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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 8.1897

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Dankwardt, L.: Typus und Symbol im Kunstgewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.7395#0176

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Juli-Heft.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Seite f27.

Sie bilden geschlossene Gruppen, die aus dem Individuellen, dem
Ueberzeugenden herauswachsen und eben deshalb die Araft des
letzteren gegenüber dem Absolutismus der Kesammtmeinung stärken.

Typus und Individuum stehen zu einander in den gleichen
Beziehungen, wie das stilisirte Ornament zum naturalistischen. Der
Typus scheidet, gleich der Stilifirung das Zufällige als neben-
sächlich aus. Die naturalistische Horm wahrt die individuellen
Zufälligkeiten. Sobald der Naturalismus sich eigensinnig im
Detail verliert, ohne es zur Ausgestaltung des Aarakteristischen
auszunutzen, wird er für die Ornamentik werthlos. Sobald die

weisen brauchen, wie es ein Dekorateur der alten Schule, der noch
in Paris gelernt hat, machen würde. Tine naturalistische Ueber-
treibung in der Dekoration würde es sein, wenn man sich nicht
daran genügen ließe, den Haltenwurf klar zu motiviren und ihn
nach einem geschlossenen ornamentalen Gedanken zu gruppiren,
sondern ihn frei ausfallen zu lassen, wie es der Zufall gerade
gibt. Das Naturalistische ist in der Ornamentik überhaupt nur
am Platze, wo es gilt, einem einzelnen Gegenstände, einer einzelnen
Hläche einen ausgeprägten Aarakter aufzudrücken, ihn aus der
Umgebung herauszuheben, die zeichnerische Grundlage in der

Abbildung Nummer SH2. Neu »englischer Salon im Stil Louis XV.

Stilifirung sich von dem inneren Zusammenhang mit der Natur-
form loslöst, geht ihr Inhalt verloren. Auch in der Dekoration
bleibt dies wahr. Jeder Dekorationsstoff besitzt einen besonderen
Haltenbruch. Tr wird bedingt durch die Natur des Materials
— Seide, Sammt, Wolle usw., durch die Tigenart des Gewebes
und dem Aarakter der Musterzeichnung. Libertyseide will anders
gefaltet sein als Damastseide, einfarbiger Sammt anders als
gemusterter usw. Trotzdem kann man, falls im gleichen Raume
verschiedene Gewebe zur Dekoration verwendet werden, eine gewisse
typische Gleichheit in der Aarakteristik des Haltenwurfes anstreben.
Man würde z. B. übereinstimmend nur Hreihand-Dekorationen
oder nur solche im geometrischen Schnitt verwenden, ohne daß
deshalb alle Lambrequins gleichmäßige Länge und Horm aufzu-

Dekoration zu betonen u. dgl. m. Gattung, Typus und Symbol
stehen zu einander wie Aörper, Geist und Seele. Das Typische
kann gehaltlos werden, so wie man bei endlosen Witzen und
Geistreicheleien sein eigenstes Seelenleben verlieren kann. Das
Symbol, falls es seinen Namen überhaupt verdient, ist ein
Glaubens- und Ueberzeugungsbekenntniß und darum das wirk-
samste Mittel, um bloße oberflächliche Meinungen zu bekämpfen.
Da, wo die moderne Ornamentik sich von der schablonenmäßigen
Bearbeitung des historischen Stils frei gemacht hat, ist sie das
vollwerthige Ueberzeugungsbekenntniß der Neuzeit geworden. Die
alte Zeit betrachtete die Dinge als Gegebenes, Unveränderliches«
Die Neuzeit sieht Werdendes, den Stimmungen Unterworfenes.
Trotz ihres vorgeblichen Aampfes gegen christliche Ideen ist die
 
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