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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 8.1897

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Volbehr, Theodor: Pietät für kunstgewerbliche Arbeiten
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Kimbel, Martin: Schloss Sankt Catharine in Oberkrain
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https://doi.org/10.11588/diglit.7395#0148

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Seite s06.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Juni-Heft.

in der !IIitte zwischen den Theoreinen der beiden Gegner. Und
das Bindeglied ist die kunstgewerbliche Pietät.

Das sy. Jahrhundert hat zu viel historische Interessen und
dankt den Vorbildern der Vergangenheit zu viel, um sich loslösen
zu können von allen Beziehungen zu dem, was einstmals war;
aber das sH. Jahrhundert ist andererseits zu praktisch, zu natur-
wissenschaftlich veranlagt, um nicht seine stärksten Wurzeln ins
Erdreich des Heute getrieben zu haben. Warum soll man mit
rauher Hand solche natürlich gewordenen Verhältnisse stören?
Mag es doch auch im Aunsthandwerk sein, wie es im Areise
einer lebenskräftigen Familie ist: pietätvolle Rücksicht für die
alternde Generation, liebende Sorge für die wachsende Generation'!
Die eine gegen die andere auszuspielen, zeugt von argen: Verkennen
der natürlichen Verhältnisse, ja sie ist ein Frevel an Vergangenheit
und Gegenwart und an der Gesundheit des häuslichen Glücks. —

man zur Diele, Abbildung Nr. 622, deren Bodenbelag aus acht-
eckigen rothbraunen Fliesen besteht. Der Ramm ist in tiroler
hellbraunen:, rauh gehaltenem Marmor ausgeführt und über der
Feuerung mit einem Holzkranz umgeben. Die Wände sind, mit
Ausschluß der nach den: Treppenhause, in buntem (einen bespannt,
die Polstermöbel mit schwerem Lodentuch bezogen. Wandvertäfe-
lung und Möbel sind in gebeizter Rüster durchgeführt. Eine
Anzahl ausgestopfter Thiere sowie Geweihe sind hier als Iagd-
trophäen trefflich am Platze, sie weisen auf das Waidwerk hin.

Der Nebergang von der Gothik zu dem Barockstil des Treppen-
hauses, welches hier ausmündet, ist eine günstige Lösung. Letzteres
ist hell weißlich gehalten und wirkt durch ebenso getönten Marmor
sehr vornehm. Im ersten Stock gelangt man in den gothisch
eingerichteten Speisesaal, Abbildung Nr. 62s. Die Wandvertäfe-
lung und Möbel sind in helldunklem Eichenholz gearbeitet; die

Abbildung Nummer S2;. speise-Saal im Schloß St.^Latharine, Bberkrain. Architekten Lremer <L Ulolffenstein, Berlin.

Schloß Sankt Cathariny in Oberkrain.

^^Mtitten im Oberkrainer, an Schluchten so reichem Hochgebirge
haben dis Architekten es verstanden, dem betreffenden
Besitzer einen Herrensitz zu erbauen, der schon öfter der Sammel-
platz einer auserlesenen Herrengesellschaft behufs Ausübung des
edlen Waidwerks in den so reichen Iagdgründen war. Umsäumt
von mächtigen Schneehäuptern, bewaldet von hohen Buchen und
Fichten, ist das Besitzthum durchzogen von reichen Wasseradern,
welche, sich vereinigend, die Araft zur Beschaffung von Elektrizität
für die Beleuchtung erzeugen, die nächtlich weithin leuchtend in
dieser poetischen Stille dem Schlosse etwas Märchenhaftes und
Reizvolles verleiht. Dasselbe bietet in dieser Wildniß auch jeden
erdenklichen Aomfort, wie er sich in einem vornehmen Herrensitz
nur äußern kann. — Das schloß ist im Renaissancestil, dem
Aarakter dortiger Gegend entsprechend, erbaut. Durch einen
gothisch gehaltenen Vorraum in Verbindung mit Garderobe gelangt

Wände und Gardinen aus plüschartigem Gewebe bestehend, letztere
mit nach vorhandenen: alten: Gobelinmuster gearbeiteter Bordüre
besetzt; die Stühle sind mit Rrokodilleder bezogen. Die Beilage
zeigt die Haupt-Ansicht der Uamin-Parlhie im Speisesaal, füv
welche zur Erhöhung der Wirkung eine gewölbte Decke geschaffen
wurde. Dieser Theil des Saales hebt sich nun von dem warmen,
altrothem Stoffton in der Perspektive sehr gut ab. Die Wand-
malereien sind aus sehr tüchtigen Händen hervorgegangen.

An das Speisezimmer schließt sich der Salon an, der? im
Empirestil gehalten ist. Wandvertäfelung und Möbel sind in
grün gebeiztem Airschbaum polirt ausgeführt, die Wände mit
heliotrop moirse Seidenstoff bespannt. Da diese in Felder einge-
theilt sind, so wurden Supraporten und Pfeiler mit Tüllstickerer
ornamental unterbrochen. Der Möbelstoff ist in den Farben von
crsme zu moosgrün genommen. Eine in der Mitte aufgestellte
Marmorgruppe stammt von dem Bildhauer Begas. — Das neben-
anliegende Damenzimmer, Abbildung Nr. 6s 7, ist dunkelmahagoni.
 
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