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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

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Heft 1
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Gessler, Eduard Achilles: Der Topfhelm von Küssnach
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https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0040

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EDUARD A. GESSLER, DER TOPFHELM VON KÜSSNACH

BAND 9

den Unica, so brachten die nach längerer Unter»
brechung wiederaufgenommenen Ausgrabungen von
1917 eine ebenso große Überraschung durch den Fund
einer Anzahl völlig flachgedrückter Eisenplatten und
Plättchen verschiedener Form, leider teilweise von
sehr schlechtem Erhaltungszustand und vielfach stark
verrostet. Sie lagen im Sodbrunnen der Burg. Ein
Teil derselben wies Spuren von Silberplattierungen
auf, und diese Stücke dürfen mit ziemlicher Sicherheit

vorne jedoch leicht geschweift, reicht er mit runder
Ausladung auf die Brust herab. Die Seitenflächen
steigen vorne bis zum Augenschlitz völlig gerade
hinan, hinten und auf den Seiten etwas schräg. Von
da an biegt sich die Wölbung vorn und auf den
Seiten etwas stärker als hinten gegen das Scheitel»
stück, das einen kugelförmigen Gupf bildet; der
Sehspalt ist mit einem schmalen erhabenen Rändchen
eingefaßt. Das untere Vorderteil zeigt einen scharfen



Topfhelm von Tannenberg

einem Rittergürtel, einem sogen. „Dupsing“ angehört
haben. Nach genauer Prüfung wurden in den andern
Bruchstücken die Bestandteile eines Helmes entdeckt,
und zwar eines Topfhelmes, der für die Schweiz ein
Unicum ist, denn seine Form gehört zu den seltensten,
die erhalten geblieben sind. Glücklicherweise gelang
es im schweizerischen Landesmuseum, nachdem alle
diese Platten und Plättchen sorgfältig gereinigt und
konserviert worden waren, den Helm in seiner ur»
sprünglichen Gestalt wieder zusammenzusetzen, wobei
erauf ein seiner Form entsprechendes Kupferdrahtnetz
montiert wurde. Wenn auch einzelne Stücke fehlen,
ist doch die typische Helmform aus dem Anfang des
14. Jahrhunderts erhalten geblieben. Die Glocke
besteht aus einzelnen, in zwei Reihen untereinander
zusammengenieteten Eisenplatten. Das Vorderstück
bis zum Augenschlitz und die Fortsetzung nach oben
sind aus je einem zusammenhängenden Stück ge»
schmiedet, ebenso das Scheitelstück. Der ganze Aufbau
des Helmes zeigt eine ovale Form. Der untere Rand
ist hinten und auf den Seiten gerade abgeschnitten;

Mittelgrat, der nach oben in einen rautenförmigen
Lappen übergeht und in der Mitte des wagrecht
liegenden Sehspalts nach dem Oberteil des Helmes
übergreift und durch Nieten mit ihm verbunden war.
Die Wände des ganzen Vorderteils sind dicker und
stärker gehalten als die der Seiten, da sie die Haupt*
angriffsfläche boten.
Die rechte Seite des untern Vorderteils wird von
runden Luftlöchern und einem kleinen Kreuz durch»
brochen; auch in der Ohrengegend befinden sich
solche runde Luftlöcher. Das Kreuz hat keine Be»
Ziehungen zum Schweizerkreuz, denn man trifft es
an den meisten Topfhelmen und es ist als allgemein
christliches Symbol aufzufassen. Daneben tritt noch
seine praktische Bedeutung als größeres Luftloch. Vor
allem diente es zur Aufnahme des, mit einer Kette an
der Brust befestigten Knebels, wie z. B. auf dem Grab»
stein des Heinrich von Seinsheim (f 1360) im Kreuz»
gang des Domes von Würzburg zu sehen ist. Der
Ritter trug im beginnenden 14. Jahrhundert unter dem
Helm noch eine eiserne Hirnhaube von runder Form.
 
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