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Zeitschrift für christliche Kunst — 2.1889

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271

1889.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 8.

272

düngen und 10 Pläne veranschaulichen das Baudenkmal
bis zu den unscheinbarsten Einzelheiten hin.

Schliefslich sei hiermit dem Wunsche des Verfassers
beigepflichtet, dafs auch der bauprächtige Westchor
der Vollendung entgegengeführt werde und zugleich
unserem eigenen Wunsche Ausdruck verliehen, dafs das
in Oppenheim gegebene Beispiel allerwärts Nachahmung
finden möge, wo Kunstdenkmale unserer Vorzeit der
Hülfe bedürftig sind. a. Reichensperger.

Das im Grote'schen Verlag erscheinende Ber-
liner G a 1 e r i e w e r k von Meyer und B o d e ist
inzwischen (vgl. Zeitschrift für christliche Kunst 1888
Heft 4, Sp. 147 ff.) um zwei Lieferungen (8 und 4)
weiter gediehen.

Im Text führt Meyer seine Studie über die Flo-
rentiner des XV. Jahrhunderts weiter und bringt zu-
nächst das Künstlerbild Verrocchio's zum Abschlufs.
Die künstlerische Individualität dieses bahnbrechenden
Meisters erklärt sich zum guten Theil aus seinem
Lebensgang und der vielseitigen Art seiner Kunst-
Übung: er begann als Goldschmied und pflegte die
l'lastik in mannigfacher Weise, u. a. auch als Erz-
giefser. Eben durch seine bildnerische Thäligkeit trat
er dem Naturstudium näher. So begreift sich auch
»ein Streben auf dem Gebiete der Malerei, wo er die
Vorgänge zunächst in knapper Gestaltung gab und
vollendete körperliche Form mit dem innigsten Aus-
druck des Seelenlebens zu verbinden trachtete. Wenn
er auch selbst das höchste Ziel darin nicht erreichte,
so bleibt sein Bemühen nicht fruchtlos. „Nur einem
Verrocchio vermochte ein Leonardo zu folgen."

Neben Verrocchio lernen wir die Brüder l'allaiuoli,
Antonio und Piero kennen, die, gleich ihm, Gold-
schmiede, Bildner und Maler zugleich waren. Jeder
von ihnen ist eigenthümlich und, trotz wechselseitiger
Einwirkung, von dem anderen wesentlich verschieden.
Ist gleich der ältere, Antonio, unstreitig der bedeutendere,
so gebührt doch dem jüngeren, Piero, das grofse Ver-
dienst, dafs er, durch die Werke hervorragender nieder-
ländischer Meister angeregt, sich in ihrer eigenthüm-
lichen neuen Malweise versuchte, wodurch in die Malerei
„tiefere Wirkung, Glanz und gröfsere Wirkung des
Tones" gebracht wurde. Ein in Radirung trefflich
behandeltes Vollbild einer „Verkündigung" bringt die
eigentümliche Auffassungsweise und, soweit dies in
einem Schwarzdruck möglich ist, auch den farbigen
Werth des Bildes in glücklicher Weise zum Ausdruck.
Die darauf folgende III. Gruppe behandelt die
Naturalisten der freieren Richtung mit ihrem Fortschritt
zur malerischen Anschauung und dem Zug zum Mytho-
logischen und Phantastischen. In erster Linie erscheint
hier mafsgebend Sandro Boticelli, dem sich
Filippino Lippi, Raffaellino del Garbo (mit
einem köstlichen Einzelblatt von P. Halm vertreten)
und Piero di Cosimo anschliefsen. Boticelli ist in
den beigefügten Abbildungen durch ebenso treffliche
Bildnisse (Holzschnitt), wie durch ein ergreifend schönes
Andachtsbild (Heliogravüre im Text) charakterisirt.

In der 4. Lieferung schliefst W. B o d e seine
Abhandlung über Rubens. Ihm reiht er als den
„Zwillingsbruder am (flämischen Kunsthimmel" Ant o on

van Dyck an. Treffend zeichnet ihn Bode im Ver-
gleich mit „dem grofsen, harmonischen Charakter des
Rubens" als ebenso „einseitige, erregbare und empfind-
same, als eigenwillige und zugleich abhängige Natur, . .
ein echter Romantiker im modernen Sinne", während
Rubens „durch Anlage und Erziehung ein Charakter fast
in antikem Geiste" war. Eine nicht unwichtige Aufgabe
der heutigen Kunstgeschichtschreibung besteht darin,
zwischen den Werken der beiden Meister zu scheiden.
Denn trotz der „einschneidendenVerschiedenheit zwischen
Meister und Schüler sind die Werke beider Künstler
eine Zeit lang so nahe verwandt, dafs sie nur schwer
auseinander zu halten sind, so schwer, dafs heute noch
nahezu die Hälfte der Gemälde van Dyck's aus seiner
ersten Epoche für Werke des Rubens gelten und sogar
als Meisterwerke desselben bewundert werden."

Im Anschlufs an den Rivalen von Rubens lernen
wir dann die weitere Entwickelung der vlämischen
Schule unter Rubens'schem Einrlufs und zwar in der
historischen Malerei kennen. Der beschränkte Umfang
des Textes in den einzelnen Lieferungen läfst auch hier
nur zu bald wieder auf ein vorzeitiges Ende treffen ;
auch dieser Mittheilung ist damit eine unwillkommene
Grenze gesetzt. Nach der illustrativen Seite greifen
die beiden Lieferungen mit den Einzelblättern weit über
den Rahmen der im Zug befindlichen Abhandlungen
hinaus. Sie geben bereits in Radirungen nach Rem-
brandt (2 Blätter), Frans Hals und Tyman Oos-
dorp herrliche, blattgrofse Bildnisse; ferner erscheint
Jacob van Ruisdal mit einer machtvollen Marine,
Aarl van der Neer mit einer Mondscheinlandschaft,
David Tcniers d. J. mit dem sogen. Puffspiel,
Canaletto mit einer liebevoll durchgebildeten An-
sicht des Marktplatzes zu Pirna, Barth, van Bässen
mit einem reich staffirten Kircheninnern und endlich
Watteau mit einem niedlichen Konversationsstück-
Die begleitenden Beilagen fanden bereits an ihrer Stelle
Erwähnung. Die letztgenannten Einzelblätler gewinnen
nicht nur um ihrer Gegenstände und ihrer meisterlichen
Durchbildung willen sofort das Interesse des Beschauers,
sondern bereiten auch in spannender Weise auf kiinftige
Erörterungen vor. Aufs neue ist mit Bewunderung
auszusprechen, dafs Wissen und Können wohl seilet»
zu einer so vollendeten Gesammtleistung verbunden
sind, wie in dem Berliner Galeriewerk. f. s. Mz-

System der Künste. Mit Rücksicht auf die Frage"
der Vereinigung verschiedener Künste und des Bau-
stils der Zukunft dargestellt von Theodor Alt-
Berlin 1883, G. Grote'sche Verlagsbuchhandlung.
Der Verfasser sucht in gründlicher und geistreicher
Ausführung die alte Unterscheidung der Künste in nach-
ahmende und nichtnachahmende von Neuem zl"
Gellung zu bringen und aus ihr den Begriff der Schön-
heit wie des Stils zu entwickeln. Neben diesem Unter-
schiede statuirt er noch einen zweiten, den der räum-
lich und zeitlich wirkenden Künste. Auf diesem
Wege gewinnt der Verfasser ein neues klares System,
aus welchem sich ihm eine ganze Anzahl von Sstnl



d.

eine ganze
tischen Gesichtspunkten ergibt, die recht frappant sin1
Die Lektüre ist nicht gerade leicht, aber sehr anregen
und lohnend. "■
 
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