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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 8.1897

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Schumann, Paul: Dillmann-Thorndike'sche Glasgemälde
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https://doi.org/10.11588/diglit.7395#0133

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Mai-Heft. Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration. 5eite 93.

^Millmann-ThorndikeMe ^lasgemälde.

Von Or. Paul Schumann.

dem Gebiete der Glasmalerei herrscht gegenwärtig reges Leben,
wir haben unseren Lesern erst vor Kurzem über das amerikanische
Vpalescentglas berichtet und über die versuche der'deutschen Fabrikanten,
etwas ähnlich oder gleich wirksames herzustellen. Mußte die Kunstverglasung
mit Vpalescentglas als eine Art Glasmosaik bezeichnet werden, so liegt
jetzt in dem Dillmann'schen versahren wieder ein ganz neuer, eigenartiger
versuch vor, Glasgemälde herzustellen, der sich weder an die alte Art der
Glasmalerei anschließt, noch mit der irgend welcher Art von Glasmosaik
etwas zu thun hat. Das Verfahren beruht vielmehr auf den Gesetzen der
wissenschaftlichen Farbenlehre und auf demselben Grundsätze wie die Farben-
sotografie. Line kurze Beschreibung wird dies zeigen. — Der Grundunterschied

von den sonstigen Verfahren besteht darin, daß sich jedes Glasbild aus drei
Glastafeln zusammensetzt, die über einander gelegt werden. Die erste besteht
aus rothem, die zweite aus gelbem, die dritte aus blauem Uebersangglas.
(Unter Uebersangglas versteht man bekanntlich Glas, das nicht in der
gesammten Masse gefärbt, sondern nur mit einer dünnen Schicht einer anders
gefärbten Glasmasse überzogen ist; hier also weißes Glas, das mit einer
dünnen Schicht von rothem, blauem oder gelbem Glase überzogen ist.) Auf
die blaue Tafel wird das genannte Bild in den Umrissen ausgezeichnet, hier
werden auch sämmtliche Lichter und Schatten angebracht, indem man die
Farbe mit Flußsäure mehr oder weniger wegätzt. Aus jeder der beiden
anderen Tafeln läßt man zunächst diejenigen Theile der Farbe stehen, die
im Bilde ausgesprochen roth oder gelb erscheinen sollen und dann solche
Stellen, welche durch optische Mischung mit einer oder beiden anderen Farben
grün (blau und gelb) oder violett (blau und roth) ergeben sollen. An den
übrigen Stellen dieser beiden Tafeln — also wo das Bild blau erscheinen
soll — wird die rothe und die gelbe Ueberfangsarbe weggeätzt, so daß nur
das weiße durchsichtige Glas übrigbleibt, ebenso an denjenigen Stellen der
blauen Tafel, wo das Bild roth oder gelb oder in deren Mischung erscheinen
soll. Schwarz ergibt sich aus der Mischung aller drei Farben. Legt man
nun die drei Tafeln genau aufeinander und stellt sie gegen das Licht, so
erhält man das volle farbige Bild mit allen den Abtönungen, die sich aus

den Mischungen der drei Grundfarben ergeben. Das ganze Verfahren erinnert
an das Farbendruckverfahren, bei dem bekanntlich auch Tafeln mit verschie-
denen Farben verwendet werden. Nur erreicht man hier durch drei Farben
Alles, was der Farbendruck oft erst durch das zehnfache von Platten erreichen
kann, da die drei Grundfarben und ihre Mischungen sämmtliche dem Auge
erkennbaren Farbtöne ergeben.

Ls ist von vornherein klar, daß man es hier mit etwas grundsätzlich
Anderem zu thun hat, als bei den früheren Glasmalereien. Diese beruhten
auf dem Grundsätze der Flächen-Dekoration und für sie galten die Stilregeln,
die sich eben aus diesem Karakter ergaben. Davon ist hier nicht die Rede:
die Thorndike'schen Glasbilder sollen schlechtweg Gemälde jeder Art liefern.
Bei dem alten Verfahren hat man damit zu rechnen, daß die Farben ganz
verschieden in ihrer Kraft und ihrem Glanze sind, sie haben verschiedenes
Feuer, die eine größere, jene eine geringe Kraft der Strahlung oder Fähigkeit
die anderen zu überstrahlen. Man muß also genau überlegen, wieviel man

von jeder Farbe zu nehmen hat und an welche Stelle man eine jede zu
bringen hat, damit eine jede zu der gewünschten Geltung kommen kann und
nicht in ungewollter weise von der benachbarten überstrahlt wird und um
dieser Strahlung zu begegnen, bedarf man bei der alten Glasmalerei scharfer
Umrisse, die durch Bleistreifen, zuweilen auch noch daneben durch schwarze
Striche hergestellt werden. Perspektivische Vertiefung erscheint bei stilgerechten
Glasgemälden der alten Art ausgeschlossen.

von alledem ist bei den Thorndike'schen Glasbildern nicht die Rede.
Ls handelt sich hier nicht um Flächen-Dekoration, sondern um perspektivische
Gemälde, die durch Mischung der Ueberfangfarben vermöge des Lichtes
erzeugt werden; es gilt, für diese einen eigenen Stil zu schassen.

In der That erreichen die Glasbilder, die jetzt nach dem Dillmann'schen
Verfahren ganz allein von der Firma A. Thorndike in Berlin hergestellt
werden, in vieler Beziehung die Wirkung von Belgemälden, und es ist
ganz richtig, wenn man ihnen das Lob spendet, man vergesse ganz, daß es
Glasmalerei (d. h. im alten Sinne) sei. Hierbei kommt besonders der Vorzug
zur Geltung, daß die Schatten, mögen sie so tief sein wie sie wollen, doch
noch farbig, nicht undurchsichtig und daß die Uebergänge weich, die Farben-
werthe sein abgetönt sind. Bei der alten Glasmalerei müssen die Schatten
bekanntlich durch Uebermalung mit Schwarzloth hergestellt werden, sind also
nicht völlig farbig. Nun hat zwar die Kgl. Bayr. Hof-Glasmalerei (F. T.
 
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