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Zeitschrift für christliche Kunst — 2.1889

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Schönermark, Gustav: Die mittelalterlichen Weihkreuze der Altarmensen
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Mengelberg, Wilhelm: Ueber alte Orgelgehäuse
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https://doi.org/10.11588/diglit.3570#0116

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189

1889. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. G.

190

Mensa parallel laufende gleichlange Arme haben.
Die Kreuze der romanischen Zeit lassen sich
daran erkennen, dafs sie eigentlich mehr ein-
geritzt als eingemeifselt erscheinen (Fig. i).
Merkmale, welche diese Zeit genauer bestimmen
könnten, lassen sich freilich noch nicht angeben;
aus einer mehr oder weniger sauberen Ausfüh-
rung darf man jedenfalls keinen Schlufs ziehen.
Die gothischen Kreuze unterscheiden sich von
den romanischen dadurch, dafs sie stets tiefer
eingehauen sind, so dafs ihre Arme aus zwei sorg-
fältig nach innen zusammengeschrägten Flächen
bestehen, welche eine scharfe Linie inmitten der
Arme bilden (Fig. 2). Die spätgothische Zeit läfst
es dabei nicht immer bewenden, sondern bildet
die Armenden noch tatzenförmig aus (Fig. j).
Wie gesagt hat man die Weihkreuze der
Altarplatten im Allgemeinen nicht verziert; es
findet sich wohl einmal, dafs die Enden der
Arme durch kleine Querstriche betont sind f-Jn,
wie an der romanischen Altarmensa der Kirche
zu Pouch bei Bitterfeld, oder dafs die Kreuze
von einem Kreise, Quadrate u. s. w. umschlossen
werden, wie das 16:16 cm grofse Kreuz ^ in
der Mitte der Altarplatte der Kirche zu Thal-
heim, ebenfalls im Kreise Bitterfeld; aber eine
reichere Durchbildung ist doch ungemein selten.
Wo sie sich einmal findet, dürfte sie von Inter-
esse sein. Wir haben daher von den sämmt-
lichen Kreuzen der Altarplatte eines der älte-
sten kirchlichen Bauwerke in Deutschland, näm-
lich der St. Wipertikirchen-Krypta in Quedlin-
burg Abklatsche gemacht und bringen genau
nach diesen gefertigte Zeichnunger» als ein
solches seltenes Beispiel einer reicheren Durch-
bildung von Weihkreuzen in Fig. £—8 zur all-
gemeinen Kenntnifs. Weiterer Bemerkungen
dazu bedarf es kaum nach dem, was wir über

die Weihkreuze im Allgemeinen voraufgeschickt
haben. Man erkennt aus der Unregelmäfsigkeit
und der geringen Tiefe der Linien, dafs sie der
romanischen Zeit angehören. Nur das einfache
Kreuz, welches tief eingemeifselt und auffälliger
Weise nicht gleicharmig ist, mufs jünger, also
wohl gothisch sein. Was für die Verzierungen
dieser Kreuze massgeblich gewesen ist, ob die
Linienzüge etwa symbolische Bedeutung haben,
oder willkürliche, dem Belieben des Verfertigers
entsprungene Zuthaten sind, sei dahingestellt.
Die Bekanntmachung dieser merkwürdigen
Figuren halten wir um so mehr für geboten,
als ihr Untergang in absehbarer Zeit zu be-
klagen sein wird. Die St. Wipertikirche ist
schon vor Jahrhunderten in eine Scheune ver-
wandelt und ihre Krypta, höchst wahrscheinlich
das Ueberbleibsel einer Pfalzkapelle Heinrichs I.,
also schon dem X. Jährhundert angehörig, zu
einem Milchkeller profanirt worden. Aber noch
immer erweckt dieses Kleinod der jungen kirch-
lichen Kunst auf deutschem Boden (wie die
Katakomben) den Eintretenden heilige Schauer.
Ehedem wurde der heilige Tisch von reinem,
weifsen Linnen überdeckt, die Lichtglanz be-
strahlte und auf welche der Priester zur Feier
des erhabensten Geheimnisses die Brod- und
Weingefäfse vor dem Bilde des Gekreuzigten
niedersetzte, jetzt trägt sie eine Decke von
Staub und Milchresten und, wie uns eine trüb-
selige Lampe erkennen läfst, Reihen von Milch-
satten zur Butter- und Käsebereitung. Wann
endlich wird diesem kunstgeschichtlich so be-
deutenden Werke von zuständiger Seite — in
erster Linie von der reichen Provinz Sachsen
selber — die verdiente Beachtung, d. h. eine
würdige Konservirung zu Theil werden?!

Hannover.

G. Schöner m ark.

Ueber alte Orgelgehäuse.

Mit 3 Abbildungen.

is vor einigen Jahren befand sich in
der St. Nikolauskirche zu Utrecht
(Holland) ein jetzt im Reichsmuseum
zu Amsterdam aufgestelltes altes
Orgelgehäuse. Dasselbe hatte durch Vernach-
lässigung und mehrfache mifsverstandeneRestau-
rationen im Laufe der Zeit sehr gelitten, war aber
trotzdem im Grofsen und Ganzen besser davon-
gekommen wie der diesem ähnliche Orgelkasten

der Kirche zu Rennen (zwischen Utrecht und Arn-
heim). Letzterer war durch wiederholte „gründ-
liche" Restauration derart mifshandelt und verun-
staltet worden, dafs jetzt leider wenig vom Alten,
Schönen mehr vorhanden ist. Das einigermafsen
von diesen gründlichen Restaurirungen verschont
Gebliebene ist die zugehörige Orgelbrüstung. Sie
besitzt feine, zierlich in Eichenholz geschnitzte
Wappenpaneele, welche noch ziemlich intakt sind.
 
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