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Happel, Eberhard Werner; Wiering, Thomas von [Oth.]; Härtel, Zacharias [Oth.]
E.G. Happelii Gröste Denkwürdigkeiten der Welt Oder so genannte Relationes Curiosæ (Der fünfte Theil): Worinne fürgestellet und angeführet werden Die Merckwürdigste Historien und Geschichte Der vorigen und jetzigen Zeiten/ welche sich auff diesem grossen Schau-Platze der Welt zugetragen: Dabey auch die sehr blutige und merckwürdige Auffzüge der vorigen eiferigen Christen nach dem Hl. oder gelobten Lande/ in sieben wunderseltzamen Creutz-Fahrten abgehandelt sind: Allen und jeden curieusen Liebhabern zur Lust/ Lehre und Nachricht in Druck verfertiget/ und mit schönen Kupffern und Contersaiten durchgehends gezieret — Hamburg: Gedruckt und verlegt durch Thomas von Wiering, 1691 [VD17 12:109624Z]

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.67343#0793

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dlo. 89
Die zum Buten erstorbene Jugend

705

vornehmer Kauffmann in Böhmen/
hatte einen ungeschickten und albernen
Sohn / welcher nichts lernen noch begreiffen
Volte. Der Vater übergab ihn einem gelehrten
Md weisenManne/wcil er selbst/seinerGefchäff-
te halber/keine gebührende Auffsicht auff ihn ha-
ben kunte/und begehrte/daß er ihn in gutenSik-
ten/ Künsten und Tugenden unterweisen solle/
vielleicht möchte derKnabe dadurch umgekehrt/
und wiewohl öfftecs geschehen / ein kluger und
geschickter Mann aus ihm werden. Der Lehr-
meister versprach solches / und versaumete auch
keine Zeit und Gel-genheit / den Knaben nack-
aller Mügk'gkeit/ auff die Tugend- und Sitten-
Bahn zu führen / und hatte ihn eine lange Zeit
in der Sitten-Cur/thäte auch mit lehren und er-
mahnen täglich seinen Fleiß / es war aber alles
vergebens und umsonst. Und dieser wegen wol-
le der Lehrmeister den Knaben nicht länger bey
sich behalten/ schickte demnach dem Vater seinen
Sohn wieder nach Hause/mit diesem Berichte/
daß alles verlohren und umsonst an ihn gewand
würde / und daß er nimmer klug und weise wer,
dm würde / es möchte es einer machen oder an-
faugen auch wie er wolte/ und wenn es auch der
allerklügeste und weiseste Lehrmeister/ so unter
der Sonnen zu finden / würde er doch in dieses
alberne und unfähige Gefässe/ keine Weißheit
dringen können/ja er würde viel eher selbst zu ei-
mm Narren und Unweisen darüber werden/als
einen weisen und verständigen Mann / mit der
Zeit daraus erziehen. So viel vermag die Na-
tur bey einem Menschen! Ist die Natur bey ei-
nem Knaben gut und geschickt/ so lehret und ler-
net sichs wohl / und gehets ohne grossen Nutzen
Und Zunehmen nicht ab; Und solcher Gestalt
kömmet es mit demjenigen / welches der kluge
Lehrmeister Philip Melanchthon öffters Zusa-
gen pflegen/gar wohl überein:
Ist ein rauher Edelstein
In sich gut/bewehrt und fast/
Daß er sich poliren läst/
So wird er wohl -lat und fein»
Tom. V.

Eisen daß nicht fest und gut /
Wird wohl nimmer hell' und klar /
Ob man auch ein gantzes Jahr
Stein undFcilen dran verthut.
Wenn man auch nach Mecha treibt/
Christus Esel/wird er nicht
Dadurch besser abgericht/
Weil er stets ein Es l bleibt.
Wie nun der betrübte Vater / nebst seinem
dummen und albernen Sohne/ diese traurige
Nachricht erhielte / kränckte es ihn im Hertzen
sehr/ daß aller Unterricht / Lehre und Vermah-
nung nichts verfangen/ und daß er / wie man Z«
reden pflegte / weder zu sieden noch zu braten
taugte: Dannenhero unterließ er selber nicht /
denselben täglich zu erbauen/und so viel möglich
in Kunst undGeschickligkeit zu unterweisen/daß
er was redliches lernen und begreiffen solte; Jn-
massen dann anff die Güter dieser Welt/ als
Reichthum/ Macht/ Ehre und Gewalt/ gar
nicht zu bauen/ die Hoheit und Ansehen / sagte
derVater zumSohne/daß du zuHause hast/und
dir die Bedienten meinetwegen erweisen müs-
sen/ wird äusser demHause und Stadt-Mauer/
mit dir nicht wandern: Gold undSilber leidet
Gefahr auffReisen; Eskan eseinRäuber auf
einmahl wegnehmen/oder man kan es verlieren/
oder sonst hindurch bringen / und wo bleibst
du alsdann / wann du ohne diesen Geferte»
ohne Tugend und Geschickligkeit bist: Kunst
aber ist ein beständiger und immerwerender
Brunne: Denn obschon ein Künstler / der was
rechtschaffenes gelernet/ seine Haab und Güter
verlieret / darff er sich doch deßwegen nicht zu
Tode grämen/denn seineKunst/die nicht von ab-
Händen kommen kan / ist ihme alsdann Reich-
thums genug: Zu dem wird ein Kunst,Erfahr-
ner und Geschickter Mensch / wo er nur hi«
kömpt/ geliebet/ geehret und vor andern herfür
gezogen. Hergegen aber/ein dummer / alber-
ner/ unverständiger und unwissender Mensch /
der nichts weiß und verstehet/ auch sich auff
nichts gewisses geleget hat / wird nirgends fin-
Rrrr de»
 
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