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Der weissagende Papagoi
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HMAs die Weissagung au sich sey/ und was
WV Wunder-Dinge sie offtermahls an den
Lag geleget habe/davon können uns so wohl die
geistlichen als weltlich? GeschichL-Bücher/fatfa-
Zue Nachricht.ertheilen. Merckwürdig ist es/
«nd verdienet meines Erachtens eines höhern
Nachsinnens / daß dergleichen wunderwürdige
Weissagungen auch durch geringe und verächt-
liche Thierlein zu weilen werckstellig gemachet
worden. König keriäun in Persien/ hatte unter
vielen Königlichen Zeitvertreibern und Crlusti-
tzungen/auch einen seltzamen und wunderwürdi-
gen Papagoien / welcher wegen feiner possierli-
chen und seltzamen Auffzüge/dem Könige offter-
rnahls grosse Ergetzligkeit und Zeitvertreib ver-
rrrsachete: Es war selbiger durch sonderbahren
Vleiß und Mühe dermassen wohl abgerichtet/
Daß er alles was er sähe und hörete/nach derPer-
Panischen Sprache / fürbringen und erzchlen
runte. Zu dem Ende hatte auch der König ei-
nen besonder» Wärter und Auffseher verord-
uet/denselben fleissig in acht zu nehmen / damit
ihme ja nichts widerliches zukäme/ oder gar nm
das Leben kommen möchte; Und weil der Kö-
nig sein besonderes Vergnügen daran hatte/
ließ er ihme einen überaus prächtigen und kost-
barenKäfig verfertigen/welcher auf die 600000
Cronen geschäht wurde: In diesem Königli-
chen Zierrathe und prächtigen Behältnüsse/ließ
er ihn nun allewege / und sonderlich indenver-
drüßlichen Feld-und Krieges-Lägern / mit her-
um führen / um fürnehmlich daselbst seine me-
lancholische / unlustige Gedancken zu äiveru-
ren / welches auch öffters mit höchster Vergnü-
gung geschähe. Indessen aber hatte dem Köni-
ge ein berühmter StermKünstler/ehe er diesen
Krieg wider den Egyptischen Sultan fürge-
«ommen/ ins Ohr geruffen / daß er diesen Feld-
zug wider die Egyptischen Saracenen / zwar
glücklich fürnehmen/und mit grossen Ruhm und
Ehre vollenden würde; Jedoch aber selbst die
Ehre und das Glück nicht haben/seineKönigli-
che Residentz und Hoffstadt wieder zu sehe».
Dabey gab er ihm noch dieses Merckmahk / -aß
ehe und bevor er aber sterben/ und durch die
Thür des Todes passiren würde/ noch eine son-
öerbahre Kurtzweile und Freude/worüber er
hertzlich würde lachen müssen/ haben solte/ nach
diesem aber möchte er sich wohl in acht nehmen,
weil er nicht wissen tönte die Arth und Weife
seines Todes - Demnach gedachte der König
allemahl und bey aSen kurtzweiligen Ausszügen/
an diese geschehene Erinnerung: Und weil er
ohnedem von Natur einer sehr ernsthafftcn un-
ansehnlichen Oom^lexjon war / sähe man ihn
selten lachen - weil ihme über daß das Lache«
noch so theuer solte versaltzen werde/ enthielte er
sich nachArth derAbergläubis. Heyden undTür-
cken/welche doch jederzeit von so lächerliche Vw
nitaten vielWesens gemacht haben vollens alles
Laches/mochte jedoch wol leyde/ daß andere der-
gleichen in seinerGegenwart thäten / seine allzu
grosse Ernsthafftigkeit dadurch zu unterbreche»
und zu erlustigen. In Erwegung dessen/ erim
nerte einmahl den König ein vornehmer Kö-
nig!. Bedienter / daß er dieser nichtigen Weissa-
gung keinen Glauben beymessen solte / viel we-
Niger sich in so enge und zweifelmürhige Ge-
dancken einschliessen lassen / ein stetiger Sclave
seiner Gedancken und äkkeLen zu seyn / welches
ohne grosse Betrübnüß und Schwermüthigkeit
nicht abgehen könte/so daß der König auch selbst
gestund / wenig oder nichts darauff zu halten/
zumahl ihme dergleichen Weissagungen viele
nicht eingetroffen hetten. Solcher Gestalt setz-
te er seinen Krieg nach wie vor eiferrg fort / un-
hatte das Glück ziemlich auff seiner Seiten / so
daß er die Feinde zu unterschiedenen mahle«
glücklich schlug/ und derer eine grosse Menge er-
legete/auch viele Grosse gefangen bekam. Unter
diesen fund sich auch nun ein fürneßmer Sara-
cenis.Fütste aus Egypten/welchem dasGefäng-
nüß überaus verdrießlich fürkam/ so daß er auff
alle erdenckliche Weise und Wege bedacht war/
Mm mm sei»