Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schönermark, Gustav [Hrsg.]
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 16): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Delitzsch — Halle a. d. S., 1892

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.25510#0205
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Zschepplin.

199

Zschepplin.
Pfarrkirchdorf mit Rittergut, 4 km nördlich von Eilenburg gelegen, hat kaum
noch erkennbare wendische Dorfform. Die Kirche liegt im Dorte und ist völlig
in Backsteinen erbaut und zwar in spätgothischer Zeit, Der quadratische Thurm
ist oben in der Barockzeit verändert; er setzt sich in das Achteck um und schliesst
mit Kuppeldach und Laterne. Man bemerkt noch zwei spätgothische Fenster unten
in der Thurmwestwand. Das Erdgeschoss im Thurm ist mit einem einfachen
Kreuzgewölbe auf Diagonalrippen überspannt. Die Nordwand des Schilfes ist zu
zwei Pfeilern aufgelöst, uni einen verbreiternden Anbau daselbst zu ermöglichen.
Auch an der Nordwand des dreiseitig schliessenden Chores ist ein Ausbau, welcher
unten die mit einem rundbogigen Tonnengewölbe überspannte Sacristei, in der
gegen Osten eine Piscina liegt, und oben eine Kirchstube enthält. Der Chor ist
schmäler als das Schilf und mit einem Netzgewölbe überspannt. In seiner Nord-
wand befindet sich ein Sacramentsschrein, überdeckt von Gardinenbögen und um-
rahmt von sich durchdringendem spätgothischen Stabwerke. Der Taufstein ist
eine Arbeit der Frührenaissance. Ueber einer quadratischen Fussplatte, auf deren
Ecken wappenhaltende Engelchen sitzen, steigt ein sich verjüngender, rund wer-
dender Schaft auf, der sich dem Gefässe durch einen Wulst verbindet und unten
mit aufwachsenden Blättern geschmückt ist. Auch den schalenförmigen Boden
des Gefässes schmücken Blätter. An dem oben mit einigen Gliedern abschliessen-
den Gefässe sind folgende Reliefs, auf welche die über ihnen stehenden Sprüche
Bezug haben: 1. Der Durchgang durch das rothe Meer: links sieht man die ertrin-
kenden Aegypter, die eine wasserhosenartige Wolke von den sicher und trockenen
Fusses unter Mosis Leitung durch das Wasserbett marschirenden Juden trennt.
2. Die Beschneidung; rechts sitzt der Hohepriester und hält das Kind, vor dem
ein bärtiger Mann kniet, um die Beschneidung vorzunehmen; hinter diesen hält
ein Mann einen Kasten und dahinter steht Maria, die verhüllte Hand schamhaft
nach rechts haltend. Auch Joseph steht dabei. 3. Taufe Christi; der Heiland
steht im Jordan, über ihm die Taube, rechts ist Johannes der Täufer, links hält
ein Engel das Handtuch bereit. 4. Die Scene, welche überschrieben ist: lasset die
Kindlein zu mir kommen. Der Herr, ein Kind haltend, steht inmitten, links sind
die Jünger, rechts die Frauen in der Tracht des beginnenden 16. Jahrhunderts.
Erwähnenswerth ist auch der ziemlich gut und reich durchgebildete Broncekron-
leuchter, eine Arbeit des 17. Jahrhunderts.
Im Kircheninnern an der Südwand befindet sich das Epitaphium eines Herrn
von Ende *) welcher inschriftlich MDOXVIII gestorben ist. Dargesteilt ist unter
einem Kleeblattbogen ein Ritter in reich verziertem Harnisch. Die an sich nicht
üble Sculptur ist durch völlige Bemalung ausgezeichnet. Das Epitaphium eines
Herrn von Ende an der Ostwand stellt ebenfalls im Relief einen Ritter dar; die
Arbeit ist schon handwerklicher. 1629 ist die Enstehungszeit. In der gräflichen
Kirchstube steht ein ehemals an der Südwand befindlich gewesenes Steinepitaphium
von guter Arbeit aus der Zeit der Hochrenaissance. Zwei freistehende, canelurte
korinthische Säulen tragen ein risalitartig vortretendes Gebälk, welches sehr wohl

i) Diese Familie war früher im Besitze des Rittergutes.
 
Annotationen