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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 8.1897

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Waldau, Otto: Die keramische Ausstellung in Paris
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Ein Englisches Boudvoir in Bambus
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https://doi.org/10.11588/diglit.7395#0256

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Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoralion.

November-Heft.

oder Melonenform mit sehr kurzem Hals. An denselben kann
man ganz wundervolle Farbenmischungen beobachten. Einiges
ist in dem Genre der Ssvres-Fabrikate gehalten, nämlich in schönem
Blau und auch än Bezug auf das Fagon hat eine Anlehnung
an die in der Staatsmanufaktur hsrgestellten Gefäße stattgefunden.
Auf dem kräftig getönten Hintergründe, der stellenweis Heller sich
abhebt oder ins grünliche hinüberspielt, zeichnen sich Blumen und
Blätter sowie auch Vögel matt ab. Sehr schön ist auch eine
hohe Vase aus grünlich grauem wolkig gehaltenem Fond und
weißlich grünen Blüthenzweigen darauf. Eine der größten Ab-
teilungen hat die Firma AölmAr: L llls geliefert, und zwar sind
es meist größere Stücke, die ausgestellt wurden. Ein Frachtstück
ist ein^mächtiger Aamin aus rosagelben Ziegeln. Oben und
unten läuft ein mächtiges Gesims; der Mittelraum hat in sehr
origineller Weise eine Art Applikation aus glänzendem Thon
erhalten. Es sind Sonnenblumen, die mit dichtem Blattwerk
ganz gerade und steif aufsteigen. Blätter sowohl als die Blüthen,
von denen immer je drei — eine mittlere größere und zwei
kleinere — jedes Ornament abschließen, sind in natürlichen Farben,
d. h. grün und gelb gehalten, nur spielt das Grün etwas ins
bläuliche wie unter einer besonderen) Beleuchtung gesehen und
ebenso das Gelb ins rothe. Die Feueräffnung ist rundlich ausge-
hoben und wird von einer Reihe etwas vortretender, eckiger
Aacheln, die wie mächtige Quadersteine sich aneinander reihen,
eingefaßt.

Wunderschön ist ein Wandsries als Thüreinfassung gedacht;
der Segen der Arbeit soll hier allegorisch vorgeführt werden;
die Seitentheile zerfallen in drei Felder. Das unterste trägt von
zwei Lorbeerzweigen einzeschlossen die Initialen der Republik.
Zwischen diesem und dem Mittelfelde, wo eine schlanke lorbeer-
bekränzte Säule sich aus einer Umhüllung von Akanthusblättern
loslöst, ist ein Schildchen mit dem Worte „Oovooräia" eingesetzt.
Nach oben zu entwickelt sich — oberhalb eines Medailloneinsatzes,
der in einer nackten sitzenden Frauengestalt 1a vsrits (die Wahr-
heit) versinnbildlicht — die Säule zu einem zierlichen, vasenartigen
Aufsatz. Die Farbengebung am Ganzen ist folgende: Grund
golden, die Medaillons lehmfarben, ebenso wie die Säule, Blätter
grün und Blüthen roth. Das Mittelstück dieser Thür-Einfassung
ergibt ein großes Schild, um das herum geflügelte Anaben dicke
Arabesken, die sich im schönsten llunt-rslisk abheben, befestigen.

In Oefen ist recht viel von den verschiedensten Firmen aus-
gestellt. Unter anderen findet sich ein großer, runder vor, der
ganz im russischen Geschmack und ziemlich bunt gehalten ist, ohne
daß man doch einen störenden Eindruck erhält. Der Fond der
einzelnen ziemlich großen Aacheln ist Sövres-blau; darauf hebt
sich in grün und braun in hoher Pressung eine Fruchtschale ab,
um die herum sich Arabesken verschlingen. Je eine Aachelreihe
wird von der anderen stets durch einen circa zwei Finger breiten
ä, jour ausgearbeiteten Blechstreifen getrennt. Ein zweiter Ofen
in ähnlichem Genre ist ganz in olivgrün gehalten und zwar ab-
wechselnd aus hoch und vertieft gepreßten Aacheln zusammen-
gesetzt. Im allgemeinen sind für die Mefen stark glänzende
Aacheln verwandt, die jede ein gesondertes Muster tragen, während
die Aamin-Einfassungen durchschnittlich aus matten kleinen Thon-
stücken aufgebaut und dann mit glänzenden Arabesken, die fort-
laufend über das Ganze herübergeworfen, sowie mit frei gekneteten
Figuren, die an der Oeffnung gleichsam Wache halten und die
Häuslichkeit, den Frieden rc. darstellen, ausgeschmückl sind.

Sehr schöne Wand- und Fußbodenbekleidungen sind ebenfalls
ausgestellt. In dem Genre an und für sich ist zwar nichts Neues
geboten, aber die Muster sind hübsch und gefällig, theilweise auch
sehr originell. Einige Sachen sind auf Bestellung für einen Palast
in Algier gearbeitet und tragen der farbenfreudigen Stimmung
des Südens in ihrer lebhaften Zusammenstellung vollauf Rechnung.

Es versteht sich fast von selbst, daß auf einer so reich

beschickten Ausstellung wie es diese ist, auch eine historische Ab-
theilung nicht fehlen darf. Die Entwickelung der keramischen
Aunst in Frankreich von ihren ersten Anfängen an ist sehr über-
sichtlich dargestellt. Aus sämmllichen großen Werkstätten, wie sie
sich in den vergangenen Jahrhunderten in Rouen, Moustiers und
hauptsächlich Nevers vorfanden, sind einzelne größere und kleinere
Stücke ausgestellt, deren Schönheit mit der Aostbarkeit, die sie jetzt
in den Augen des Liebhabers erlangt haben, in einem edlen Wett-
streit liegt. Auch die ausländische Aeramik ist vertreten. Italien,
Deutschland und der Orient haben reichlich geliefert, namentlich
sind auch koreanische und japanische Gegenstände viel vorhanden.

Mit einigen niedlichen, sehr fein empfundenen und ebenso
ausgeführten kleineren Wandstücken aus Thon für Zimmerschmuck
haben sich zwei Damen: Marie und Anna Duthu an der Aus-
stellung betheiligt. Die Motive sind aus dem Vogelleben genommen
und in Giacomelli'scher Manier behandelt. Auf einem graziösen
Ast in bus-rslisk sitzen einige Vögelchen und zwitschern, andere
flattern auf oder stehen am Futtertrog rc. Für ein Speisezimmer
bestimmt sind ein Hase und anderes an den Füßen aufgehängtes todtes
Wildpret rc. Die Thierwelt hat den Aeramisten im allgemeinen
reichlichen Stoff geliefert. Tharlet z. B., auch einer der Aus-
steller, nennt sich nicht mit Unrecht selbst „Osrumisto-avimalisr".
Aein Stück ist von ihm da, gleichviel ob es sich um einen Leuchter
in der Form eines bemoosten Baumstumpfes, um eine Schmuck-
schale in Blattform rc. handelt, auf dem nicht eine Eidechse, ein
Frosch oder eine Schlange Platz gefunden hat. Sämmtliche Sachen
dieses Aünstlers sind stark angefärbt, während andere gerade dem
farblosen Thon den Vorzug geben. In meinem nächsten Bericht
werde ich Ihnen speziell in diesem Genre einige sehr schöne
Stücke beschreiben können.

Min englisches

„Meine Angehörigen", so erzählte mir kürzlich einer unserer
berühmten Westend-Dekoratöre, „waren im Anfang meiner Tarrisre
stets geneigt, etwas auf mich herabzusehen. Sie konnten es eben
gar nicht verstehen, daß ich allen Familientraditionen zum Trotze
nicht Maler oder Tonkünstler, sondern nur ein Dekoratör wurde.
Erst seitdem reichlicher Erfolg mein Streben krönte, haben sie
andere Saiten ausgezogen, und beginnen nunmehr meine Begeiste-
rung für die Dekorationskunst zu verstehen". Ich schickte mich
gerade zu einigen Bemerkungen über thörichte Vorurtheile und
dergleichen an, als ein Bediensteter die Aomtesse S. meldete. Ich
sah, wie bei Nennung des Namens ein Lächeln angenehmer
Ueberraschung über das Gesicht meines Freundes zuckte, und da
erinnerte ich mich sofort, von der Gräfin S., als von einer pikanten
und recht extravaganten Französin gehört zu haben, die es für
ein unbedingtes Lebensbedürfniß hält, ihre Salon- oder Boudoir-
Einrichtung drei- bis viermal im Jahre zu ändern. Mein Freund
hatte gerade nur noch Zeit, mir zuzuraunen: „Na, ich habe ihr
Boudoir erst vor drei Monaten im Thippendale-Stil dekorirt,
was wird nun blos die neueste Laune sein", als sich auch schon
die Thüre aufthat und ein Wesen hereintrippelte, das dem neuesten
der prächtigsten Modekupfer entschlüpft zu sein schien. Mich
wundervoll ignorirend, plapperte die Dame in förmlicher Ueber-
stürzung alle ihre Wünsche heraus, die schließlich darin gipfelten,
daß sie schleunigst eine neue Boudoir-Einrichtung, und zwar
„Bambus-Möbel" haben müsse. Augenscheinlich hatte sie sich
das Gespräch, das sie mit dem berühmten Dekoratör zu führen
gedachte, schon vorher sorgfältig zurechtgelegt, denn sie schloß
mit den Worten: „Ich finde, die neuesten Bambus-Möbel sind
geradezu ein Triumph des Aunsthandwerks, denn jetzt biegt man
das Rohr in der graziösesten Weise, während früher die geraden
Stöcke höchstens für Geräthe geeignet waren, die wohl allenfalls
primitiven Japanern, Thinesen oder Indern, aber nie uns modernen
 
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