I§o. 70
LvkiosL.
55Z
Die ruhmwürdige Keuschheit.
CataneL einerStadt in5icilien,wohnete
WL ein Bürger mittelmässigen Standes/t.i-
ear genannt / welcher eine einige Tochter hatte/
so karaä-L hieß / deren Schönheit so viele Her-
tzen an sich zohe / als ihres Vaters Armuth we-
gen davon getrieben wurden ; Unter anderen
Zreyern fand sich auch ein jungerEdelmanni'L-
tiu§genannt/ Reich und von vornehmenGe,
schlechte.Diefer/weil er sahe/daß diesesMädges
Schönheit mit Gottes-Furcht unterstützet war/
und daß ohne eine ehrliche Ehe-Verlöbnüß bey
ihr nichts außzurichten seyn würde / entschloß
sich dieselbe zu Ehelichen / und solche seine Mey-
vung offenbahrete er ihren Eltern/welche solche
Vorschlag als eine grosse Ehre erkandten / und
darinn gerne willigten / das Mädgen war auch
willig dazu/und also berührte es nur in derVoll-
ziedung dieses Wercks.
Gleich wie sich allezeit bey den Bienen auch
Hummeln einfinden / also ging es auch hier zu z
Ein anderer Edelmann / mit Nahmen s-nrrus
viel reicher und von grösserer Freundschafftals
l'stius.und der gantz verliebt auffksraclea war/
trachtete diese Heyrath zu zerstöhren. Biß hirzu
hatte er sich nur gegen derselbe verliebt erzeiget/
weil er aber sähe / daß mit diesem Kleide nicht
durchzukommen war/ so dachte erauffandere
Mittel/ dann seine geile und unmässige Arth/
hatte dem Mägden so übel gefallen / daß unter
allen Anffwärtern/so sie hatte/sie keine ungerner
als diesen sehen möchte/derowegen erdachte die-
ser Bößwrcht das Mittel unter dem Schein ei-
ner ehrlichen Heyrath/ diese unschuldige Taube
in fein Netz zu bringen / dann weil er wie vorge-
dacht reicher und edler von Geschlecht als i'a-
rinrwar/ so bildete er sich feste ein/ ihre Eltern
OlnLtu? hatte schon eine geraume Zeit etliche
Banditen zu seinem Dienst erkauffet/ auch
eine Magd in Hause durch Geschencke
lorv, v.
würden das erste Gelübde leichtlich wiederruf-
fen und seinen Vortrag annehmen; und wann
er dann vors erste solch Ehe-Gelübde zerbreche/
machte er sich die Hoffnung/ daß er endlich Ge-
legenheit sinden würde/ sein Vorhaben ohne die
Ehe zu vollführen. Diesem nach trug er seinGe-
werb dem Vater für / welcher aber als ein redlis
cherMann bey seinem einmahl gegebenemWor-
te bleiben und solches keinesweges wiederuffe«
wolte; er entschuldigte sich mit höfflichen Wor-
ten / und sagte wie er ihm ewig verpflichtet blei-
ben würde / weil er sein Hauß so hoch geschätzett
und seine Augen auff seine arme Tochter schla-
gen wollen. Linarus dem seine Ohren nach kei-
nen compiimemen stunden / ward über solcher
Antwort bestürtzet/er kunte doch wider des Va-
ters rechtmässigen Vorwand nichtes thun/ de-
rohalben zog er mit einer langen Nasen ab / ver-
lohr aber den Vorsatz keineswegs/seine incUnL-
rion-es koste auch was es wolle/zn geniessen. Er
ging mit sich selbst zu rathe / und überlegte hi«
und her / wie er seine Sachen anschlagen solle/
aber er hatte sich so bald zu keinem Endschluß
reloivircr, da schon hundert Hindernüffeu
ihm wiederumb den Weg verlegten. Er hätte
seinen Mit Buhler larium gerne vom Brod
geholffen/ allein eines Theils ging derselbe nie
ohne gute Gesellschafft aus / zudem war sinrrus
so einfältig nicht / daß er nicht hätte abnehmeu
sollen/ daß der Todt dieses Jünglings ihm ohne
Zweifel den Seinigen bereiten würde; endlich
entschloß er sich das Mädgen zu entführen/ und
hiezu erwartete er nur Gelegenheit sein boßhaff-
res Vorhaben zu bewerckstelligen » Worauff
dann geschähe:
Der unglückselige Jungfern Raub.
! auff seine Seiche bekommen / welche ihm eines
Tages unverhofft die Zeitung brachte: es wäre
! nunmehro Zeit sein Vorhaben zu vollführen/
' dann
LvkiosL.
55Z
Die ruhmwürdige Keuschheit.
CataneL einerStadt in5icilien,wohnete
WL ein Bürger mittelmässigen Standes/t.i-
ear genannt / welcher eine einige Tochter hatte/
so karaä-L hieß / deren Schönheit so viele Her-
tzen an sich zohe / als ihres Vaters Armuth we-
gen davon getrieben wurden ; Unter anderen
Zreyern fand sich auch ein jungerEdelmanni'L-
tiu§genannt/ Reich und von vornehmenGe,
schlechte.Diefer/weil er sahe/daß diesesMädges
Schönheit mit Gottes-Furcht unterstützet war/
und daß ohne eine ehrliche Ehe-Verlöbnüß bey
ihr nichts außzurichten seyn würde / entschloß
sich dieselbe zu Ehelichen / und solche seine Mey-
vung offenbahrete er ihren Eltern/welche solche
Vorschlag als eine grosse Ehre erkandten / und
darinn gerne willigten / das Mädgen war auch
willig dazu/und also berührte es nur in derVoll-
ziedung dieses Wercks.
Gleich wie sich allezeit bey den Bienen auch
Hummeln einfinden / also ging es auch hier zu z
Ein anderer Edelmann / mit Nahmen s-nrrus
viel reicher und von grösserer Freundschafftals
l'stius.und der gantz verliebt auffksraclea war/
trachtete diese Heyrath zu zerstöhren. Biß hirzu
hatte er sich nur gegen derselbe verliebt erzeiget/
weil er aber sähe / daß mit diesem Kleide nicht
durchzukommen war/ so dachte erauffandere
Mittel/ dann seine geile und unmässige Arth/
hatte dem Mägden so übel gefallen / daß unter
allen Anffwärtern/so sie hatte/sie keine ungerner
als diesen sehen möchte/derowegen erdachte die-
ser Bößwrcht das Mittel unter dem Schein ei-
ner ehrlichen Heyrath/ diese unschuldige Taube
in fein Netz zu bringen / dann weil er wie vorge-
dacht reicher und edler von Geschlecht als i'a-
rinrwar/ so bildete er sich feste ein/ ihre Eltern
OlnLtu? hatte schon eine geraume Zeit etliche
Banditen zu seinem Dienst erkauffet/ auch
eine Magd in Hause durch Geschencke
lorv, v.
würden das erste Gelübde leichtlich wiederruf-
fen und seinen Vortrag annehmen; und wann
er dann vors erste solch Ehe-Gelübde zerbreche/
machte er sich die Hoffnung/ daß er endlich Ge-
legenheit sinden würde/ sein Vorhaben ohne die
Ehe zu vollführen. Diesem nach trug er seinGe-
werb dem Vater für / welcher aber als ein redlis
cherMann bey seinem einmahl gegebenemWor-
te bleiben und solches keinesweges wiederuffe«
wolte; er entschuldigte sich mit höfflichen Wor-
ten / und sagte wie er ihm ewig verpflichtet blei-
ben würde / weil er sein Hauß so hoch geschätzett
und seine Augen auff seine arme Tochter schla-
gen wollen. Linarus dem seine Ohren nach kei-
nen compiimemen stunden / ward über solcher
Antwort bestürtzet/er kunte doch wider des Va-
ters rechtmässigen Vorwand nichtes thun/ de-
rohalben zog er mit einer langen Nasen ab / ver-
lohr aber den Vorsatz keineswegs/seine incUnL-
rion-es koste auch was es wolle/zn geniessen. Er
ging mit sich selbst zu rathe / und überlegte hi«
und her / wie er seine Sachen anschlagen solle/
aber er hatte sich so bald zu keinem Endschluß
reloivircr, da schon hundert Hindernüffeu
ihm wiederumb den Weg verlegten. Er hätte
seinen Mit Buhler larium gerne vom Brod
geholffen/ allein eines Theils ging derselbe nie
ohne gute Gesellschafft aus / zudem war sinrrus
so einfältig nicht / daß er nicht hätte abnehmeu
sollen/ daß der Todt dieses Jünglings ihm ohne
Zweifel den Seinigen bereiten würde; endlich
entschloß er sich das Mädgen zu entführen/ und
hiezu erwartete er nur Gelegenheit sein boßhaff-
res Vorhaben zu bewerckstelligen » Worauff
dann geschähe:
Der unglückselige Jungfern Raub.
! auff seine Seiche bekommen / welche ihm eines
Tages unverhofft die Zeitung brachte: es wäre
! nunmehro Zeit sein Vorhaben zu vollführen/
' dann