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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 8.1897

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Schumann, Paul: Dillmann-Thorndike'sche Glasgemälde
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Neue Pariser Möbel und Einrichtungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7395#0134

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Mai-Heft.

Seite YH. Zllustr. kun st gewerkt. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Zeltler) für die Weltausstellung in Lhicago ein Monumentalfenster her-
gestellt, bei dem die Abtönung bis zum tiefsten Schatten nur durch Einsetzen
immer dunkler gefärbter Glasstücke hergestellt war. Zndeß eine derartige
Mosaikschattirarbeit läßt sich doch nur bei großen Glasgemälden anwenden.
Bei den kleinen muß man nach wie vor beim Schwarzloth verbleiben. Da-
gegen kommt bei den Thorndike'schen Gemälden das Feuer, die Strahlungs-
kraft des in der Masse gefärbten sog. Hütten-Glases nicht in Betracht, da
Ueberfangglas anders wirkt als Hüttenglas und da es sich nicht mehr um
Flächen-Dekoration, sondern um volle Bildwirkung handelt. Strebte die bis-
herige Glasmalerei (mit Schwarzloth) nach dieser vollen Bildwirkung, so
wurde sie unstilistisch. Sie hatte ihre Stärke in anderer Richtung. Wir
stimmen deshalb völlig dem Urtheile Professor Ewalds in Berlin bei, welcher
sagt: „Ls lassen sich mit dem Thorndike'schen Verfahren sehr schöne Wir-
kungen erzielen und zwar, worauf ich Werth lege, Wirkungen, die von denen
der alten Glasmalerei völlig verschieden sind. Deshalb erblicke ich in dem
Thorndike'schen Verfahren auch kein Surrogat für jene Malerei, sondern eine
eigenartige künstlerische Technik, die sich ihre besonderen Ziele setzen kann
und setzen muß."

Wir hatten Gelegenheit, eine größere Anzahl Thorudike'scher Glasbilder
zu sehen, unter anderen eine japanische Sumpflandschaft, Stillleben, Köpfe
(Eremit, Mädchen), Fruchtstücke, Wappen, rein ornamental behandelte Scheiben,

ein Seestück mit heimkehrendem Fischerboot usw. Die meisten davon waren
in ihrer Art vorzügliche Stücke, offenbar haben die Künstler, die sie Herstellen,
schon eine bedeutende Fertigkeit und Geschicklichkeit im Aetzen und in der
Berechnung der Farbenmischungen erlangt. Die Farben gehen in der Trans-
parenz mit voller Sicherheit und hoher Leuchtkraft zusammen. Kleine Mängel
werden sich beseitigen lassen. Auf der Berliner Ausstellung des verflossenen
Jahres war die große Restauration (von Adlon und Dressei) mit Thorndike'schen
Glasbildern ausgestattet. Auch in den neuen Weinstuben von KempinskyLLo.
in Berlin haben sie Verwendung gefunden und auch Kirchenbilder sind schon
aus dem Atelier von Thorudike heroorgegangen.

Sicherlich haben die Thorndike'schen Glasbilder eine schöne Zukunft.
Nicht daß sie die alten Glasmalereien völlig verdrängen werden; denn diese
sind, wie oben auseinander gesetzt worden, ganz anderer Art und haben ihre
eigenen Vorzüge, die sie denn auch wieder unter voller Berücksichtigung der
oft verletzten Gesetze der dekorativen Flächenmalerei zur Geltung bringen
müssen. Die Thorndike'schen Glasgemälde aber haben ihr eigenes Gebiet
und ihre eigenen Aufgaben, zu deren Lösung man sie an geeigneten Orten
gern heranziehen wird. Natürlich wird man dabei immer im Auge haben
müssen: es handelt sich hier um vollständige Gemälde, nicht um Flächen-
Dekoration im alten Sinne, und diese Gemälde werden mehr oder minder
bestimmend auf die sonstige Dekoration der betreffenden Räume einwirken müssen.

pariser

und

inrichtungen.

ist recht schwer zu sagen, welche Geschmacksrichtung augenblicklich bei
Zimmer-Einrichtungen vorherrscht. Lin Theil der Pariserinnen schwört
zu dem englischen Ameublement, das mit seinen geradlinigen, wenig verzierten
und verschnörkelten Schränken, Tischen und Stühlen aus Hellem Holz mit
anmuthiger Malerei, womit vortrefflich Helle, groß geblümte Ueberzüge Har-
moniken, allerdings von jener gesuchten Einfachheit ist, in der man das
wahre Raffinement einer modernen Einrichtung zu suchen beliebt. Ein anderer
Theil wieder mag auf die koketten Ameublements Louis XV. und XVI. nicht
verzichten oder gibt auch dem mehr prächtigen Genre des Roi. äu solsil
(Ludwig der vierzehnte) den Vorzug. Bei alledem und trotz der versuche
in den verschiedensten Stilarten, worin wahrhaftig des Guten in den letzten
Jahren mehr als zuviel geleistet wurde, scheint jetzt wirklich einige Aussicht
vorhanden, daß wir auch wieder zu einem eigenen Stil gelangen. Unsere
letzte Errungenschaft ist ein Ameublement „6lsrbs" (Garbe). Sofa und Stühle
aus vergoldetem Bambus oder weiß lackirtem Holz zeigen hohe Lehnen aus
zierlich gebogenen Stäben, die wie von einer Schleife aus geknittertem Band
am unteren Ende zusammengefaßt sind. Ueber denselben, so hoch, daß man
nur den Kopf, nicht aber den Rücken anlehnen kann, ist in origineller Form
mit tiefen, hufeisenförmigen Ausschnitten zu beiden Seiten ein Polsterkissen
eingelassen. Zu dessen Ueberzug, ebenso wie zu dem Sitz, dient beliebig
bestickter Plüsch, Lampas oder irgend einer der schönen neuen Seidenstoffe
mit stockigen, hohen, farbigen Blumen auf changirendem, atlasglänzendem
Fond in einer anderen Nüance. Als weiterer Ausputz kommen sowohl bei
Sitz als Rücklehne dicke, zweifarbige, gedrehte Schnur hinzu, die leicht herunter-
hängend arrangirt wird und an den Ecken hübsche reiche Verzierungen bildet.

von größerer Originalität noch ist ein Ameublement, bei dem alles
Holzwerk gewellt, gekrümmt, gefältelt rc. erscheint, so daß absolut keine gerade
Linie bei dem Ganzen aufzufinden ist. Ze größer die Unregelmäßigkeit,
desto mehr ist es „Genre". Die Form der Möbel ist ähnlich wie bei den
oben erwähnten, nämlich schmal, hochlehnig und steif. Die Armlehnen der
Fauteuils breiten sich nach vorn zu weit auseinander; das hübsche kleine
Büreau ist eigentlich halb Schreibtisch und halb Nippsachenständer und in
der Mitte durchgetheilt. Die eine Seite nehmen vollständig eine Anzahl
übereinander liegender Schubladen ein, die nur gerade Raum zum Schreiben
auf der Tischplatte lassen, die andere ist ganz mit Spiegelglas ausgestattet
und zeigt eine Anzahl Etageren verschiedenster Form.

Ganz neuesten Datums ist ferner ein Ameublement, Viollst-Is-Ouo
betitelt. Besonders hübsch ist es in zartgrau lackirtem Holz mit gemalten
Rosenketten. Das kleine Sofa ist in Hufeisenform und erscheint eigentlich
mehr wie ein riesiges Fauteuil. Lin hohes Holz-Gitter mit gepolsterter
Balustrade läuft rings herum; in der Mitte ist es versetzt, d. h. höher gestellt
und wird von einer stachen Polsterung überragt, deren eckige, glatte Umrah-
mung Thürmchen verzieren. Gepreßter Sammt dient als Bezug bei diesem
Ameublement und wird mit großen, reich verzierten Nägelköpfen befestigt.

Auffallend erscheint die in letzter Zeit sich sehr stark geltend machende
Liebhaberei, sozusagen in einem Gegenstand deren mehrere zu verschmelzen.
Es gibt beispielsweise „Sofa-Bibliotheken", d. h. in der Rücklehne des Sofas
erhebt sich über der Polsterung ein zierliches Bücherschränkchen, so daß man
nur mit der Hand nach oben zu greifen hat, um das Lieblingswerk heraus-
zuziehen, Liseuse-Schreibtische, das sind kleine Büreaus, die von einer dreh-
baren Buch-Ltagsre überragt sind etc. Meistens erscheint diese Vereinigung
verschiedener Gebrauchs-Gegenstände zu einem etwas willkürlich und es ist

nicht recht zu sagen, woran die Schuld liegt, vielleicht ist es, weil man
noch nicht das zu einander am besten Passende herausgefunden, da dieses
Genre ja ganz neu und somit vielfacher Verbesserung noch fähig ist. Jeden-
falls ist es interessant, den Anstrengungen der Fabrikanten auf diesem Gebiete
zu folgen. Einiges ist gelungener als anderes, zum Beispiel eine „Toilette",
wie sie hier genannt wird, d. i. ein riesiger Tisch, dem eine hohe doppelseitige
Spiegelplatte in der Mitte aufgesetzt ist, die ihn in zwei Theile theilt. Auf
der einen Hälfte befindet sich alles zum Waschen Nöthige —Krug und Schüssel
stecken in schön ziselirten Bronzeringen — die andere dient als Frisirtisch.
Kleine Schubladen, muschelförmige Ltagören rc. enthalten die Kämme,
Bürsten rc. Line fein geschnitzte Konsole dicht vor dem Spiegel in halber
Höhe ist zum Aufnehmen von Schmucksachen bestimmt. Er zeigt überall
kleine Spitzen, an denen die Ringe aufgehängt werden sollen.

Ein Büffet in Nußbaumholz mit im unteren Theil eingelassenem Leder-
divan zum Auscuhen dürfte noch nicht das Ungewöhnlichste unter den neuen
Kombinationen sein; wenn auch eigeuthümlicher als ein prächtiger Bibliothek-
schrank, an dem zwei Sitze vorn befestigt sind. Das Merkwürdigste verdient
jedoch ein Toilettentisch genannt zu werden, der mit der armoirs ä Klaos
auf einer Seite und einer Vitrine (Glaskasten für Nippsachen) auf der anderen
zusammenhängt, und sonderbar auch ein Kleiderschrank, der an einer Schmal-
seite mit Ltagören und herausziehbarer Schreibplatte ausgestattet ist.

Ganz im englischen Geschmack ist ein dursau-toilstts in amerikanischem
Nußbaumholz. Nit dem zierlichen Schreibtisch mit Schubladen- und Etagsren-
Aufsatz ist eine Art Kommode mit rother Marmorplatte verbunden, die in
ihrer ganzen Breite eine Psyche überragt. Schöne Schlösser in antikem
Geschmack ergeben den Hauptausputz bei dem Ganzen. Zn demselben Stil
gehalten ist auch ein schöner Kleiderschrank mit Glasthüre, an denselben
schließt sich auf einer Schmalseite in halber Höhe eine Reihe Schubladen an.
Ueber denselben ist ein Raum freigelassen und dann ein zierliches Nippsachen-
schränkchen angefügt, an dem in sehr origineller Weise bunte kleine Glas-
scheiben in Bleieinfassung in die beiden Thürflügel eingelaffen find. Das Bett
zu dieser Einrichtung machte in seinen steifen unverschnörkelten Linien einen
etwas plumpen und schweren Eindruck, war aber ebenfalls ganz äsruisr Asnrs.

Sehr elegante Speisezimmer-Ameublements zeigt man jetzt, die ebenfalls
ganz etwas Neues bedeuten. Die Polster der Stühle, Sofas rc. sind mit Leder
von bräunlicher, goldfarbener oder grünblauer Nüance bezogen und das sie
umgebende Holz genau in der gleichen Farbe angestrichen. Zur Hebung des
Effektes und um den Gedanken an allzu große Gleichförmigkeit nicht auf-
kommen zu lassen, dienen Helle Leder-, auch wohl Tuch- und Sammt-Axxlika-
tionen auf dem dunkleren Fond der Rücken- und Sitz-Kissen. Entweder sind
dieselben in verschiedenen Figuren, in Wappen, Arabesken rc. ausgeschnitten
oder auch ein breiter Streifen schräg über das Polster geführt und zu beiden
Seiten mit schmaler Goldborte abgegrenzt. Schöner noch — allerdings aber
auch viel theurer — siud Metall-Applikationen auf den Rückpolstern, wie sie
bei einem hocheleganten Ameublement Verwendung fanden. Dieselben zogen
sich nicht auf dem Holz, sondern auf dem Polster selbst hin, dasselbe im Dber-
theil wie eine zierliche Arabeske umschließend. Besonders beliebt sind im
Augenblick neben den bräunlichen die blaugrünen und grauen Nüancen für
Bezüge und ebenso auch für die Politur des Holzes, falls man letzteres nicht
ganz hell, d. h. weiß oder crsme vorzieht. Zn Verbindung mit dunklen,
schönen Draperien hat eine derartige Einrichtung etwas anheimelndes und
macht zugleich einen überaus freundlichen und gefälligen Eindruck. —
 
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