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Schönermark, Gustav [Hrsg.]
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 16): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Delitzsch — Halle a. d. S., 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.25510#0124
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118

Kreis Delitzsch.

An die Glocke sind folgende drei Reiben unter einander geschrieben, von
denen jede einen gereimten Hexameter bildet: erste Reibe:
@ GISS fRAEA mORS dAPSA DV- DM1SVR- AKAIHSAPTA
andere Reibe:
@ AI2ARISAPTA FQR1S fRORTOQ DG1DG1RO Q^ORlgi)
letzte Reibe:
O I20S- dV (?) PRd(= plena) PIA BdDIdAT (—bcnedicat) VIRGO
R1AR1A ARldl? -

Das Notarikon Ananisapta bedeutet den Messias und wird gegen den bösen
Tod angerufen. Angesichts der nicht immer ganz deutlichen, aber ohne Itrthum
als Spiegelbild in den Mantellehm geschriebenen Buchstaben, möchten wir den Guss
um 1300 setzen.
Die Glocke von 0.58 m Durchmesser ist von langer, schlanker Form und
hat oben weder Reifen noch Zierrathe; sie ist, wenn nicht älter, so doch mit voriger
Glocke gleichzeitig.
Eine dritte Glocke mit 0,52 m im Durchmesser, hat eine ähnliche schlanke

Form, doch um den Hals vier so :


protilirte Reifen, zwischen denen keine

Unterschrift und kein Ornament ist. Schon die Protilirung der Reifen deutet auf
dieselbe Werkstatt hin, aus welcher die erste Glocke hervorgegangen ist.
Die letzte Glocke misst 1,20 m im Durchmesser und wird oben von vier
gedrehten Seilchen, deren Verknüpfungspunkte sich sichtbar abgeformt haben, um-
zogen. Zwischen diesen Schnüren sieht man vier schlecht zu erkennende Medaillons.
Die Glockenform ist von matter Conturirung und unten weit. Möglicherweise ist
diese Glocke ein halbes Jahrhundert jünger als die anderen.

Landsberg.
Städtchen von 1600 Eimvohnern, Station der Eisenbahnlinie Halle-Bitterfeld,
ist 15 km östlich von Halle in der nordwestlichen Ecke des Delitzscher Kreises
gelegen und zwar an der Westseite eines Porphyrfelsens, welcher die letzte be-
deutende Erhöhung der vom Petersberge gegen Osten ausgehenden Bergzüge bildet
Die Häuser gruppiren sich um eine dem h. Nicolaus geweiht gewesene Kirche, den
einzigen bemerkenswertben Bau älterer Zeit in der Stadt. Ob derselbe bereits vor
dem Jahre 1180 angelegt ist, bis zu welcher Zeit, wie unten weiter ausgeführt
werden wird, auf dem Porphyrberge eine bedeutende Burg erbaut wurde, und ob
also auch der Ort vor der Burganlage vorhanden gewesen ist oder erst sammt der
Kirche die Entstehung der Gründung der Burg verdankt, was das Wahrschein-
lichere sein dürfte, kann bestimmt nicht angegeben werden. Jedoch zeigt die
Stadtkirche Formen, welche bereits dem Uebergangsstile angehören, also vor das
Jahr 1180 wohl nicht fallen können. Es ist auch wahrscheinlich, dass für die zur

i) In seiner „Altersbestimmung der Glocken S. 18" hat der Verfasser nicht durchweg
richtig gelesen; er ist jedoch von Otte brieflich belehrt worden und hat dem bereits in der
Deutschen Bauzeitung vom 17. August 1889 Ausdruck gegeben.
 
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