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Zeitschrift für christliche Kunst — 2.1889

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Beissel, Stephan: Verzierung spätgothischer Gewölbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.3570#0148

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249

1889. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8.

250

(18—25) noch acht andere Aelteste sich finden.
Zwischen dem zweiten (10—17) und vierten
Kreis (18—25) ist ein aus acht Rosetten be-
stehender (a—h) eingeschoben. In den äufsersten
Ecken stehen (bei 26 und 27) die beiden Erz-
engel Michael und Gabriel. Ein Engel mit
einem Wappenschild, worin man die Inschrift
liest: „Gloria in excelsis Deo", schliefst (bei 29)
den Cyldus. So bietet diese Vierung eine Dar-
stellung des Himmels nach dem 5. Kapitel der
Geheimen Offenbarung. Diel wollte in 26 den
Ritter Heinrich von Uelmen,
einen Wohlthäter der Abtei, er-
kennen. Er übersah den Drachen
unter den Füfsen des als Ritter
gekleideten Erzengels, dann die
Thatsache, dafs es sich um eine
Gewölbeverzierung handelt, in
der nur Heilige Aufnahme zu
finden hatten, überdies, dafs in
dieserVierung dieVersinnlichung
eines Gedankens gegeben werden
sollte, worin ein Erzengel, nicht
aber ein frommer Ritter Platz
finden konnte.

Zur Rechten und Linken der
Vierung erstrecken sich grofse
Querarme, deren Gewölbe gleich-
artig gegliedert sind. In ihren
Schlußsteinen sind nördlich Ge-
rechte des alten Bundes, südlich
Heilige des neuen Bundes ange-
bracht. Dem Schema des Rippen-
systems, das der Grundrifs zeigt,
entsprechen die ne-
benstehenden Zif-
fern und Buchsta-
ben: Letztere (a—i
und 1—m) bezeich-
nen elf Rosetten; den Mittel-
punkt bei 1 nimmt Johannes der Täufer mit
seinem Lamm ein. Um ihn herum stehen zu-
erst (in 2—9) acht, dann in den Ecken (bei 10
bis 13) noch vier, im Ganzen also zwölf Pro-
pheten. Die meisten halten nur ein Buch,
haben also keine besondern Kennzeichen, so
dafs man nicht berechtigt ist, hier bei jeder
e"izelnen Figur an je einen bestimmten Prophe-
ten oder Altvater zu denken. Einzelne sind
freilich in besonderer Weise charakterisirt: denn
David ist (in 8 durch seine Harfe gekenn-
zeichnet; die Prophetengestalt in der äufsersten

11 i

b a

d 3 6 2

m 7 18

f 5 9 4

>> g
13 I

12

Ecke (11) hält kein Buch, sondern faltet ihre
Hände zum Gebet. Ein Prophet (5) zeigt in
seinem offenen Buch die Inschrift: Gratia;
Andere lesen M. ria. In den Kreis der Rosetten
ist bei k, neben der Vierung, das Angesicht Christi
dargestellt, die Hoffnung des alten Bundes das
Ziel, wonach jene Propheten schauten, und das
sie zu sehen verlangten. Darum betete ja Moses
(IL 33. 3): „Zeige mir Dein Angesicht, auf dafs
ich Dich kenne". Aehnliche Aussprüche finden
sich oft in den Psalmen und bei den Propheten.
Im südlichen Querschiff thront
Maria mit ihrem göttlichen
Kinde (1) inmitten von acht
Märtyrern, vier männlichen: Ste-
phanus (2), Vincentius (3), Lau-,
rentius (4), Sebastian (5), und
vier weiblichen: Barbara (6)
Agnes (7), Margaretha (8), Ka-
tharina (7). Dann folgt auch
hier ein Kreis von elf Rosetten
(a—k). In m ist, entsprechend
dem analogen Schlufsstein des
nördlichen Armes, worauf das
Angesicht Christi sich fand, hier
das Haupt des Vorläufers, des
gröfsten Märtyrers des alten Bun-
des angebracht. In den vier
Ecken sind vier Männer darge-
stellt: ein bärtiger mit einem
Buche und einer Ruthe oder
einem sich verzweigenden Stab
(in 11), ein alter und ein junger,
die mit gefalteten Händen beten
(in 10 und 12) und ein junger
mit einem Buche (13). Es dürfte
wohl der hl. Benedikt mit drei
seiner Schüler sein, so dafs hier
um die Himmelskönigin je vier
Märtyrer, Jungfrauen und Be-
kenner, im Ganzen 12 Personen des neuen
Bundes gestellt wären. Diel wollte in 5 den
hl. Oswald sehen, dessen Reliquien die Abtei
besafs. Da aber der dort befindliche Heilige
bis zu den Hüften entkleidet ist und seine aus-
gespannten Arme an einen kreuzförmigen Baum
gebunden sind, kann in der Gesellschaft jener
drei andern Märtyrer, dieser vierte wohl nur der
hl. Sebastian sein.

Das Chorgewölbe besteht aus zwei, um zwei
Mittelpunkte geordnete Abteilungen. In der
Mitte des Chorpolygons bei 1) ist der seg-


 
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