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Zeitschrift für christliche Kunst — 2.1889

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Beissel, Stephan: Verzierung spätgothischer Gewölbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.3570#0150

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253

1889.

ZEITSCHRIFT KÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8.

254

zeugen. Zählen wir sie auf, wiederum von Osten
nach Westen gehend. I. Ein Engel mit dem
Kreuz und der Dornenkrone. II. Engel mit
Ruthe und Geifsel. III. Engel mit Schwamm.
Lanze und Laterne. IV. Veronika mit dem
Schweifstuche, das Christi Haupt zeigt. V. Engel
mit dem hl. Rock und drei Würfeln. VI. Engel
mit Leiter, Strick, Säule und Hahn. VII. Engel
mit Hammer, Zange und den drei Gefäfsen,
die an Wein, Galle und Essig erinnern, welche
man dem Herrn gereicht haben soll. VIII. Christi
Herz, Hände und Füfse mit den fünf Wunden.
Es erübrigen die seitwärts angebrachten
Reliefdarstellungen (3 und 4). Es sind in der
obigen Reihenfolge diese: I. Paulus auf der
Evangelienseite; auf der Epistelseite Petrus mit
seinen Schlüsseln. II. Ein Apostel mit Stab
und Buch (Jakobus?) und Johannes mit seinem
Kelch. III. Apostel mit Buch und Kreuz,
Philippus, und Jakobus mit Buch, Tasche und
Stab. IV. Andreas mit seinem Kreuz und einem
Buche; Thomas mit Buch und Winkelhaken.
V. Bartholomäus mit Messer und Buch; Apostel
mit Schwert und Buch (Simon?). VI. Matthäus
mit Buch und Lanze; Apostel mit Palme und
Buch (Thaddäus?). Den Bildern der Apostel j
folgen die der schon im Chor dargestellten
lateinischen Kirchenväter. VII. Ein Bischof mit
Stab, Buch und Bienenkorb, der hl. Ambrosius,
und ein Papst mit Buch und doppeltem Kreuzes-
stab auf der Epistelseite, Gregor der Grofse.
VIII. Ein Kardinal mit Doppelkreuz, Buch und
Löwe, der hl. Hieronymus, ihm gegenüber auf der
Epistelseite der hl. Augustinus mit einem Herzen.
Das letzte Gewölbe, das der Thurmempore,
hat eine in sich abgeschlossene Bilderreihe. In
o w 0 den Ecken laufen die Rippen

ohne Sockel oder Bild an die
Wand an (0, 0); in der Mitte
dreier Seiten erblickt man als
Wappen auf weifsem Grund ein
rothes Kreuz (w). Den Mittel-
punkt bildet die Gottesmutter mit ihrem Kinde 1),
hinter ihr findet man wiederum, also schon zum
drittenmal im Gewölbe — so wenig scheuten
die Alten Wiederholungen — den hl. Matthias _'.
Weiter nach Westen bildet eine segnende Hand
(3), das Symbol Gottes, in die bei der Restau-
ration eine Wunde eingemalt worden ist, den
Schlafs. Um Maria sind sechs Schlufssteine
\4—9) mit musizirenden Engeln besetzt. Die
schon im Chor dargestellten Evangelistenzeichen

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kehren auf vier weitern Steinen wieder. Sie
schliefsen sich dem Cyklus des Mittelschiffes
an, der ja mit den Kirchenvätern endete. 1 )er
Mensch steht in 10, der Löwe in 11, der Ochs
in 12, der Adler in 13.

Suchen wir nach der hier zum ersten Male
gegebenen Darlegung aller Einzelnheiten zur
Hauptsache vorzudringen, zum Kern und Grund-
gedanken der ganzen Dekoration. Einen wich-
tigen Fingerzeig bringt der am westlichen Ende
der Vierung (in 29) angebrachte Engel; denn
er hält eine Tafel mit der Inschrift: Gloria in
excelsis Deo. Ist nicht Gottes Lob das Thema,
welches hier ausgeführt ist? Das Gloria, welches
in den feierlichen Messen gebetet wird, kann
hier nicht versinnbildet sein; denn es bietet zu
wenig sinnenfällig zu erläuternden Stoff. Sollte
nicht das hier von den Mönchen so oft ge-
sungene Te Deum, die Parallele zum Gloria,
den Schlüssel zu einer Erklärung bieten?

Te Deum laudamus ... Tibi omnes Angcli,
tibi Coeli... proclamani: Sanctus, Sanctus . . .
Als Personifikation der mit den Engeln Gott
lobenden Himmel sind nach dem 5. Kapitel
der Geheimen Offenbarung die 24 Aeltesten an-
zusehen. Der von ihnen gepriesene Gott ist
der auf den Thron Sitzende und das Lamm.
Was bieten nun die Schlufssteine der Vierung
unserer Matthiaskirche? Um Gott und das Lamm
zeigt sie jene Aeltesten, jene Engel und deren
Fürsten.

Te gloriosus Aposiolorum chorus. Den ganzen
Chor der Apostel enthalten die seitlichen Schlufs-
steine des Mittelschiffes. Te Prophetarum lau-
dabilis numerus. Der Propheten lobwürdige
Schaar finden wir im nördlichen Querschiff ge-
sammelt um Johannes, den letzten und gröfsten
Propheten. Te Martyrum candidatus laudat
exercitus. Das hellstrahlende Heer der Märtyrer
ist durch die Schlufssteine des südlichen Quer-
schiffes in ausreichender Weise versinnbildet.

Te per orbem terrarum sancta confitetur
ecclesia. Wer kann eintreten für diese ganze
Kirche, insofern sie, abgesehen von den Mar-;
tyrern, Zeugnüs ablegt für Gott? Niemand eher
und besser als die Kirchenväter. Wir fanden sie
im Westen des Mittelschiffes sowie in der west-
lichen Hälfte des Chores. Wichtige Theile der
katholischen Kirche waren für alle hier betenden
Mönche die Bischöfe der Diöcese, worin sie
lebten, die Vertreter des Ordens, zu dem sie
gehörten, endlich die Heiligen, welche sie be-
 
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