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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 8.1897

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Zimmermann, Ernst: Das moderne Farben-Ideal, [2]
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Etwas über Fransen und Quasten, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7395#0135

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INai-Heft.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

5eite 9^-

^Mas modern^ Marken-?Ddeal. Mtwas über Mransen und Muasten.

von Or. Ernst Zimmermann. <schl»H a. d. rixril-hefi.)

^^iermit ist aber die Aufzählung der diesem Karben-Ideale scbon huldigenden

Gegenstände der Gegenwart durchaus nicht erschöpft. Man denke nur
noch an die farbigen Lampenschirme aus Zeug oder Papier, die mit den
LllsnAssuts an Farbengeflimmer zu rivalisircn scheinen, an das Farbcnsxiel
des Grundes mancher modernen Plakate, an die moderne englische Tapete,
die in ihren besten Beispielen, trotz aller klarer Zeichnung für die Bähe,
von normaler Entfernung aus gesehen, fast nur noch wie eine farbig abge-
tönte Fläche erscheint. Doch genug! Was konstatirt werden sollte, durfte
konstatirt sein: das nämlich, daß man es hier mit dieser eigenthumlichen
Farbengebung nicht mit sporadischen und nur als „modisch" zu bezeichnenden
Erscheinungen zu thun hat, vielmehr mit einem mehr oder weniger bewußten
Ideal, dem sich Alles, was überhaupt in Frage kommt, wie aus innerer
Nothwcndigkeit getrieben, zubewegt.

Dieses Farbensxiel ist aber wirklich nichts anderes, als der Wiederschein
des äußerlichen Ideals der hohen Kunst, es ist der dekorativ angewandte
Impressionismus selber. Denn ist nicht das Ideal, das Ende des Impres-
sionismus, genau wie hier, der volle Triumph der Farbe über die Form, die
Unterdrückung jeder Kontour, die einen Gegenstand vom anderen im allge-
meinen Ganzen lösen will? Und wie es niemals bisher in der abendlän-
dischen Kunst einen Impressionismus gab, wie er wirklich das neugeborene
und legitime Kind des (y. Jahrhunderts ist, so gab es auch nie bisher ein
so eigenartiges Farben-Ideal in den dekorativen Künsten Europas, nie einen
solchen Despotismus der Farbe und zugleich eine solche Konsequenz ihres
innersten Wesens. An schwächlichen Anläufen dazu hat es freilich auch

früher nicht gefehlt. Das Alterthum und vielleicht auch die Renaissance
hatten schon ihre LlrauAsarcks; die Keramik zeigte bisweilen schon im Lause
ihrer geschichtlichen Entwickelung die Erscheinung der gestammten Glasuren.
Aber dies sind doch alles nur Vereinzelungen, noch keine Typen, im letzteren
Falle handelt es sich überhaupt fast immer nur um direkte Nachbildungen
von Natur-Vbjekten, um Nachbildungen werthvollerer Steinarten, die man
schon um ihres materiellen wertstes schätzte; von denen man im günstigsten
Falle die Reize ohne den Ballast der natürlichen Schwere aus diese Weise
gewinnen wollte. Nur ein Kullurkreis kennt und kannte bisher dieses

Farben-Ideal, der ostasiatische. Die Lhincsen und Japaner oxeriren schon
lange mit farbig geflammten, geflossenen oder überhaupt nur belebten
Glasuren, die Japaner, die ja auch ein verwandtes Farben-Ideal in der

Lackmalerei kennen, bis auf den heutigen Tag, und diese Völker — und

hier schließt sich wieder, wie bei uns heutzutage, Ursache und Wirkung zum
Ringe! — kennen ja auch schon lange den Impressionismus, der sür uns
erst jetzt das augenblickliche Ideal des Höchsten in der Kunst ist. Dieser
Impressionismus der Japaner ist aber, wie bekannt, nicht bedeutungslos
gewesen für das Auskommen des unserigen, und so hat auch ihr dekoratives
Farben-Ideal an dem Entstehen des unseligen von heutzutage seinen vollen
Antheil. Die japanische Keramik mit ihrer farbigen Glasur schlug hier
die Brücke.

Noch über der japanischen Kunst, sie schützend und sie treibend aber
steht der Naturalismus, das Naturgefühl, dieses gemeinsame Erbgut aller
dieser Völker des ostastatischen Kulturkreises, der Chinesen, der Koreaner, wie
der Japaner, das nur bei den einen zur Zeit brach liegt, da es die anderen
noch frisch zu nützen wissen. Das NaturgefLHI ist auch die «Duelle und der
Ausgangspunkt ihres Impressionismus in gleicher Weise wie ihres Farben-
sxiels, ist auch mehr als wir ahnen die (Duelle unseres neuen Farben-Idcals.
Ist dieses Farben-Ideal doch gerade das der Natur in allen ihren Einzel-
heiten. Die Natur haßt die Form, die Linie, in ihrer Regelmäßigkeit. Im
Widerstreit ihrer schaffenden und ihrer zerstörenden Kräste gelangt sie zu
einer völlig malerischen Erscheinung, aus der erst Menschenwitz wieder Form
und Linie heraus zu konstruiren vermag. Ihre Gesteine, ihre Früchte, Blumen
und Blätter, ihre Bäunie an sich nach mathematischen Gesetzen ausgebaut,
in klaren Farbensystemen kolorirt, zeigen, wo immer sie sich nach außen
kehren, in ihrem freien Wachsen behinderte Formen und das wirre Bei-
einander einzelner Farbentöne, die ineinander überstießen ohne Ansang und
Ende mit tausenden von Spielarten. Und stört der Mensch ihr inneres
Wirken und Weben durch das, was er als wohlorganisirter, schaffender
Grganismus als Höchstes liebt, durch blanke Flächen und reine Linien, dann
streut sie ihre Samenkeime aus auf den glattumrissenen Weg, daß bald seine
Grenzen sich verwischen, sein Grund in grünlichen Farben schimmert, dann
zernagt sie den glatten Bau des schmucken Hauses zur Ruine und besteckt
ihn mit ihren wuchernden Pflanzen, daß sie sich einxassen in den Grund-
karakter ihres eigenen malerischen Systems; denn die ungebändigte Natur
liegt immer auf der Lauer, dem Menschen, der sich von ihr zu emanzipiren
strebt, seinen Standpunkt als den des Schwächeren ihr gegenüber klar zu machen.

(Schluß aus demHMärz-Heft.)^Z

sWimßer dem, für ein Lrzeugniß der Textilkunst gewiß wenig geeigneten,

massiven Holz kamen aber noch andere gleich fremde Materialien, wie
Metalldraht, Pergament oder Papier, Glas usw. zur Verwendung, welche
zur Versteifung und Unterlage von verzierungskörxern oder als solche selbst
bestimmt waren.

Nicht in dem gleichen Grade ästhetischer Ausschreitungen, wie sie hin-
sichtlich der Formen wucherten, kam zwar auch die Farbe zu einer Anwendung,
die ost hart an die Grenze des guten Geschmacks herantritt, doch in der
Regel von dem Karakter des Gewebes, dem die Fransen als säumende Be-
gleitung dienen, beherrscht wurde. Selbstverständlich ist im Allgemeinen die
Farbenzusammenpellung im Stoffe für die Franse maßgebend, während sie
gegenüber den Bindungen im Gewebe in der Gruxpirung der Farben unab-
hängiger und nur die hängende Richtung des Fadens zu berücksichtigen ist.
Trotz dieser größeren Freiheit ist man dennoch in dem Gebrauche lebhafter
Farbeneffekte und namentlich des metallischen Goldes und Silbers häufig zu
weit gegangen, so daß der Gegensatz zwischen Stoffstäche und Einfassung ein
zu bedeutender, durch den starken Netallglanz der letzteren die Wirkung oft
zu einer rohen und brutalen geworden ist.

Aehnlich wie bei den Fransen, hat auch bei den verwandten «Duasten
die Sucht nach immer reicherer Ausstattung schließlich zu bizarren Verirrungen
geführt. Der Knoten, welcher die losen Fadenenden einer Schnur vereinigt,
hat bald seine kugelartige Gestalt und seine Weichheit verloren und wurde
mit Beihülfe einer gedrechselten Holzunterlage zu einem profilirten Architektur-
körper, auf dem die künstlichsten Nadelarbeiten zur Ausführung gelangten.
Durch diese nicht ganz unpassende Veränderung des Schnurknotens, welche
ein festeres Zusammenhalten des Fadenbündels ausdrückt, ist zugleich die
Möglichkeit zierlicher Gliederung und abwechselungsreicher Ausschmückung
dieses Bestandtheiles der (Duaste gegeben. Neben den Sticktechniken mittelst
der Nadel auf einem Untergründe von parallel gelegten Fäden, wurden mit
Vorliebe auch netzartige Verstrickungen, Bandverschlingungen, Geflechte und
bürstenartige Wulste zur Verzierung benutzt, bis sich endlich eine übertriebene
Künstelei daran wagte, eigentliche architektonische Elemente, wie Perlstäbe,
Rosetten, Akanthuslaub und sogar kleine Säulenstellungen, in dem zu Gebote
stehenden Materiale nachzubilden und aus dem ursprünglich so einfachen
Körper etwa ein kleines Tempelchen und andere kindliche Spielereien zu
machen. Daneben fanden Besätze von Knöpfen, Blumen und Laubwerk,
sowie Behänge von Kugeln, Eicheln und Kettchen häufige Verwendung und
alle diese Ueberladungen in möglichst buntem Farbenwechsel unter Benutzung
des Glanzes der Wolle, der Seide und des Goldes.

Dieser Reichthum des festen Theiles der «Duaste bedingte natürlich auch
eine ähnliche Ueberladung des losen und beweglichen Bestandtheiles, des
Fadenbüschels. Aus dem einfachen Faden wurden gedrehte Schnüre mit
übersponnenen Perlen oder kleinen «Duästchen an den Enden, mit zwischen-
hängenden profilirten Holzkörpern, auf deren übersponnenen Profilen wieder
mannigfacher Besatz erscheint, zuweilen ist auch der ganze Fadenbüschel in
einen kompakten Körper oder, wie die mühsam genähten italienischen Leinen-
quasten, in unzählige kleine Knötchen auf überstochenen Holzkörpern ver-
wandelt. Zu allen diesen Schmuckmitteln kommen nicht selten Nachahmungen
von Gardinenfallblättern, welche sich als Netzgeflechte, Laubforinen und steife
Ausschnitte wiederum geziert mit allem möglichen Besatz und Behang, über
den oberen Theil des Fadenbüschels ausbreiten und in der Regel Holz, Pappe,
Draht u. dgl. zu ihrer Formbildung und Formerhaltung bedürfen.

Mit solchen zahlreichen Schmucktechniken und Verzierungsmitteln, deren
sich der „Posamentirer" an verhältnißmäßig unbedeutenden Gegenständen
bedienen kann, ist sicherlich einer lebhaften Fantasie ein umfangreiches künst-
lerisches Material zu Gebote gestellt. Den richtigen Gebrauch davon zu
machen, ist jedoch nicht die übersprudelnde Fantasie geeignet, sondern die
Gabe einer kunstverständigen Einschränkung, welche die Anwendung der
Mittel auf ihre technischen und sinngemäßen Eigenschaften zu prüfen versteht.

Konferviren von HoHfutzbödrn. Um Holzfußböden, namentlich
Parquetten, bei Neubauten in gutem Zustande zu erhalten und dieselben
gegen Werfen zu schützen, bringt man eine Isolirschicht von Pergament-
papier zwischen dem Fußboden und dem Unterboden an. Unter dem Blind-
boden liegen die sogenannten Sauger, d. h. mit gebranntem Lhlorkalium,
Alaun und Lement gefüllte Pergamentbriefe. Da das Pergamentpapier,
welches den wasserdichten Abschluß bildet, ein schlechter Wärmeleiter ist, so
schützt es init Erfolg die parquetten vor dem Aufquellen auch an solchen
«Drten, unter welchen viel Gas gebrannt und geheizt wird, und eignet sich
demnach ganz besonders für solche Räume in Neubauten, welche sich über
einer Küche usw. befinden.
 
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