Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Happel, Eberhard Werner; Wiering, Thomas von [Bearb.]; Härtel, Zacharias [Bearb.]
E.G. Happelii Gröste Denkwürdigkeiten der Welt Oder so genannte Relationes Curiosæ (Der fünfte Theil): Worinne fürgestellet und angeführet werden Die Merckwürdigste Historien und Geschichte Der vorigen und jetzigen Zeiten/ welche sich auff diesem grossen Schau-Platze der Welt zugetragen: Dabey auch die sehr blutige und merckwürdige Auffzüge der vorigen eiferigen Christen nach dem Hl. oder gelobten Lande/ in sieben wunderseltzamen Creutz-Fahrten abgehandelt sind: Allen und jeden curieusen Liebhabern zur Lust/ Lehre und Nachricht in Druck verfertiget/ und mit schönen Kupffern und Contersaiten durchgehends gezieret — Hamburg: Gedruckt und verlegt durch Thomas von Wiering, 1691 [VD17 12:109624Z]

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.67343#0542

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
No.6i

R.Ll.äi'ionxz evLiosL

481

Die mühstelige Belagerung.

HMAchdem nun beyde Theilesich vorgedach-
ter massen beprüfet hatten/ war ihnen auf
eine Zeitlang die Lust vergangen einander anzu-
greiffen / und gedachten nur sich zu verstär-
ken ; Saladin ließ aus allen seinen Landern
frische Hülff-Troupen heran rücken / und die
Christen begruben sich aufs beste vor derStadt/
versahen sich auch dergestalt mit eomravaUau-
0N8-L.inien, daß sieso wohl hinter- als vorwerts
einen Feind abhalten kunten; Alle Posten wur-
den unter die anwesenden Creutz-Fahrer ver-
teilet/ wovonjeder einen zu beschirmen un dem
Feinde daraus Abbruch zu thun annahm; Ob
nun wohl dieChristen die Stadt gar genau um-
schlossen hatten/ und ihr bestes thaten dieselbe
zu gewinnen / so verzog sich doch umb dreyer
Haupt-Ursachen willen die Eroberung fast drey
Jahr lang. Die erste Ursach war/ daß Saladin
ohn unterlaß frischeVölckerausAfrica undAsia
an sich zohe/wvrmit er der Belagerer Linien an-
griff/wann sie die Stadt zu bestürmen anfingen/
wodurch der Christen Macht verteilet wurde/
daß sie ihrenZweck nie erreichen mochte.Zum an-
dern / so bestünde die Besatzung aus dem Kern
des Saladinischen Lagers/unter derAnführung
Karakos/welchen Saladin für den erfahrensten
seiner Haupt-Leute hielte / und unter welchen er
selbst das Soldaten Handwerck erlernet hatte.
Dieser thatejederzeit solche grausame Außfalle/
zerstöhrete der Belagerer Wcrcke / verbrandte
ihre mit grosser Mühe verfertigte höltzerne
Thürme und Casteele / daß sie nach Verlust der-
selbe un einer grossenMenge Volcks/sich allezeit
noch wieder zu Anfänge ihres Wercks sahen.
Dieser langsahme Fortgang setzte viele Christen
in vesperatioli- daß sie vollerUnmuths wie,
der nach demWesten kehreten/welches unter an-
dern auch der Land-Graff thäte / nachdem die
Belagerte ihm einen höltzernen Thurm / woran
er unglaubliche Arbeit gethan/ indem er solchen
höher als die Stadt-Mauern auffgeführet / an,
lom. v.

gezündet und verbrandt hatten; Diese unver«
hoffte Abreise verursachte dem guten Land-Gra-
fen einen bösen Nachklang / indem man ihm be-
schuldigen wolte/ daß er Geld vom Saladin ge-
nossen und dafür zugelaffen diese erschreckliche
KriegMüstung zu verbrennen. Die dritte
und grösseste Ursach dieser langsamen Belage,
ru ng war / daß nachdem des Saladins Egypti-
scheFlotte-Meister in derSee war/ sie ab und zu
Succurs an Volck und Proviant in die Stadt
brachte. DieChristen hatten zwar bißhero noch
keinen Haupt-Mangel weder an Volck noch
Proviant gehabt / dann Denig Tage nach der
Schlacht bekäme sie einen Succurs von isooo
Fuß-Knechten und 500 Reutern sambt einer
Menge allerhand Lebens-Mittel/ so kamen auch
im erstenIahr siber soo Schiffe ans derPoulje/
von Calabrien un Sicilien/mit Vivres/ welche
nach gethaner Außkadung ihrer Fracht/ wieder
nach Hause kehreten/ dessen noch mehr zu holen.
Allein/ weil wie gedacht / Saladin Meister zur
See Dar/ wozu der Todt desKönigs Wilhelmi
vonSicilie viel halff/so hatte dieBelagerte alles
überflüssig/dahingegen dieBelagerer eine solche
Hungers-Noth erlitten / daß sie das verreckte
Vieh aufffraffen / dahero auch ein Theil des La-
gers/wieder den Willen ihrer Haupt-Leute/und
in Unordnung dasSaladinische Lager anfielen/
in Meynung aus demselben Vorrath zu erlan,
gen / allein an statt desselben verfielen sie in die
von Saladyn ihnen gestelleke Stricke / und
wurden hauffenweise erleget; endlich brach-
te der tapfere Marggraff von Montserrat zu
Wege/ daß nach seiner Wiederkunfft von i>us
alwo er seine Flotte in Ordnung gebracht / die
Saladynischen angegriffen/ zerstreuet/ und mit
dem eingeladenenVorrath das verhungerte La-
ger gespeiset und erquicket wurde. Einige Tage
hernach erlangeten die Christen einen neuen
Succurs von außerlesener Mannschafft unter
der Anführung des jungen Henrichs Grafen
Nnn von
 
Annotationen