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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 7.1909

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Heft 3
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Tschudi, Hugo von: Die Sammlung Arnhold, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4599#0122

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»ruß6»

lieh repräsentiert. Des Ersten Marmorgruppe
eines Zentauren, der ein Mädchen zum Aufsitzen
einladet (von 1888), giebt ein Begassches Motiv
verweichlicht wieder. Die Skizze zu der Prometheus-
gruppe von Begas (1898), die in einem Bronzeguss
vorhanden ist, lässt klar erkennen, warum diesem
Meister, der Jahrzehnte lang in dem Bildhauerbetrieb

1.0U1S TUAILLON. SANDALILNBINDKRIN

Berlins die erste Rolle spielte, die Führung gerade
der ernstesten jungen Talente so völlig aus der Hand
geglitten ist. So sehr fehlt ihr Das, was wir heute,
nicht zum geringsten unter Hildebrands Einfluss,
als das Wichtigste, ja als das Unentbehrliche der
plastischen Gestaltung erkennen: die Klarheit und
Übersichtlichkeit des formalen Gedankens und der
Rhythmus der Linien und Flächen. Gerade für die
hervorragendsten Schüler von Begas, wie Gaul und
Tuaillon bestand die Entwicklung darin, sich von

dem malerischen Naturalismus ihres Meisters zum
plastischen Stil durchzuringen. Nichts ist lehrreicher
als ein Vergleich von Gauls Löwin, von der ein
Abguss bei Arnhold steht, mit dem von ihm für
das BerlinerKaiser Wilhelm-Monument modellierten
Löwen. Dort eine fast architektonische Strenge
des Aufbaues, die sicherste Betonung der wesent-
lichen Formen und Zurückdrängen des
Nebensächlichen, wodurch bewirkt wird,
dass bei aller plastischen Ruhe gerade das Ge-
schmeidige, Sprungbereite des Katzenleibes
in die Erscheinung tritt. Dagegen wirkt der
Denkmalslöwe, der doch gewiss kein schlech-
tes Exemplar seiner Art ist, durch die auf-
geregte Pose und die unruhige (sogenannte
pikante) Behandlung von Haut und Haarledig-
lich theatralisch und durchaus nicht monu-
mental. Eine Reihe kleiner Tierbronzen, wie
die schreitenden Schafe, die beiden Käuz-
chen, zeigen wie Gaul sich durch intensiv-
stes Naturstudium auf der feinen Linie zu
erhalten weiss, jenseits derer der Stil zum
Stilisieren entartet.

Dass der Fleiss des Talentes bester Teil
ist, beweist auch Tuaillon, der nie Erfreu-
licheres geschaffen hat, als wenn ihm die
Müsse gelassen war, mit der hartnäckigen
Ausdauer, die ihm eigentümlich ist, die
letzten Hilfskräfte seiner Begabung an einen
Vorwurf zu wenden. Vielleicht steht doch
in der Reihe bedeutender Werke, die ihr ge-
folgt sind, die Amazone noch immer obenan,
die der junge, unbekannte Künstler, von
keinem Auftraggeber gedrängt, in der Stille
seines römischen Studios geschaffen hat. Sehr
nahe kommt ihr der Sieger, der gleichfalls
noch der römischen Zeit angehört und sicher
den reiferen Künstler verrät. Wenn die Ama-
zone trotzdem eindrucksvoller dasteht, so
liegt das an der ruhigen Geschlossenheit des
Motivs und vielleicht auch an dem Stück-
chen jugendlicher Romantik, das sie uns näher bringt
als den allzu klassizistischen Sieger. Von lebendigster
Durchbildung ist das Pferd, obgleich nur ein ebenso
scharfer Naturbeobachter wie Tuaillon sofort er-
kennen dürfte, dass es im Trabe dargestellt ist. Das
Werk, von dem es keine Wiederholung giebt,
hat eine beneidenswert schöne Aufstellung auf der
Terrasse der Villa Arnhold am Wannsee gefunden.
Doch der schönste Anblick bietet sich von der
Wasserseite, wenn von der Abendsonne beleuchtet

■•abheben-

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