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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 8.1897

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Minkus, Fritz: Von der Alt- und Neu-Haller Ausstellung in Hall in Tirol
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Künstler und Kunstgewerbe auf der Pariser Welt-Ausstellung im Jahre 1900
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https://doi.org/10.11588/diglit.7395#0099

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5eite 68.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

zum Ziel gelangen! — Ebensowenig braucht ein Volk, das seit jeher
das Schnitzmesser geführt hat, wie dies leider unsinniger Meise schon des
öfteren versucht ward, mit einem Male zu einer Malernation umgemodelt
zu werden, — es läßt sich auch nicht dazu ummodeln l Das zeigte bei-
spielsweise die hübsche und interessante Ausstellung der Haller Fach-
schule für Schnitzerei; während die wenigen Zeichnungen, die sie aus-
wies, in jedem Strich die ungeheure Mühseligkeit verrathen, mit der eine
des Zeichenstifts ungewohnte Hand die allereinfachsten geometrischen Muster
zusammenkritzelt, zeigten geradezu virtuos geschnitzte Holzfiguren, schwung-
volle Haut-Relief-Vrnamente und saubere Flachschnitt-Arbeiten mit welch
spielender Leichtigkeit der Epigone endloser Generationen von Schnitzern das
härteste Holz seiner Kunst nnterthan macht!

Tirol kann stolz sein auf seine altererbte Kunstfertigkeit: möge sich
seine moderne Kunstindustrie die Muster im alten heimischen Kunstgewerbe
holen, ohne es blindlings, unpraktisch zu koxiren — ohne aber auch in die
Ferne zu schweifen, denn das Gute und Schöne liegt hier so nah! —

März-Heft.

lichen Truppe lese ich den Namen Eazin, des gleichen Eazin, den wir längst
als einen unserer trefflichsten Landschafter verehren — ein ebenso vortrefflicher
Kenner als Hersteller kunstgewerblicher Arbeiten. Eazin hat lange in London
gelebt und den unglaublichen Einfluß sich entwickeln sehen, den das englische
Kunstgewerbe von zielbewußten, selbstschaffenden, alle egoistischen Neben-
absichten verachtenden Künstlern geleitet, seit dreißig Jahren allmählich Schritt
für Schritt gewonnen hat. Eazin ist nun bedacht, die eigentlich künstlerische
Arbeit nicht in der Hochsluth der Fabrikwaare, die man auch als „Kunst-
gewerbe" bezeichnet, untergehen zu sehen, denn das hieße jenen Künstlern,
die sich mit kunstgewerblichen Fragen befassen, den Muth nehmen wollen.
Man muß ihre Arbeiten, seien sie auch noch vielfach die reinsten Tast-
versuche, anders behandeln als die Dugendwaare. Gerade aus den Tast-
versuchen resultirt schließlich der sichere Gang. Nur keinen Anfänger abschrecken!
Er wird Besseres, vollkommeneres machen, darum schlage man seine
Leistungen nicht todt, indem man sie unter die kommerziellen Massen-
produkte stellt. Daß eine allgemeine Bewegung zu Gunsten des Kunstgewerbes

Abbildung Nr. 56 y. Salon Louis XVI. Entworfen und ausgeführt in der Hof-Möbelfabrik I. A. Lyßer, Bayreuth.

Künstler und Kunsttirwerlie auf der Pariser Weli-
Ansstellunji im Jahre 1!>00.

Dl^eit Monaten zirkulirte in Pariser Künstlerkreisen eine Liste, um
Unterschriften zu einer Petition an den Direktor des Beaux-Arts im
Interesse des Kunstgewerbes zu sammeln. Der Inhalt der Petition betrifft
„die künftige Meltausstellung und die Entwickelung der Abtheilung für
bildende Künste". Der Mortlant ist kurz, in seiner Kürze aber bezeichnend
genug für den Standpunkt, den man in Paris zum Unterschiede von anderen
Kunst-Zentren einnimmt: Dem Herrn Direktor der schönen Künste. Die
Künstler, welche alljährlich gelegentlich der beiden Salons sich durch Aus-
stellung kunstgewerblicher Arbeiten betheiligen, sehen sich veranlaßt, folgendes
Gesuch zu stellen: Es möge gelegentlich der Weltausstellung nichts geändert
werden an dem Verhältnisse, in welches das Kunstgewerbe gelegentlich der
letztverflossenen Salons zur bildenden Kunst getreten ist. 2. Es sei vielmehr
die Bildung einer eigentlichen kunstgewerblichen Sektion vorzusehen, die sich
eng an die Ausstellung der schönen Künste angliedert, z. Die Gesuchsteller
sehen in der Person des Direktors der schönen Künste ihren natürlichen Sach-
walter und ersuchen ihn, auf dein berührten Gebiete alles thun zu wollen,
was einer Aenderung des seitherigen Verhältnisses vorzubeugen im Stande
ist. Gustave Geffroy, der bekannte geistreiche Eauseur, der Pariser Künstler-
verhältnisse durch und durch kennt, bemerkt dazu: An der Spitze dieser statt-

im Gange ist, wer wollte es leugnen, kommen doch von allen Seiten Berichte
und Anfragen, die ein fortwährendes Steigen der Thätigkeit wie des Interesses
auf diesem so lange vernachlässigten Gebiete zeigen. Es ist deshalb nur
selbstverständlich und vernünftig, daß man von Seiten der Regierung diesen
Dingen so weit wie möglich Vorschub leiste. Lange genug haben wir es mit
angesehen, daß Leute zum Befehlen, zum Vrganifiren, zum Lehren heran-
gezogen werden, die vielleicht anderswo als gerade auf diesem Gebiete ihren
Posten möglicherweise ganz gut ausgefüllt hätten. Aber wozu denn immer
Reglements, Formalitäten, Eingaben, Aktenstücke, wo es sich doch um weit
Wichtigeres, um thatsächliche Arbeitsleistungen handelt, die eben nur Der zu
Stande bringt, der selbst was kann. Mir brauchen Leute, die allem ver-
nünftigen und gesunden Fortschritt die Hand reichen, statt erst Beschlüsse in
hundert Kommissions-Sitzungen zu verkrümeln!-- Wohl, die Gelegen-

heit ist da, wo der Herr Direktor der schönen Künste sein verständniß für
moderne Nothwendigkeiten zeigen kann. Die kunstgewerbetreibenden Künstler
wollen auf der Ausstellung im eigenen Heim sein, sie wollen sich zeigen
wie sie sind, selbst auf die Gefahr hin, nichts dabei zu gewinnen als
Tadel. Ergattern wollen sie, die ehrlich arbeiten, ja ohnehin nichts — also
mache man ihnen die Thore auf! Unser Schaden wird es wahrlich nicht
sein! So weit Geffroy. Man darf wohl gespannt sein, ob sich in deutschen
Künstlerkreisen nicht auch einmal eine Bewegung in dieser Richtung fühlbar

machen wird. — (Münch. Neueste Nachrichten.)
 
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