Länge. Derselbe steht aufser
auf den beiden etwas kurzen und schweren
Beinen auf einem nach hinten ausladenden
Untersatze. Aus den beiden Kettengliedern, die
ihn bilden, entwickelt sich ein Doppelband,
welches auf der Brust durch eine Art von
Schnalle sich hindurchziehend, den Rücken in
wirksamer Gliederung umschlingt. Noch viel
dekorativer wirkt der zugleich als Handhabe
dienende in grofsartiger Stilisirung aufstrebende
Schwanz, den ein Spruchband theils durch-
schneidet, theils einfafst. Ihm hält der streng
bahandelte Kopf in effektvoller Silhouette das
Gegengewicht Glasperlen füllten ehedem die
Augenhöhlen; der wie zum Krähen geöffnete
 
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