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Zeitschrift für christliche Kunst — 2.1889

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Beissel, Stephan: Der Taufbrunnen des Domes zu Hildesheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.3570#0223

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387

1SSÜ. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 12.

3SS

dargestellten Frau, welche aus einem Krug Wasser
in eine Weinflasche giefst. Die Inschrift um sie
sagt mit Horaz: Omne • tulit . punctum - gut •
miscuit . utile . dulci • Ueber dem Tigris C
erscheint eine gleich ihm gepanzerte Gestalt mit
Schwert und Schild und mit der den Sprüch-
wörtern (16. 32.) entlehnten Umschrift: Vir •
qui ■ dominatur - animo • suo • fortior • est •
expugna/ore ■ urbis ■ Der Vers lautet in der
Vulgata: Melior est patiens viro forii, et qui
dominatur animo suo, expugnatori urbium. Das
Citat ist also, wie auch die meisten folgenden,
nicht ganz wortgetreu. Der vierte Flufs D ist be-
gleitet von der „Justitia" „Gerechtigkeit", welche
ihre Waage hält und in ihrer Inschrift im An-
schlufs an das Buch der Weisheit (11.21.) sagt:
Omnia • in • mensura . et . pondere - pono.
Mit diesen vier grofsen Bildern der Flüsse
und den ihnen entsprechenden vier kleinen der
Tugenden sind Wirkungen der Taufe angezeigt,
worin uns ja alle Tugenden eingegossen werden.
Der Blick mufs jetzt auf den Hauptdarstellungen
ruhen, von denen vier den Mantel des eigent-
lichen Beckens, vier andere den Deckel ver-
zieren. Um bei der Erklärung möglichst Kürze
und Klarheit zu verbinden, müssen wir ein
Schema aufstellen. Bezeichnen wir also die
acht eben genannten Hauptdarstellungen mit
I, II, III, IV, A, B, a, b, die kleinern und
gröfsern Brustbilder zwischen ihnen mit 1—16.
Das Schema erhält dann, sobald es gemäfs des
Inhaltes geordnet wird, folgende Gestalt:

| 2 [_3_ | 4 [IG

~~j II | III | IV B

9

1 1

10

.-



5

\

7

b [A_

VI

13

14

11

B C D A

Es befinden sich also in der untern Reihe
A bis D die Personifikationen der Flüsse, in
der zweiten 11 bis 14 die ihnen entsprechenden
Bilder der Tugenden, darüber in 5, 6, 7, 15
vier Propheten, in 9, 1, 10, 8 die Symbole
der Evangelisten, oben in 2, 3, 4, 16 vier
weitere Propheten. Die Ziffern sind in
solche, anscheinend verwirrte Ordnung gestellt,
weil die Bilder 1 zu I, 2 zu II gehören u. s. w.,
15 und 16 aber mit A B eine eigene Abthei-
lung bilden.

Die Hauptszene in I zeigt die Taufe des
Herrn, der im Jordan steht, dessen Wasser bis
zu seinen Hüften hinaufreicht. Rechts steigt

Johannes am Ufer hinan und legt ihm die Rechte
auf das Haupt, links halten zwei Engel die Ge-
wänder, oben schwebt die Taube herab und
über ihr erhebt der Vater seine Rechte, während
die Linke ein Spruchband hält: Hie (est) filius
meus dilecius. Zur Rechten unserer Szene (in 1)
hält das Symbol des Evangelisten Markus, der
geflügelte Löwe, ein Band mit der Inschrift:
Ipsc • vos • baptizabit • in • spiritu • saneto •
et . igne • (Mark. 1. 8.) Auf dem dreitheiligen
Bogen, welcher die Taufszene abschliefst, stehen
die Worte: Hie • baptizatur • Christus • quo •
sanetificatur • nobis • baptisma • tribuens . in .
flamine • crisma • Die letzten der zwölf oben
mitgetheilten Verse, jene, welche um den Rand
des Deckels laufen, sagen nun, die Menschen
würden auf vierfache Weise von ihren Sünden
und Sündenstrafen gereinigt: I. durch die Wasser-
taufe, welche der Herr im Jordan vorbildete
und weihte, IL durch die Bluttaufe, III. durch
reuiges Bekenntnifs, IV. durch Werke der Bann-
herzigkeit. Diesen Worten entsprechend ist oben
im Deckel bei II der Mord der Kinder zu
Bethlehem gebildet. Herodes sitzt auf einem
Thronsessel, hinter ihm steht sein Knappe mit
dem Schwert, vor ihm ein Henker, der ein
Kind durchbohren will, das die Mutter auf dem
Arme hält. Eine zweite Frau trägt ihren Knaben
an der Brust. Zu dieser Szene gehört das neben
ihm, unter dem Knauf angebrachte Brustbild
(2) des „Hieremias . pro •" und dessen Spruch-
band: Vox in Rama ■ audfita • est) - plor(atus) •
et • u(lulatus) • R(achcl) ■ p(lorans) ■ f(ilios)
s(uos) . (Matth. 2.18.) Auf dem Kleeblattbogen,
der das Hauptbild umrahmt, steht: Quos • do-
lor • ostentat - cruor • a . crudele • cruentat •
leber der Taufe bei I finden wir in III
wieuerum Christum, den Herrn. Er sitzt an
einer Tafel zwischen Simon und einem andern
Pharisäer und läfst sich von Magdalena die
mit deren Bufsthränen benetzten Fiifse trocknen.
Auf dem Spruchband des Simon liest man:
Hie • si . e(ss)et • p(rop)h(et)a • seifrei) •
u(tique) • q(ualis) - et - q(uae) . est • mu(lier) •
q(uae) . t(angit) - efum), auf dem des Herrn:
Remittuntur . ei . peccata . multa, auf 'l*-'111
des zu dieser Szene gehörenden Brustbildes 3,
dem des Königs David: Cibabis . nos . pane •
la(crymarum) . et. po(tum) • d(abis) . n(obis) -
in . la(cr)im(i)s . (Ps. 79. 6), endlich auf dem
Kleebogen der Umrahmung: Spc ■ reficil ■ pec-
lus ■ lacrymis • a • flenle • refectus.
 
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