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Happel, Eberhard Werner; Wiering, Thomas von [Bearb.]; Härtel, Zacharias [Bearb.]
E.G. Happelii Gröste Denkwürdigkeiten der Welt Oder so genannte Relationes Curiosæ (Der fünfte Theil): Worinne fürgestellet und angeführet werden Die Merckwürdigste Historien und Geschichte Der vorigen und jetzigen Zeiten/ welche sich auff diesem grossen Schau-Platze der Welt zugetragen: Dabey auch die sehr blutige und merckwürdige Auffzüge der vorigen eiferigen Christen nach dem Hl. oder gelobten Lande/ in sieben wunderseltzamen Creutz-Fahrten abgehandelt sind: Allen und jeden curieusen Liebhabern zur Lust/ Lehre und Nachricht in Druck verfertiget/ und mit schönen Kupffern und Contersaiten durchgehends gezieret — Hamburg: Gedruckt und verlegt durch Thomas von Wiering, 1691 [VD17 12:109624Z]

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https://doi.org/10.11588/diglit.67343#0620

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I§o. 70

LvkiosL.

55Z

Die ruhmwürdige Keuschheit.

CataneL einerStadt in5icilien,wohnete
WL ein Bürger mittelmässigen Standes/t.i-
ear genannt / welcher eine einige Tochter hatte/
so karaä-L hieß / deren Schönheit so viele Her-
tzen an sich zohe / als ihres Vaters Armuth we-
gen davon getrieben wurden ; Unter anderen
Zreyern fand sich auch ein jungerEdelmanni'L-
tiu§genannt/ Reich und von vornehmenGe,
schlechte.Diefer/weil er sahe/daß diesesMädges
Schönheit mit Gottes-Furcht unterstützet war/
und daß ohne eine ehrliche Ehe-Verlöbnüß bey
ihr nichts außzurichten seyn würde / entschloß
sich dieselbe zu Ehelichen / und solche seine Mey-
vung offenbahrete er ihren Eltern/welche solche
Vorschlag als eine grosse Ehre erkandten / und
darinn gerne willigten / das Mädgen war auch
willig dazu/und also berührte es nur in derVoll-
ziedung dieses Wercks.
Gleich wie sich allezeit bey den Bienen auch
Hummeln einfinden / also ging es auch hier zu z
Ein anderer Edelmann / mit Nahmen s-nrrus
viel reicher und von grösserer Freundschafftals
l'stius.und der gantz verliebt auffksraclea war/
trachtete diese Heyrath zu zerstöhren. Biß hirzu
hatte er sich nur gegen derselbe verliebt erzeiget/
weil er aber sähe / daß mit diesem Kleide nicht
durchzukommen war/ so dachte erauffandere
Mittel/ dann seine geile und unmässige Arth/
hatte dem Mägden so übel gefallen / daß unter
allen Anffwärtern/so sie hatte/sie keine ungerner
als diesen sehen möchte/derowegen erdachte die-
ser Bößwrcht das Mittel unter dem Schein ei-
ner ehrlichen Heyrath/ diese unschuldige Taube
in fein Netz zu bringen / dann weil er wie vorge-
dacht reicher und edler von Geschlecht als i'a-
rinrwar/ so bildete er sich feste ein/ ihre Eltern

OlnLtu? hatte schon eine geraume Zeit etliche
Banditen zu seinem Dienst erkauffet/ auch
eine Magd in Hause durch Geschencke
lorv, v.

würden das erste Gelübde leichtlich wiederruf-
fen und seinen Vortrag annehmen; und wann
er dann vors erste solch Ehe-Gelübde zerbreche/
machte er sich die Hoffnung/ daß er endlich Ge-
legenheit sinden würde/ sein Vorhaben ohne die
Ehe zu vollführen. Diesem nach trug er seinGe-
werb dem Vater für / welcher aber als ein redlis
cherMann bey seinem einmahl gegebenemWor-
te bleiben und solches keinesweges wiederuffe«
wolte; er entschuldigte sich mit höfflichen Wor-
ten / und sagte wie er ihm ewig verpflichtet blei-
ben würde / weil er sein Hauß so hoch geschätzett
und seine Augen auff seine arme Tochter schla-
gen wollen. Linarus dem seine Ohren nach kei-
nen compiimemen stunden / ward über solcher
Antwort bestürtzet/er kunte doch wider des Va-
ters rechtmässigen Vorwand nichtes thun/ de-
rohalben zog er mit einer langen Nasen ab / ver-
lohr aber den Vorsatz keineswegs/seine incUnL-
rion-es koste auch was es wolle/zn geniessen. Er
ging mit sich selbst zu rathe / und überlegte hi«
und her / wie er seine Sachen anschlagen solle/
aber er hatte sich so bald zu keinem Endschluß
reloivircr, da schon hundert Hindernüffeu
ihm wiederumb den Weg verlegten. Er hätte
seinen Mit Buhler larium gerne vom Brod
geholffen/ allein eines Theils ging derselbe nie
ohne gute Gesellschafft aus / zudem war sinrrus
so einfältig nicht / daß er nicht hätte abnehmeu
sollen/ daß der Todt dieses Jünglings ihm ohne
Zweifel den Seinigen bereiten würde; endlich
entschloß er sich das Mädgen zu entführen/ und
hiezu erwartete er nur Gelegenheit sein boßhaff-
res Vorhaben zu bewerckstelligen » Worauff
dann geschähe:

Der unglückselige Jungfern Raub.
! auff seine Seiche bekommen / welche ihm eines
Tages unverhofft die Zeitung brachte: es wäre
! nunmehro Zeit sein Vorhaben zu vollführen/
' dann
 
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