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Zeitschrift für christliche Kunst — 2.1889

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Illert, Karl: Die fertige Thür des Kölner Domes
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https://doi.org/10.11588/diglit.3570#0144

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24a

1889.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8.

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und Felderbildung der Thür, als auch durch die
Ausbildung und Schmückung dieser Felder im
Einzelnen. Die Eintheilung ist nach Art der in
Rahmen und Füllungen gesetzten Holzthüren
geschehen, wie dies bei den bekannten Vor-
bildern für Erzthüren aus antiker und mittel-
alterlicher Zeit auch der Fall ist, was somit als
berechtigt angesehen werden darf. Das gegebene
Verhältnifs der Breite zur Höhe der Flügel, so-
wie die für bequeme Benutzbarkeit erforderliche
Stelle für das Thürschlofs und die Löwenköpfe
mit den als Handgriffe dienenden Ringen mufsten
bei der Eintheilung der ganzen Fläche bestim-
mend mitwirken; es galt nur eine solche An-
ordnung zu finden, welche das Langweilige einer
gleichmäfsigen Wiederholung verhältnifsmäfsig
kleiner Felder aufhebt.

Dies wurde in geschickter Weise durch die
Zusammenfassung von vier kleinen Feldern zu
je einer grofsen Füllung erzielt, welch letztere
jedoch noch dadurch ein gröfseres Mafs und
längliche Rechtecksform erhielt, dafs zwischen
je zwei Paar der quadraten Felder eine breite
Querbinde mit den oben und unten durch die
Schrift eines Bibelspruches begleiteten drei
Königskronen eingeschoben ist. So wurde es
ermöglicht, die Fläche je eines aufgehenden
Flügels aufser dem annähernd quadratischen
Felde mit dem Löwenkopfe in nur drei über-
einanderliegende, stattliche Füllungen zu zer-
legen, welche durch das Relief und Ornament
der Rahmenfriese und die bereits erwähnten,
das Rahmenwerk verbindenden kräftigen Laub-
bossen oder Rosetten wirksam getrennt, aber
durch die erreichten grofsen Abmessungen und
die gleichmäfsige Frieseinfassung mit der einen
Füllung des festen Obertheils jeder Thürhälfte
wieder einheitlich zusammengestimmt wurden.
Diese Haupttheilung tritt klar und ruhig zu
Tage, besonders, noch dadurch gefördert, dafs
die Stärke, welche das Flachrelief des diese
einzelnen Theile nun schmückenden Zieraths
erhielt, in gehöriger Weise gemäfsigt und unter-
geordnet ist.

Gehen wir nun auf diesen Schmuck selbst
ein, so ist bei der ästhetischen Beurtheilung
desselben besonders hervorzuheben, dafs die
Formengebung nicht nur diesen oben ange-
führten Anforderungen, welche die Gesammt-
theilung ihr anwies, sowie denjenigen der Bronze-
technik und des Stilcharakters zu genügen hatte,
sondern noch der Programmbestimmung, welche

Lösungen in rein ornamentalem Sinne unter
Ausschlufs figürlicher Darstellungen ver-
langte, Rechnung tragen mufste. Diese Beschrän-
kung erschwerte gewifs die Aufgabe wesentlich
und um diese Schwierigkeit und den Werth der
Schneider'schen Lösung richtig zu beleuchten,
sei es gestattet, auf das ästhetische Wesen und
die Verschiedenartigkeit der Wirkung der zahl-
reichen Arten der Schmuckmittel hinzuweisen.
Bei einem jeden Werke der vorliegenden Gat-
tung, das in einem Rahmen eingeschlossen durch
Flächenschmuck künstlerisch ausgebildet werden
soll, hat jeder Theil dieses Zieraths, ganz ab-
gesehen von seiner sonstigen, z. B. symbolischen
Bedeutung, seinen ästhetischen Werth zunächst
in der Eigenthümlichkeit seiner Massen, seiner
Linien und Flächen und in der Möglichkeit,
mit Hülfe dieser Eigenschaften neben diejenigen
der anderen Theile gestellt einen gewissen ge-
setzmäfsigen Wechsel zu bewirken, Gegensätze
hervorzurufen und bestimmte vom Künstler be-
absichtigte Züge und Bewegungen zu betonen.

Alle zur Belebung einer Fläche herange-
zogenen Formen haben sich also in erster Linie
der Berechnung des Künstlers hinsichtlich der
Massenvertheilung und Flächenwirkung sowie
der Linienführung zu unterwerfen, und in diesem
Sinne werden figürliche Darstellungen genau
ebenso behandelt und verwerthet und müssen
füglich solchen Rücksichten entsprechend auch
als eine Ornament stufe betrachtet werden.
Zu allen Zeiten und in allen Stilweisen abei
tritt bei reichen Ausschmückungsbestrebungen
irgend welchen Kunstwerkes die figürliche Da1'
Stellung als höchster Grad der Steigerungsformen
des Zieraths ein.

In aufsteigender Ordnung aufgeführt biMet
die unterste Stufe der Schmuckmittel die archi-
tektonische Gliederung der Profile an den Ecken
und Kanten des Rahmenwerkes; aber auch die
Profilirung schon kann zur Betonung, zur Ver-
körperung von Linienführungen, ornamentalen
Zügen verwerthet werden, indem Netzwerke nach
geometrischen, geradlinigen oder gekrümmte"
Figuren aus Profilsträngen gebildet werden. F's
entsteht so eine weitere Stufe des Ornaments»
wie es uns in dem antiken und orientalischen
Gittervverk, in Band- und Flechtmustern und »°
dem gothischen Mafs- und Stabwerke entgegen'
tritt. Hier herrscht überall strenge mathematisch
Regelmäfsigkeit in der Linienführung und körpe
liehen Wirkung der Züge vor. Freier aber irnö>e

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