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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 8.1897

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Schliepmann, Hans: Fortschritte in der Möbelgestaltung
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https://doi.org/10.11588/diglit.7395#0204

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ZU beziehen nur halbjährlich (Januar bzw. Juli).
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Sämmtliche Original-Illustrationen stehen unseren Lesern zur verwerthung frei.

WM- Die Zeitschrift ist verbreitet in allen Vulturstaatrn. »MF
Illustrationen und textliche Beiträge nur an die Schriftleitung in Darmstadt erbeten.

Nur Sonder-Hefte sind auch einzeln erhältlich.
Buchh.-Vertreter: Eduard Schmidt. Leipzig.

VIll. Iahrg. 1897.

-U Leipzig ^ Darmstadt ^ Wien. M-

September-Heft.



Nr. 674. vign. v. H. lverle.

Fortschritts in der

^ibelgestaltung.

von ksans Schliepmann.

^W°ür uns unvollkommene Sterbliche ist bei
einiger Ehrlichkeit und Gewissenhaftig-
keit nichts schwerer, als zu sagen, ob eine
Bewegung, in der wir stehen, aufwärts oder
abwärts führt. Viele, unendlich viele Zeichen
drängen sich uns lähmend auf, daß wir im
Niedergange begriffen sind: die Berliner
Hofkunst, das Geschäftskünstlerthum, die
Protzenkunst hier, die Fünfzigpfennigbazar-
kunst dort, das fieberhafte Wechseln der
„Nkoden", das einseitige Spezialistenthum und
die allgemeine Verständnißlosigkeit in Kunst-
sachen lassen kaum noch auf Besserung hoffen.

Und doch! Da regt sich's allerorten.
Eine Zeitschrift wie die „Jugend" kann
bestehen, ein Werle erntet Beifall; in Dresden
finden die Werke neuer Kunst in einer der
schönsten Ausstellungen, die man sehen kann,
entschieden wachsendes Verständniß; der ver-
nünftige Dilettantismus regt sich, und der
verflachende, entnationalisirende Einfluß des
Berlinerthums im schlimmen Sinne läßt
entschieden nach. Wan besinnt sich auf
deutsche Kunst und wagt schon in vielen
Kreisen über alle Schlagworte wie „modern",
„realistisch", „symbolistisch" usw. die Achseln

zu zucken. — Es gilt nun, welche Einflüsse einmal siegen werden.
Für uns aber, die wir, auch wenn die mächtigste Strömung zum
Abgrund risse, kampfesmuthig bis zuletzt ihr trotzen und gegen
den Strom schwimmen wollen: für uns gilt es nur, diese neuen
Kräfte zusammenzufassen, zu verkünden und zu pflegen. Und
immer bestimmter steht uns das Ziel vor Augen: eine gesunde,
von innen heraus geborene, volksthümliche und deshalb frohe,
stimmungsvolle, herzliche, starknervige Kunst!

Der gegenwärtige Zeitpunkt bedeutet aber sicher eine Nlerk-
scheide in unserer Entwickelung, weshalb es von besonderem
Werth ist, gerade jetzt Umschau zu halten. Zn der großen
Repetitionsstunde, die wir seit f857 auf architektonischem und
kleinkünstlerischem Gebiete abgehalten haben, sind wir nämlich
glücklich wieder auf dem Punkte angelangt, von dem aus wir
hätten weitergehen müssen, wenn uns dazu durch lebendige Ueber-
lieferung noch die Kraft geblieben wäre. Und rückwärtsschauend
dürfen wir jetzt vielleicht sagen, daß diese Wiederholungsstunde,
ja, schlimmer, das schulmeisterliche Wiederkäuen aller Formen-
sprachen der Vorzeit, von denen doch keine unsere eigene sein
konnte, daß dieses rein äußerliche, von ungestilltem Hunger nach
der wahrhaften Zeitnahrung gepeitschte, von Wodenarrheit ver-
gröberte und verzerrte probiren aller unglückseligen „Stile" doch
eine gewisse Nothwendigkeit war. Nothwendig, damit wir erst
wieder in Zusammenhang mit der Vergangenheit kamen, noth-
wendig, damit wir das Besitzthum dieser Vergangenheit uns zu
durchaus freiem Eigen machten, damit wir verstanden, was die
Alten eigentlich wollten, damit wir wieder anfangen können zu
verstehen, was wir — wollen sollen! Und jetzt also, wo
den schürfenden Abschreibern und Nlotive-Leimern nur noch die
„Stile" von Aegypten, Niniveh, Persien, Peru, pucatan und
Neuseeland einigermaßen unausgeplündert zur Verfügung stehen,
 
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