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Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 2): Eingeweide (Einschliesslich periphere Leitungsbahnen, I. Teil) — Berlin, Heidelberg, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.15150#0434

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Samenleiter und -blasen.

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spezialisierte Genitaldrüsen vor uns, während im Nebenhoden doch nur das
übliche Epithel des Wandbelages Sekret liefert und nicht - - außer den intra-
epithelialen Drüsenblasen — besondere Drüsenkammern zu finden sind. Das
Sekret regt die Bewegungen der Samenfäden an, allerdings nicht so stark wie
der Prostatasaft, durch welchen die Spermien erst ihre volle Beweglichkeit er-
halten. Es gesellt sich ihnen zu und bildet mit dem Sekret der Genitaldrüsen der
äußeren Geschlechtsorgane zusammen die eigentliche Samenflüssigkeit. Fehlen
die Samenfäden mfolge Atrophie der Samenkanälchen im Hoden oder bei wieder-
holter Kohabitation, so kann das Sekret der Genitaldrüsen allein ejakuliert werden.

Die Musculoelastica der Ampulle ist annähernd so stark wie beim Samen-
leiter. Die Schleimhaut ist in viele Fältchen gelegt und dringt peripherwärts
in die Kammern ein, welche teils in der Tunica propria der Schleimhaut hegen,
teils labyrinthartig verzweigt in die Muskelhaut eingenistet sind. Das zylindrische
bis kubische Epithel dieser Kämmerchen liefert das Sekret der Ampullen, das
in Form von Körnchen im Zelleib vorgebildet liegt. Auch das Oberflächen-
epithel ist ähnlich beschaffen und scheint zu sezernieren, nur sind die Zellen
hochzylindrisch.

Die Samenblasen, Vesiculae seminales, sind in erster Linie Drüsen
wie die Ampullen. Die Samenfäden, welche die Ampulle passieren müssen,
um in das männliche Glied zu gelangen, treten in die Samenblasen wie in einen
Überlauf ein, müssen also denselben Weg wieder zurück, den sie gekommen
sind (ähnlich wie die Galle aus der Gallenblase). Man findet beim geschlechts-
reifen Mann die Lichtung der Samenblase immer mit Sekret gefüllt und dieses
häufig ganz durchsetzt mit Samenfäden. Letztere können auch fehlen oder
spärlich sein; die Samenblase ist also kein Receptaculum seminis schlechthin
wie ähnlich gelagerte Organe bei manchen Tieren, sondern sie ist dauernd als
Drüse und nur akzidentell als Spermabehälter benutzt. Ihr Name darf darüber
nicht täuschen.

Äußerhch ist sie mit einem einheitlichen Bindegewebsmantel bedeckt, so daß
die komplizierten inneren Windungen ausgeglichen erscheinen. Die Oberfläche
ist wohl höckerig, erscheint aber wie ein spindeliger Körper, welcher der Ainpulle
außen anliegt und ihrer Richtung folgt (Abb. 219, links). Das distale Ende ist
abgestumpft, das proximale zugespitzt; es schließt sich eng dem Samenleiter
an. Wo dieser in die Prostata eintritt, mündet die Samenblase seiner Körper-
seite in ihn. Nimmt man die Bindegewebshülle und die derben Septen, welche
von ihr in das Innere eindringen, mit dem Messer weg, so läßt sich der wahre
Verlauf des anscheinend kurzen weiten Schlauches erkennen. Er ist viel dünner
und länger als es den Anschein hat, ist zickzackartig gewunden (Abb. 219,
rechts) und am Ende umgeschlagen. Die U:nschlagstelle entspricht dem an-
scheinenden distalen stumpfen Ende des intakten Organes. Von hier aus ver-
läuft der Schlauch häufig ungeteilt zurück auf die Prostata zu bis zur Mitte des
Samenbläschens im ganzen oder nicht ganz so weit; bei dem in Abb. 219 wieder-
gegebenen Individuum war der Schlauch gespalten, der kürzere Endast schmiegte
sich zwischen die Windungen des Hauptschlauches.

Die Musculoelastica der Wandung ist schwächer als beim Samenleiter und
bei der Ampulle. Die Schleimhaut kleidet nicht nur den gewundenen Gang aus,
sondern formt zahlreiche Buchten und Kämmerchen ähnlich dem Relief der
Gallenblase, nur noch viel komplizierter und labyrinthärer als dort. Die Zwischen-
wände zwischen den Nischen sind größtenteils elastisch, enthalten daneben
spärliche kollagene Fasern und glatte Muskelzellen. Das Epithel entspricht dem
der Drüsenkammern der Ampulle; es ist von vielen gelben Pigmentkörnchen
erfüllt. Das Sekret ist zäh gelatinös, es gleicht gequollenen Sagokörnern. Che-
■ misch ist es ein Eiweißkörper (Globulin).
 
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