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Zeitschrift für christliche Kunst — 2.1889

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Effmann, Wilhelm: Grabsteinplatte in der Abteikirche zu Werden a. d. Ruhr
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https://doi.org/10.11588/diglit.3570#0026

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21

1889.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. |.

22

1517.3) „Abt Anton", so sagt Schunken,
„glänzte so herrlich hervor, dafs er im Rufe
der Heiligkeit verschied, nachdem er ein Jahr
vorher den Erzherzog Wilhelm von Jülich ge-
tauft hatte. Die Abtei erlitt diesen Verlust am
13. Juni 1517. Sein Leichnam wurde im hohen
Chore der Münsterkirche begraben. Sein Grab-
stein wurde 1705, als die Kirche mit einem
neuen Pflaster versehen wurde, gehoben und in
die Wand der Abtssakristei eingemauert, allwo
er noch zu sehen ist."
„Als im Jahre 1808",
so erzählt Meier, „der
Boden des Chores neu
besetzt werden sollte,
stiefsen die Maurer auf
einige dort befindliche
Grabgewölbe. In einem
derselben, wo die Reste
des Abtes Anton zwi-
schen zwei anderen
lagen, fielen die Särge
rechts und links beim

ersten Anrühren in
Staub, der des Abtes
Anton, obgleich über
100 Jahre älter, schien
wie frisch eingesenkt.

Ebenso unverwesen
waren Körper und Or-
nat. Der im Priester-
gewande angezogene
letzte Kellner Anton
Hiegemann stieg zur
Gruft hinab, segnete
die Leiche nochmals
ein, nahm aber zum
Andenken den Stab
heraus, den er zer-
stückelte und Mehrere

mit einem Theile davon beschenkte. Der Ver-
fasser dieses erhielt die Krücke, welche er wie-
der verschenkte."*)

m der Zeit von 1474 bis 1478 durchgeführt. Anton
Grimhold war der zweite Abt nach der Reformation.

B) Im Jahre 1490 löste er die stets zum Aufruhr
geneigte Stadt Helmstedt aus dem Unterthanenverband
zur Abtei Werden und übertrug sie als Mannlehen.,
dem Herzog Wilhelm dem Jüngeren von Braunschweig.
Im Jahre 1509 schofs er gegen Schuldschein dem
Kaiser Maximilian 100 Goldgulden vor. Schunken
„Geschichte der Reichsabtei Werden", 1865. S. 51 ff.

4) L. Meier „Werden u. Helmslädl", 1830. S. 87.

Die Platte, welche ehemals dieses Grab be-
deckte, hat eine Länge von 3,20 m und eine
Breite von 1,45 m; die Figur entspricht der
Lebensgröfse. Die Gesammtanordnung wie die
Formgebung steht noch vollständig unter dem
Einflufs der Spätgothik: eine Einwirkung der
Renaissance macht sich daneben kaum be-
merkbar. Die vier Schriftbänder, welche durch
Ausgründung aus der Fläche herausgehoben
werden, haben rollenartige Endigungen, die aber
nur wenig anschwellen
und deshalb den Ein-
druck der Fläche nicht
stören. Die Buchstaben
sind eingravirt, sie ent-
sprechen dem Charak-
ter der Zeit. Ihre Ver-
theilung wird etwas be-
einflufst durch die in
der Jahreszahl beliebte
Anwendung arabischer
Ziffern: mit den beiden
vorhergehendenMajus-
keln bilden dieselben
eine störende Unter-
brechung in dem sonst
gleichmäfsig dunkeln

Schriftbande. Die
Ecken sind mit Schil-
dern besetzt, deren
Umrahmung aus der

Durchkreuzung von
Viereck und Vierpafs
gebildet wird. Aus
dem vertieften Mittel-
feld tritt wirkungsvoll
hervor die Figur des
Abtes. Sie liefert den
vollgültigen Beweis,
dafs eine Künstlerhand
dieses Bildwerk geschaffen hat.

Die Figur des Abtes ist dargestellt ruhend, mit
niedergeschlagenen Augen, gefaltenen Händen,
den Hirtenstab im Arme. Das Haupt liegt auf
dem Kissen im sanften Todesschlummer. Das
Antlitz zeugt von einer Portraitähnlichkeit,5)
welche fast die Annahme nahe legen könnte,
• der Künstler habe bei der Ausarbeitung nach
der Todtenmaske des Verstorbenen gearbeitet.
Die Gewandung umgibt in weichem zarten Flufs

5) Dieselbe wird auch bestätigt durch das in der
Sakristei zu Werden befindliche Bildnifs des Abtes Anton.
 
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