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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 7.1909

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Heft 10
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https://doi.org/10.11588/diglit.4599#0484

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W.Shaw Sparrow. Flate Urban Houses &
Cottage Homes.

Ein gescheites, unterrichtendes Buch, das viel Mate-
rial giebt und gerade jetzt bei uns eifrig gelesen werden
sollte, da das Landhaus die einzig menschenwürdige
Lösung der Wohnungsfrage scheint, da die Gartenstadt-
bewegung auch den Massen den Traum eines eigenen
Hauses verführerisch nahe bringt. Leider wird durch
solche nie erfüllbaren Utopien die Aufmerksamkeit von
den Problemen des Mietshauses abgelenkt, werden not-
wendige, aber erreichbare Verbesserungen ins Ungewisse
verschoben. Das Mietshaus lässt sich nicht abschaffen,
die allgemeine Rückkehr zum Einzelhaus ist unmöglich
und nicht zu wünschen. Die hollandischen und eng-
lischen Zwerghäuser sind in keiner Weise vorbildlich.
Auch in England macht sich das jetzt geltend. Die un-
geheure Ausdehnung Londons bedeutet eine ungeheure
Kraft- und Zeitverschwendung. Der Vorteil im Vorort
zu wohnen, wird durch die Notwendigkeit tiiglich zwei
bis vier Stunden auf Omnibus und Trambahn zuzu-
bringen, vollkommen vernichtet. Die Zahl der Miets-
häuser wächst in London, charakteristischer Weise zu-
nächst für die reicheren Schichten. Die Fassaden sind

nicht viel besser als die unsrigen, wenn auch kurfürsten-
dammliche Ausschweifungen zu fehlen scheinen. Die
Grundrisse lassen in der Beleuchtung und Belüftung
der hinteren Räume recht viel zu wünschen übrig. Und
der Verfasser, der von ausländischen Grundrissen nur
einigeWiener und französische Beispiele bringt, thäre gut,
eine Reihe Berliner Grundrisse als Vorbilder einzufügen.
Unsere polizeilichen Anforderungen an Hofflächen und
Hofgestalt sind trotz aller Verbesserungswürdigkeit den
englischen gegenüber unerreicht verständig. An einem
Hof von 24 qm in y Stockwerken je 2 Küchen, 2 Auf-
waschküchen und 2 W. C. s. zu legen, ist ein ziemlich
tolles Stück undnicht einmal das schlimmste Beispiel in
diesem Buche. Natürlich fehlt es nicht an ausgezeich-
neten Lösungen, und vortrefflich durchgebildeten bis
ins Kleinste durchdachten Zimmerfolgen, an glücklichen
und überraschenden Ausnutzungen des verfügbaren
Raumes, an sorgfältiger Ausbildung aller Nebenräume.
Aber im Grossen und Ganzen bleibt doch der Eindruck,
dass wir in der Mietshausfrage England Manches zu
geben haben, und zwar erstaunlicher Weise gerade in
hygienischer Beziehung.

August Endeil.

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