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Zeitschrift für christliche Kunst — 2.1889

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Beissel, Stephan: Ein illustrirtes Gebetbuch des XV. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.3570#0069

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103

1889. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8;

104

Ein Weltbild unserer kirchlichen Kunst. Ge-
zeichnet in der Vatikanischen Ausstellung von Hein-
rich Swoboda, Kaplan am Deutschen Campo santo
in Rom. Mit sechs Kunstbeilagen. Paderborn 1S89,
Druck und Verlag von Ferdinand Schöningh.
Diese der Vorbemerkung gemäfs „vom Standpunkte
einer ästhetisch-liturgischen Kritik" bearbeitete Denk-
schrift über die Vatikanische Ausstellung be-
ginnt mit einem Rundgang durch dieselbe „um das
Einzelne kennen zu lernen" und schliefst mit „Allge-
meinen Urtheilen und Vergleichen". Auf jenem
nach den einzelnen Ländern sich entfallenden Rundgange
werden die wichtigsten Gegenstände kurz beschrieben
und an der Hand von mancherlei recht verständigen
Kunstanschauungen und -Grundsätzen geprüft, um oft
gelobt, noch öfter getadelt zu werden. Die auf Nach-
ahmung oder gar Kopirung mittelalterlicher Vorbilder
beruhenden Objekte kommen durchweg am besten weg, i
so dafs der Hinweis auf „unsere gothischen Dog- ,
matiker" etwas befremdlich erscheint. Dafs er aber J
doch ernst gemeint sei, beweist die Bemerkung: „Da I
aber die Schönheit und Kirchlichkeit an keinen Stil
ausschliefslich gebunden ist, würden wir eine gröfsere
Vielseitigkeit und duldsamere Freiheit, deren erste
Strahlen sich schon zeigen, gerne dazu wünschen."
Wie grofs die Freiheit auf diesem Gebiete war und
ist, beweist am besten die Ausstellung selbst, die Ein-
heit nur zeigte in der unbegrenzten Verehrung gegen
die Würde und die Person des heiligen Vaters. Dafs
aber diese Einheit sich darauf nicht beschränken darf,
vielmehr auch auf die richtigen Prinzipien der kirch-
lichen Kunst sich ausdehnen mufs, kann keinem Zweifel
unterliegen. Ganz bestimmte Regeln sind dafür er-
forderlich, über welche die Kunstforscher sich zu ver-
ständigen haben, zumal diejenigen, welche dem mo-
dernen Kunstschaffen im Dienste der Kirche ihre Auf-
merksamkeit widmen. An wohlunterrichteten und wohl-
meinenden Kräften fehlt es nicht, aber sie müssen aus
der Besonderung und Zersplitterung, um nicht zu sagen
gegenseitigen Bekämpfung, heraustreten, wenn anders
aus dem Wirrsal, in dem wir uns befinden, ein Ausweg
gefunden werden soll. S.

Baugeschichtliches.

Bekanntlich findet sich die Entstehungsgeschichte
der grofsen Bauwerke des Mittelalters, besonders der
kirchlichen, durchweg in tiefes Dunkel gehüllt. Hier-
von bildet die Londoner Westmins te rkir che
dermalen eine Ausnahme, dank den Forschungen des
englischen Archäologen Wyatt Papworth. In dem
unter dem 20. Dezember 1888 erschienenen Hefte des
periodischen Organs (Journal of Proceedings) des im
I. Hefte dieser Zeitschrift vom Unterzeichneten be-
sprochenen Royal Institute of British Architects hat
der genannte Forscher das von ihm Ermittelte ver-
öffentlicht. Es erstreckt sich dasselbe vom Jahre 1050,
der Zeit der Gründling der Westminster-Abtei durch
König Eduard den Bekenner ab, bis zur Gegenwart
hin. Aus nicht weniger als 95 Zeitabschnitten werden
uns Architekten, Bildhauer und sonstige Künstler vor-
geführt, welche bei dem Bau und den im Innern des-

selben ausgeführten Kunstwerken thätig gewesen sind.
Sonstige Ermittelungen noch, zum Theil von grofser
kunstgeschichtlicher Bedeutung, sind dem Verzeichnifs
der Künstler beigegeben. Hier sei nur bemerkt, dafs
im Jahre 1245 aus Anlafs eines geplanten Umbaues
der Kirche fränkische Architekten zur Begutachtung
berufen wurden und dafs weiter im Jahre 1413 ein
Architekt aus Rotten, Alexander de Berneva], die Ver-
längerung des Hauptschiffes leitete. Ein Grabdenkmal
aus Alabaster ward 1376—77 von einem belgischen
Künstler, entweder aus Lüttich oder aus Valenciennes,
angefertigt; endlich macht sich das Hereindringen
der Renaissance in England durch Grabdenkmäler für
Heimich VII. und Heinrich XIII., von Pietro Torre-
giano aus Florenz, bemerklich. Alle anderen in sehr
grofser Zahl namhaft gemachten Künstler waren Eng-
länder. Das Inselreich wufste sich besser vor ita-
lienischen und französischen Meistern zu wahren, als
unser Vaterland nach dem Ablauf des Mittelalters.

Die vorstehend besprochene Veröffentlichung bildet
in baugeschichtlicher Hinsicht gewissermafsen eine Er-
gänzung des 183G in London bei Weale erschienenen,
mit 48 Abbildungen ausgestatteten Werkes von E. Wed-
lake-Braylay und J. Britton, The History of the concient
palace and Laie Ilouses of parchiament at Westminster.

Abgesehen von dem Werke des Jesuiten Stephan
Beissel über die St. Viklorskirche in Xanten, möchte
wohl keine deutsche Arbeit so viel Licht über die Ge-
schichte einer unserer hervorragendsten Kirchenbauten
verbreitet haben, als die des Herrn Wyatt Papworth über
die berühmte Londoner Abteikirche und deren Zubehör.

Köln. A. Reichensperger.

„Das Galerie-Werk" der „Gesellschaft
für vervielfältigende Kunst" in Wien hat für
das Vereinsjahr 1888 den Zuwachs von zwei hervor-
ragenden Blattern erhalten. Das bekannte in der
Münchener Pinakothek befindliche Porträt der Maria
Rttthweu, Gemahlin van Dijck's, die sogen.
„Musi/.irende Dame", ist von Prof. Wilhelm Hecht
durch eine grofse Radirung so vortrefflich wieder-
gegeben, dafs die malerischen Vorzüge des ausgezeich-
neten Bildes in ihr vollkommen zum Ausdrucke ge-
langt sind. — Den heiligen Sebastian von Ma-
tegna im Wiener Belvedere hat der Kupferstecher
Viktor Jasper in einer Weise reproduzirt, dafs diese
so tief empfundene Darstellung des Mantuaner Malers
durch den Stich zu einer Art von Allgemeingut ge-
worden ist. Auch als Zimmerschmuck verdienen die
beiden Blätter alle Empfehlung.

Der rothe Posaunenengel von Fra Angelico
da Fiesole, einer von den zwölf musizirenden Engeln,
welche die „Madonna della Stella" in den Uffizien zu
Florenz umgeben (und gemäfs unserer Notiz in Jahrg. I
Sp. 452 durch Brogi in Florenz kürzlich photographisch
reproduzirt sind), ist durch Julius Schmidt in Flo-
renz in Farbendruck recht gut wiedergegeben worden.
Der bekannte Chromo - Xylograph Knöfler in Wien
(der die Klein'schen Farbendrucke lieferte) hat diese
Wiedergabe besorgt, die den lieblichen Meister auch in
seiner leuchtenden Farbengluth erkennen läfst. H.
 
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