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Schönermark, Gustav [Hrsg.]
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 16): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Delitzsch — Halle a. d. S., 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.25510#0026
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Kreis Delitzsch.

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bereits 1207 und sodann 1222 urkundlich erwähnt;!) du genannten Jaiire
habe der Markgraf Conrad von Landsberg, im anderen Landgraf Ludwig von Thü-
ringen als \ornmndHeifirichs des Erlaucltten von Meissen ahbier Gerichts- und
Lelmstage abgehalten. Dass wendische Fürsten in Delitzsch sc-hmi Gerichtstage
ahgehalten haben, ist nicht erweisshch.
Delitzsch gehörte zum Ostcrlande, an dessen nordöstlicher Grenze es lag
(während Eilenburg zn Meissen und Bitterfeld zunr Herzogthum Sachsen, dem
späteren Kurkreise, gehörteil) und an dessen Geschichte es Thei! hat, sodass wir
diesbezüglich auf die Einleitung verweisen können. Als Stadt-) wird der Ort vor
dem 14. Jahrhundert nicht genannt (1006 zuerst) und erst von 1407 datirt der
älteste Innungsbrief, den die Schuh-, und Gerberknechte erhielten, eine Zunft,
deren Gewerbe bis auf den heutigen Tag in Delitzsch besonders blühend
geblieben ist. Die Entwicklung des Bürgerthums fand in der landesfürstlichen
Macht ein Hemmniss Der ständige Rath, welchem die Verwaltung der städtischen
Angelegenheiten und die Vertretung der Bürgerschaft oblag, war anfänglich vom
Fürsten eingesetzt worden und wählte seine Mitglieder unter nie versagter landes-
herrlicher Genehmigung selbst und auf Lebenszeit. Die Fähigkeit derZuwählendcn
war dem Rathe bei diesen Ergänzungswahlen maassgebend und daher nahm man
besonders nach der Reformation gern Leute mit wissenschaftlicher Bildung,
namentlich gern Lehrer. Die Stadtschreiberstelie war anfänglich mit dem Recto-
rate verknüpft. Solche Verhältnisse verhinderten das Entstehen einer Geschlechter-
herrschaft, wie sie beispielsweise in Halle bestand und so viel Unheil im Gefolge
hatte; sie gaben vielmehr dem Rathe ein Ansehen, welches wiederum auf die
Bürgerschaft günstig zurückwirkte. Die Stadt befand sich, wie ihre Ausgaben für
Confributionen und Kriegssteuern, für Darlehen an den Landesfürsten, für Ge-
schenke an vornehme Gäste, Schriftsteller und andere Personen sowie an ab-
gebrannte Ortschaften, endlich für Stiftungen u. s. w. bezeugen, während des ganzen
Mittelalters ja bis zunr dreissigjiiIrrigen Kriege — 1610 kaufte die Stadt sogar
Rittergüter — in guten Verhältnissen. Aber im dreissigjälnigen Kriege erlebte
auch sie ihr traurigstes Jahr. 1637 erloschen ganze Familien infolge der Kriegs-
plagen, sodass 1645 von 556 Einwohnern 145 Häuser bewohnt wurden, während
111 Gebäude verwüstet dalagen. Nach dieser Zeit hat aber die Stadt nicht wieder
zu gleicher Blüthe gelangen können, wiewohl die Einwohnerzahl, welche 1816 nur

!) Diese Erwähnung findet sich meines Wissens zuerst hei Wecke (4697): Beschreibung
der Stadt Dresden S. 486, wo freilich die Erkunden nicht namhaft gemacht sind. Es heisst
daselbst, dass 1207 zu „Dölitz (im Weissenfeldischen Bezirke)" und 1222 zu „Dolsz (wie
1207 geschehen)" ein Landtag gehalten sei. Es ist nun, wenn auch nicht wahrscheinlich,
doch wegen des „im Weissenfeldischen Bezirke" möglich, dass Delitz am Berge gemeint, sei.
— In einem Briete Ludwigs von Thüringen über den Besitz von Püchau der Oralen von
Brelma (abgedruckt in Schottgen's Historie der Stadl Wurzen S. 720) wird 1220 sowohl
Deliz als Deltz geschrieben.
3) Nach Laurentius Pecccnstein: 11. Theil des Theatrum Saxonicum 8.136 (Kr. XX V)
1608 wurde in einem Streite des Magdeburgischen Erzbischofs Erich mit den beiden An-
haitischen Fürsten Siegfried und Bernhard wegen des Schlosses Rhena, Siegfried 1276 „in
seinem Hoflager und Schloss Delitzsch" durch den Erzbischof belagert. Nach der Einnahme
des Schlosses kam der Ort an das Erzbisthum, dein es dann summt Bitterfeld der Markgraf
Dietrich von Landsberg entrissen haben soll.
 
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