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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 8.1897

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Eyrich, Theodor: Für die Vorplätze der alten Nürnberger Häuser
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Mühlke, O.: Das Museum Dithmarsischer Alterthümer: zu Meldorf (in Schleswig)
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https://doi.org/10.11588/diglit.7395#0185

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Seite (3H.

August-Heft.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Abbildung Nr. 650.


eroberte Geschütze allerdings leider nur, wenn der Vorplatz so
groß wie im peller'schen Hause ist. Die sinnige Hausfrau wird
den Raum mit Blumen dekoriren; bei Familienfesten kann der
Vorplatz als Speise- eventuell als Tanzsaal dienen. Und wieviel

geeigneter ist er zur Winters-
zeit zum Spielen und Tum-
meln derKinder als unseremit
Möbeln angefüllte Zimmer!

Also kehren wir bei der
Grundriß-Anlage unseres
Hauses zu dem alten, schönen
Vorplatz zurück und ver-
meiden wir den langen und
unpraktischen Gang, der für
eine Kaserne und ähnliche
Gebäude am Platze ist, aber
für ein behagliches Heim
nimmermehr paßt! —

Aus den hier einge-
streuten fünf Grundrissen und
weiterhin abgebildeten drei
Vorplatz - Einblicken dürften
die Vorzüge dieser geräu-
migen, aus zwecklichen wie
künstlerischen Gründen geschaffenen Plätze auch dem Laien ein-
leuchten. Wer die Miethskasernen, auch die „herrschaftlichen"
nicht ausgenommen, der modernen Stadterweiterungen kennt, wird
die großen Mängel der Zimmergruppirung um dunkle Gänge
schon schwer empfunden haben. Za, die Nürnberger Beispiele
können getrost als Muster genommen werden. Von den hier
gegebenen dürfte das Peller-Haus wohl das bekannteste und kunst-
geschichtlich bedeutendste sein; es gehört zwar schon der Spät-
renaissance an, in Allem ist aber, so auch in der gallerieumzogenen
Hof-Anlage eine Anlehnung an die italienischen Renaissance-Bauten
unverkennbar. Zn Abbildung Nr. 65 s haben wir den Grundriß;
der Zutritt zum Vorplatze,
im zweiten Geschoß gelegen,
ist von der Wendeltreppe her,
um ihn gruppiren sich vier
Zimmer und ein Theil des
Hofes; den Einblick in den
Vorplatz mit seiner monu-
mental gestalteten Thür sehen
wir in Abbildung Nr. 655.

Der Entstehung nach folgt der
Vorplatz des in der zweiten
Hälfte des (7. Jahrhunderts
erbauten Fembo-Hauses, von
dem wir den Grundriß in
Abbildung Nr. 65H und einen
Einblick in den Raum selbst
in Nr. 660 sehen, der nicht
weniger als 75 Quadratmeter
Grundfläche besitzt; die Fenster
sind straßenwärts gerichtet.

Das aus dem f8.Zahrh. stam-
mende bekannte Herdegen'sche
Haus, dessen Vorplatz-Grund-
riß wir in Abbildg. Nr. 650,
den Einblick in denselben in
Nr. 65fl geben, weist in dieser

Beziehung eine der malerisch reizvollsten Lösungen auf. Abbil-
dung Nr. 653 zeigt die äußerst geschickt ausgenutzte Grundriß-
bildung des alten Topler-Hauses, während wir in Abbildung
Nr. 652 eine neuere Grundriß-Anlage für einen Gasthof haben. —

Abbildung Nr. 65!h. Heller-Haus, Lgydienplatz.
Besitzer: F. Eyßer, Hof-Möbelfabrikant.

Das Museum Diilnuarsi scher Nlterthttmer

zu Metdorf (in Schkesrvig).

E'n dem Bericht über die Kieler Gewerbe-Ausstellung sin dem
W Zanuar-Heft) ist der Nachbildung des Swin'schen Pesels
Erwähnung gethan. Es handelte sich dort darum, für die Aus-
stellung alter Kunstgegenstände den günstigsten Rahmen zu schaffen.
Selbstverständlich konnte bei der Kürze der zur Verfügung stehenden
Zeit und der Knappheit der verfügbaren Mittel diese Nachbildung
keine ganz vollkommene und getreue sein. Wer dieses Prunkstück
eines alten niederdeutschen Zimmers recht schätzen und würdigen
will, muß sich daher nach Meldorf selbst wenden, wo dank der
Rührigkeit des Museumvorstandes und namentlich seines Vor-
sitzenden, Landraths Zürgensen, den gesammelten alten Kunst-
schätzen der beiden Kreise Norder- und Süderdithmarschens in
diesem Jahre ein neues Haus errichtet worden ist. Das nach den
Plänen des Ar-
chitekten Voigt
in Kiel errich-
tete Museums-
gebäude ist von
ganz besonderer
Eigenart. Der
Hauptraum,eine
große Halle, ist
einer niederdeut-
schen Bauern-
diele nachgebil-
det und nimmt
in seinen Seiten-
schiffen und of-
fenen Gallerien
dieSammlungs-
stücke auf. Hinter
der Herdwand
sind zwei Pesel
ausgebaut, der

Swin'sche Pesel und der Bunscher Pesel. Ueber letzteren sind
kleinere Räume zur Aufnahme der kirchlichen Alterthümer, sowie
der Gold- und Silbersachen angelegt. Gelegentlich der Eröffnung
des neuen Heims am (5. Zuli (896 wurde der erste gedruckte
Museumsbericht herausgegeben, dessen Hauptabhandlung von
Vr. Friedrich Deneken, Assistent am Museum für Kunst und Gewerbe
in Hamburg, der perle des Museums, dem Swin'schen Pesel
gewidmet ist. Hier findet die Ausstattung dieses Znnenraums,
welche die Traulichkeit einer altdeutschen Bauernstube mit der
reichen Durchführung eines Patrizierhauses verbindet, mit seinen
Wandbetten, geschnitzten Thüren, Schränken, der getäfelten Decke,
dem Kamin die erste ausführliche Würdigung.

Unsere Abbildung des Pesels (Beilage I), welche gleich den
übrigen Abbildungen vom Museumsvorstande in dankenswerthester
Weise zur Verfügung gestellt ist, zeigt die beiden inneren Raum-
wände mit dem Kamin, der Eingangsthür, dem Eckbett des
Landvogtes und dem großen Schranke. Rechts von letzterem, in
der Ecke der Fensterwand, steht das Bett der Hausfrau. Zm
Uebrigen sind die Fensterwände mit festen Wandbänken besetzt.
Auffällig ist die mit Holzsäulchen vergitterte Meffnung zwischen
der Thür und dem Bette. Dieselbe bezweckte, vom Pesel aus
die Vorgänge in der angrenzenden Hausdiele zu beobachten und
das Thun und Treiben des Hausgesindes zu überwachen. Später
sind derartige Ausgucköffnungen, die zunächst wohl in den oberen
Thürfüllungen selbst angeordnet waren, weiter ausgebildet worden,
so daß sie mit einem eingebauten Tischchen oder Pult zugleich
als Arbeits- und Schreibplatz für den Hausherrn dienen.

Einen großen Reichthum an Schnitzwerk weisen die beiden

Abbildung Nr. 652. württemberger Hof, Neubau.
Besitzer desselben: Franz Kerber, Architekt Theodor Lyrich.
 
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