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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 8.1897

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Statsmann, Karl: Alterthümer in der Wohnung, [3]
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Eine interessante Fest-Dekoration
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https://doi.org/10.11588/diglit.7395#0250

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Seite s86.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

November-Heft.

in der Periode des Rokoko bis zum Ueberdruß verpönt gewesen,
insbesondere das Linear-Ornament. Uns geht es heute nicht
anders. Wir nehmen die guten Formen wo wir sie finden. Heute
ist uns die Linienführung ebenso wichtig geworden wie das Orna-

Japanisches Llumeii - Arrangement im „Lnstrin".Stile. Lilie und Aster.

Abbildung Nummer 722.

ment selbst. Wir haben wieder das richtige Gefühl, daß die gute
Wirkung des Ornaments (letzteres als Grundlage der Dekoration I
in der Wohnungsausstattung) im Rhythmus der Linienspiele
beruht, nicht blos im Stile derselben. Uontraste! Abwechslung
in geraden und krummen Linien. Wir vermengen daher die Stil-
arten wo sie der Aonstruktion nicht widersprechen und dem Stoff
nicht Gewalt anthun nach Bedarf. So sind mit vielem Geschick
und feinster Abwägung Frührenaissance-Formen nicht nur mit
romanischen und gothischen, sondern auch mit Bildungen des Barock-
und Rokoko-Stils vermischt, recht modern verarbeitet worden und
damit Werke geschaffen, die den Stempel unserer Zeit an sich tragen.

Und so wird es — mit diesem rechten Gefühl — wenn wir
Alterthümer in unsere Wohnung einreihen sollen — nicht schwer
fallen, das Rechte zu treffen, neues Befriedigendes zu schaffen,
unbekümmert um „Stile", aus Moder und Ruine, aus dem alten:
„neues Leben!"

Eine interessant^ Mejt-Delwratinn.

(verspätet; von k'r. L. in Di.)

M^or kurzem fand in Dresden eine königliche Tafel statt, zu
welcher 225 Gedecke aufgelegt waren. Als Festraum diente
nicht, wie so oft, der große Banketlsaal im königlichen Schlosse,
sondern der große, ini parterre des Zohanneum (Stallhof) gelegene
Säulen-geschmückte und mit herrlichen Wölbungen versehene Saal.

^ Derselbe hat schon oft zu Zeiten prunkvoller Hofhaltungen unter
I August dem Starken und unter seinem Nachfolger August dem
^ Dritten, unter dem Grasen Brühl zu Hofsestlichkeiten gedient; daß
! er für dieses militärische Diner auserkoren wurde, ist einer glück-
lichen Idee des Oberhofmarschall Grafen Vitzthum von Eckstätt
! zu danken. Aein Raum dürfte sich wohl auch besser zu einem
umfangreichen Feste mit kriegerischem Rarakler eignen, als diese
hohe Halle mit kühn geschwungenen Areisbogen, die auf zwei
Reihen gewaltiger Säulen ruhen. Die Ausschmückung war dem
Aönigl. Hofbauinspektor Fröhlich, einem Aünstler oomms il kaut,
übertragen worden, und er hatte die Idee „Huldigung für das
j siegreiche Heer" in so sinnreicher und künstlerischer Weise ver-
wirklicht, daß man bewundernd und staunend den Blick in diesem
! prachtvoll geschmückten, von Meisterhand zu einer Ruhmeshalle
umgewandelten Raum schweifen ließ. Die ganze Dekoration trug
allerdings einen kriegerischen Aarakter, doch war sie als Znnen-
Dekoration äußerst interessant und bemerkenswerth. Sinnig war
der Zug eines 25jährigen Zubiläums der Zahre j870,7s darin
ausgedrückt. Noch keine königliche Tafel hat eine derartige Aus-
stattung erfahren, so daß Se. Maj. der Aönig seine Zufriedenheit
und Anerkennung dieser künstlerischen Arbeit dem Schöpfer der-
selben, dem schon genannten Fröhlich gegenüber mehrmals aus-
sprach und denselben auch mit einer Einladung zur Tafel beehrte.

Betrat man die Festhalle vom Zudenhof (Neumarkt), so
befand man sich zunächst in der zu einem Festraum umgewandelten,
von vier Säulen getragenen Vorhalle. Lange, rothe Sammtvor-
hänge wallten von der Decke nieder, Palmen und kriegerische
Embleme zierten die Seiten, zwei vollständige Ritterrüstungen
hielten die Wacht am Eingang, über dem große Sonnen elektrischen
Lichtes strahlten. Von hier aus schweifte das Auge in die säulen-
getragene Halle. Zhr monumentales Gepräge und der kriegerische
Uarakter des Schmuckes machten einen erhebenden Eindruck. Die
dem Zweck des Festes entsprechend gewählten Dekorationen an
Siegestrophäen, Standarten, Fahnen und Waffen aller Art ge-
währten am Abend in Zusammenwirkung mit den herrlichen
Stoffen der bei der Belagerung Wiens im Zahre f683 von den
Sachsen erbeuteten türkischen Zelte, mit den grünen Eichen- und
Tannengewinden und in Verbindung mit der elektrischen Licht-
fülle einen wunderbaren, unbeschreiblich schönen Anblick. Betrat
man die Halle selbst, so haftete das Auge zunächst auf einem
Arrangement, das die Form eines Ehren-Eingangs hatte. Zn
sinnreich gruppirten Trophäen traten die Zubiläumsjahre s870
— l8st5 scharf hervor, von den beiden Standarten des Majestäts-
wappens flankirt und überspannt von einem schwebenden, mit
Eichenlaub eingefaßten Bande mit dem sächsischen Wahlspruch:
.,l?rc>vick6ickia6 msmor!" Zn der Mitte dieses Bandes hing ein
Eichenkranz mit den Buchstaben R. herab. Die Säulen dieses
Ehren-Eingangs trugen Eichenkränze, die sich um das Eiserne
Areuz schlangen, und vor ihnen erhoben sich mächtige Lorbeer-
pyramiden. Vor diesen: Ehren-Eingang, also über dem Eingang
zu dem eigentlichen Festraume breiteten sich ein Hermelinmantel
mit der Raiserkrone und darunter ein riesiger Reichsadler aus.
Das Ganze umgab ein Fahnen Arrangement, das von Eichenlaub
durchzogen war. Aufs schönste, eine festliche und doch ernste
Stimmung athmend, waren die rechte und die der gegenüberliegende
linke Ecke der Festhalle am Eingang geschmückt. Rechts waren
drei Aanonen aufgesahren, um deren Rohre sich je ein Eichenkranz
 
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