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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 8.1897

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Merk, D.: Der Festzug und die Ausstellung der Festgaben in Karlsruhe
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O. S.: Das Parzival-Zimmer: im Theater des Westens zu Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.7395#0115

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April-Heft.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

5eite ?9-

Reliefbild des Großherzogs vom dortigen Kuustgewerbeverein. Erwähnt
seien ferner die Festgaben von Konsul Levin in Mannheim, ein Aufsatz
mit den silbernen Statuetten des Hermes, der Industrie und Landwirthschaft;
von Hof-Juwelier Bertsch ein schöner nach dem Entwürfe von Professor
Gagel gefertigter Becher mit Buckeln und Veilchen-Grnament; von
Lhristofle ck Eie. eine tadellose Nachbildung der berühmten Minerva-
schale des Heidelberger Silberfnndes; von Brems - varnius in Trier
ein reicher gothischer Neßkelch; vom Kunstverein ein silberner Lorbeerkranz.
Ein elektrisches Läutewerk in reichein schmiedeeisernem Gehäuse des Gewerbe-
Vereins Furtwangen, ein aus einem Stück Eisen kunstvoll geschmiedeter
Blumenstrauß der Karlsruher Kunstschlosser, die beiden kolossalen Messing-
platten in ornamentaler Durchbildung der Karlsruher Metzger- und Bäcker-
genossenschaften und viele andere Stücke waren im Festzuge mitgeführt worden.
— Line interessante französische Renaissance-Kassette aus dem tö- Jahrhundert
in reichstem ornamentalem Schmuck hatten Ihre Hoheiten Prinz und Prinzessin
Wilhelm und Prinz Max gestiftet. Der Schwarzwälder Industrie verdankte
ihre Entstehung die schöne mit gothischem Detail geschmückte Stand-Uhr der
Staatsanstalten Furtwangens, ebenfalls die sehr gefällige Stand-Uhr des
Gewerbevereins Furtwangen und die Wand-Uhr des Gewerbevereins
St. Georgen. Eine holzgeschnitzte Kassette mit ornamentalen Bronzefüllungen
stammte von Schreinern in Baden-Baden, ein Tischchen mit originellem Rauch-
service von Möbelschreiner Pomerenke in Mannheim, ein kleines gothisches
Altärchen mit Holzbrandbild von Längs Erben in Dberammergau. Ein
anziehendes Stück wurde vom Schwarzwaldverein gegeben: ein schmucker
Lesepult mit reichster Schnitzarbeit, vom Karlsruher Künstlerverein sahen
wir eine mächtige griechische Vase, bemalt mit dem oben erwähnten Festwagen
der Kunstschnle, vom Hofstaat Ihrer König!. Hoheiten eine kostbare Rokoko-
vase, vom Gewerbeverein Villingen eine von I. Glatz gefertigte Majolika-
Vase, von der König!. Porzellan-Manufaktur in Berlin zwei reizende Teller
init ornamentalem Rande und mit Bildnissen des Großherzogs und der
Großherzogin auf dem Grunde. Diesen schlossen sich an die Gaben der
Glasmaler in Karlsruhe, bestehend in Proben figürlicher Glasmalereien aus
der Kunstanstalt von Drinneberg (Abendmahl, Auferstehung), ein Bildniß
Kaiser Wilhelms II. auf Glas von M. Auerbach in Berlin, der schön
geformte Pokal des Verbandes badischer Gastwirthe mit Gold- und Email-
malereien von Glasmaler Nitsche in Karlsruhe, ein hübsches bemaltes
Kelchglas von letzterem selbst gestiftet, ein geschliffener Glaspokal von
Millinger L Kirner in Karlsruhe, von weiblichen Handarbeiten mögen
erwähnt werden ein reichgestickter Sessel der Illenauer Anstaltsfrauen, ein
Lesepult vom Kloster Lichtenthal, ein prächtiger Wandschirm von der Ramin-
gesellschaft in Emmendingen, ein niedlicher aus Strohgeflecht erstellter Papier-
korb der Strohffechtschule in Furtwangen, ein schöner Teppich in Knüpfarbeit
vom Reichs-Waisenhaus in Lahr. Die mächtigen Bouquets aus künstlichen
Blumen von Fabrikant Meyer und den Geschwistern Räuber verfehlten
auch hier wie beim Festzug ihre dekorative Wirkung nicht. Die Großh.
Kunstgewerbeschule hatte als Festgabe eine Gruppe kunstgewerblicher Gegen-
stände bestimmt, die von der Anstalt gefertigt worden waren: eine Majolika-
vase, eine Bronzestatuette, zwei Metallplatte» mit
figürlich behandeltem Grund, eine bemalte Holzbüste,
eine geschnitzte Holzfüllung, eine Glückwunsch-Adresse.

Die zahlreichen Adressen waren zum überwie-
genden Theile in einem Saale beisammen. In
gleicher Zahl und Mannigfaltigkeit — vom künst-
lerisch vollendeten Gemälde bis zum anspruchslos
geschriebenen Blatt — wird man sie wohl so bald
nicht wieder zu sehen bekommen. Besondere Auf-
merksamkeit lenkte eine Gruppe von Adressen von
Direktor Götz auf sich, alle in geschmackvollster
Durchbildung bei verschiedenartigster Auffassung, so
besonders diejenige der Landesfeuerwehren Badens
in reichgeschnitztem, von Bildhauer Maybach ge-
fertigtem Rahmen, dann die Adresse der Grund-
herren Badens, der Zweiten Kammer der badischen
Landslände, der Museumsgesellschaft, der kleineren
Städte und Landgemeinden Badens, des thierärzt-
lichen Vereins, der landwirthschaftlichen Konsum-
vereine, des staatsärztlichen Vereins in Baden, der
badischen Apotheker, der in Baden ansässigen Nord-
deutschen — alle mit reichen Mappen von den Hof-
buchbindern Scholl und Fei gl er. von trefflicher

Wirkung ist die Adresse der mittleren Städte Badens mit den Wappen und
den am unteren Rande angehängten Stadtsiegeln, für deren Aufbewahrung
eine stilvolle gothische Kassette mit Lederüberzug und reichem Schmiedeeisen-
beschläge beigegeben ist. In finniger, künstlerischer Auffassung erscheinen
ferner die von Maler Kley gefertigten Adressen der badischen Schützenvereine
und des badischen Künstlerbundes, die des Malers Hollmann für die
Reichsbankanstalten Badens und für das Großh. Konservatorium für Musik,
des Malers Hein für die badischen Militärvereine, des Malers Groh für

den Lokalverein der allgemeinen deutschen Kunstgenossenschaft und für den
badischen Bauernverein; ferner von Maler Roman für die Mittelschulen
des Landes; die der Malerinnenschule mit artistischen Beigaben von Kemmer,
M. Romann, R. Borgmann. Eine weitere vornehme Gruppe bilden die
Adressen des Karlsruher und Mannheimer Vereins deutscher Ingenieure (von
Professor Gagel), des badischen Architekten- und Ingenieurvereins (von
Professor Haberle), des badischen und pfälzischen Buchhändlerverbandes
(Professor Rieger), des Verbandes badischer Gewerbelehrer (Gewerbeschul-
vorstand Maier), der Gesellschaft Eintracht (A. Gagel) und viele Andere.
Angenehm berührte es namentlich auch, daß unter den aufgelegten Adressen
manche von den außerhalb des Landes wohnenden Badenern kamen, so
von denen in Kassel ein großes von Maler Brunner geschmücktes Blatt,
von den badischen Angehörigen des Reichsgerichts in Leipzig, selbst von den
in Alexandrien ansässigen Badenern. — Die Festgabe der Karlsruher Lieder-
halle besteht in einem großen fotografischen Gruppenbilds mit sämmtlichen
Sängern in reicher dekorativer Ausstattung von Maler Kemmer. Auch die
Dffizierkorxs des hiesigen Grenadier-Regiments, des 8. Württembergischen
Infanterie-Regiments Nr. ;2S, des r. Rheinischen Ulanen - Regiments in
Saarburg haben ihrem hohen Lhef je eine fotografische Aufnahme der
gesammten Mannschaft gewidmet. In der Abtheilung fotografischer Sammel-
werke übte die Festgabe der badischen Volkstrachtenvereine mit den von
Fotograf Ruf hergestellten malerischen Gruppen besondere Anziehung, die
des Nünsterbauvereins Freiburg in zierlicher gothischer Kassette enthält die
umfassendste Aufnahme des Freiburger Münsters, die der Theilnehmer an
der dritten badischen Studienreise interessante Aufnahmen aus dem klassischen
Süden. Die Gruppe der Buchgewerbe gab Hochgebirgsbilder, ausgeführt
von Lichtdruckereibesitzer Schober, die Stadt Ueberlingen Aufnahmen aus
dem Rathhaus, die Gemeinde Mosbach „Stadtansichten", die Fotografen
Wolf in Konstanz und Echlepp in Freiburg Aufnahmen des Straßburger
Münsters und aus der Stadt Freiburg. Schließlich sei noch auf die zahl-
reichen Bücher, Nusikalien und Reliefs hingewiesen. —

Das

inr GHecrter des Westens zn Werl'in.

<^n der ersten Beilage des vorliegenden Heftes bringen wir eine fotografische
(Mi Aufnahme des von Georg Buß in der vossischen Zeitung so lobend
beschriebenen Parzival-Zimmers im Sehring'schen Prachtbaue des Theaters
des Westens. Die Entwürfe zu diesem mittelalterlich-märchenhaften Raume,
dessen farbenreicher, materialechter Schmuck im Stile der normännisch-arabischen
Baukunst so echt künstlerisch durchgeführt ist, stammen von dem Maler Theodor
Kutschmann, der zu diesem Zwecke ergiebige Studien an den alten Werken
jener glänzenden Epoche des und ^2. Jahrhunderts auf Sizilien machte.
Eine große Ausbeute lieferten ihm namentlich die herrlichen Mosaiken und
Marmor-Inkrustationen der Laxella Palatina zu Palermo, die Kathedrale
von Monreale, die Kathedrale von Lefalu und die Martorano zu Palermo.

Und doch ist die Gestaltung des Raumes in seinem marmornen Unterbau,
in seinen Mosaiken und Fresken, wie auch in der graziösen Kassettendecke,
eine freie Erfindung des fantafievollen Künstlers, also keine Kopie oder
bestimmt nachweisbare Anlehnung an das in den genannten Bauwerken
Siziliens Geschaute. Und darin liegt mit ein Hauptreiz, etwas versöhnendes
zwischen dem modernen Kunstleben im Sinne unserer Tage und dem Nachstam-
 
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