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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 13.1902

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Die Eröffnung der Sammlung Ludovisi Boncompagni im Thermenmuseum zu Rom
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Bredius, Abraham: Galerie hervorragender Gemälde erster Meister: (Auktion Köln 5. - 6. Nov. 1901 Lempertz' Söhne)
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https://doi.org/10.11588/diglit.5809#0041

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig und Berlin SW., Dessauerstr. 13

Neue Folge. XIIl. Jahrgang.

1901/1902.

Nr. 5. 14. November.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur Zeitschrift für bildende Kunst« und zum »Kunstgewerbeblatt« monatlich dreimal, in den Sommer-
onaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende
. uns erhalten die Kunstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlags-
^andlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Berlin SW., Dessauerstr. 13. Inserate, ä 30 Pf. für
e dreispaltige Petitzeile, nehmen ausser der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haas enstein 81 Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

DIE ERÖFFNUNO DER SAMMLUNG
LUDOVISI BONCOMPAGNI IM THERMEN-
MUSEUM ZU ROM

Im stillen weiten Klosterhof der Diokletiansthermen
blühen jetzt zahllose Rosen und Chrysanthemen. Sie
ranken ihre üppigen Zweige um die Marmorfragmente
und die offnen Sarkophage, sie spiegeln ihre leuch-
tenden Häupter im grossen Springbrunnen der Mitte
und in dem klaren Regenwasser, das die antiken
Schalen und die Porphyrwannen aufgefangen haben.
Die zerklüfteten Cypressen, welche nach der Legende
Michelangelo gepflanzt hat, sind ganz mit weissen
und roten Rosenbüscheln überwuchert, die Orangen
beginnen schon im dunkelgrünen Laube zu reifen,
und über aller dieser herbstlichen Pracht ruht das
milde, lächelnde Licht der Novembersonne.

In diesen Feengarten hat man aus den dunkeln,
kellerartigen Räumen des Palazzo Boncompagni die
herrlichen Antiken versetzt, welche seit mehr als sechs
Jahren niemand mehr zu Gesicht bekam, die man
sich zum Teil sogar ins Ausland verkauft dachte.
Man braucht aus dem Garten nur quer durch den
Säulengang hindurchzuschreiten, in eine offne Thür
gleich rechts neben dem Haupteingang zu treten und
man sieht sie alle wieder die alten Freunde, deren
Anblick man so lange entbehren musste: Die Juno
Ludovisi, den sinnenden Ares, den Thron der Venus,
die Gruppe von Elektra und Orest, das Haupt der
Erinnys! — Erst im verflossenen Juni hat die Kammer
der Deputierten die Vorlage der Regierung genehmigt,
die den Ankauf des »Museo Ludovisi Boncompagni«
für 1400000 Lire betraf, zahlbar in zehn Jahren ohne
Verzinsung des Kapitals. Die Bedingungen sind sehr
günstige zu nennen, der Wert der Kunstwerke ist
thatsächlich ein viel grösserer. Die Aufstellung der
Antiken soll nur als provisorische gelten; sie ist aber
vollständig zufriedenstellend, und man kann nur hoffen,
dass der Plan eines Riesenmuseums der Antiken
Roms in der Villa Borghese noch lange nicht zur
Ausführung gelangen wird. Hier in den alten Mauern
der Kaiserthermen, in einem herrlichen Klosterhof
reinsten Renaissance-Stiles sucht man gerne die nicht
allzu zahlreichen, aber zum Teil so einzigartigen an-
tiken Marmorbilder auf, und weil die Masse nicht
erdrückend ist, verweilt man länger und geniesst

doppelt. In acht kleinen Räumen mit reichlichem
Oberlicht und leuchtenden roten Wänden ist das
Boncompagni-Museum unter Leitung von Pasqui und
Savignoni unter Oberaufsicht des Generaldirektors
Fiorilli aufgestellt. Künstlerische und historische Ge-
sichtspunkte waren bei der Anordnung massgebend,
wobei es sich traf, dass ein Meisterstück fast in jedem
Räume untergebracht werden konnte. Gleich im
ersten Saal sieht man die viel besprochenen Reliefs
vom Thron der Venus, archaischen Stiles und viel-
leicht das schönste griechische Originalwerk, welches
die Museen Roms besitzen. Wendet man sich nach
rechts, so sieht man im nächsten Gemach den ruhenden
Ares, den Gallier und sein Weib und endlich am
Schluss der Zimmerflucht schon aus der Ferne sicht-
bar das göttliche Haupt der Juno Ludovisi, die man
nicht betrachten kann, ohne an Goethe zu denken
und sein Entzücken zu teilen. Kehrt man ins erste
Zimmer zurück und schreitet man gerade aus, so
finden sich in den letzten drei Räumen der Kopf der
schlafenden Erinnys (nicht mehr wie früher an die
Wand gehängt, sondern auf ein Postament gelegt),
die Gruppe von Elektra und Orest und endlich im
letzten Saal eine Anzahl Römischer Porträtbüsten um
die Kolossalstatue des Antoninus Pius geschart. — Das
neue Museum wird alle Ansprüche seiner Besucher
befriedigen, sobald ihnen — wie zu hoffen ist —
Gelegenheit geboten sein wird, sich hier und dort
zu setzen. Zur Zeit geniessen nur die Custoden
dieses Vorrecht.

Und somit ist ein neues Stück der grossen Erb-
schaft der Antike der Stadt Rom zurückgegeben wor-
den. Wie wunderbar war hier der Aufschwung in
der Pflege der Denkmäler diese letzten Jahre! Die
Ausgrabungen auf dem Forum Romanum und in der
Engelsburg sind Ruhmestitel der modernen Hauptstadt
Italiens, und es ist zu hoffen, dass über kurz oder
lang auch die Schätze der Villa Borghese in Staat-
und Stadtbesitz übergehen werden. E. St.

GALERIE HERVORRAGENDER GEMÄLDE
ERSTER MEISTER
(Auktion Köln 5.—6. Nov. igol Lempertz' Söhne)
Man bekommt einen schweren Katalog, reich
illustriert, grösstes Format, mit einer Dosis Kunst-
gelehrtheit, die einen ins Staunen versetzt, mit einem
 
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