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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 7.1909

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Heft 10
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Uhde-Bernays, Hermann: Die Piloty-Schule
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https://doi.org/10.11588/diglit.4599#0488

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AD. OBERLÄNDER, WIRTHSIIAUSSZENE

AUSG. IM KUNSTSALON HEINEMANN, MÜNCHEN

Kunst (die an sich zu viel malerische Kultur besitzt,
um anders als nur ganz äusserlich mit der Schule zu-
sammenzuhängen), soweit sie mit Piloty zeitlich in
Beziehung zubringen sind, ausser acht, und nehmen
auch Nikolaus Gysis noch aus - von ihm soll später
die Rede sein -; dürfen wir bei den Andern allen
das jäh aufquellende Gefühl des Schmerzes nicht
meistern, der die Klage laut werden lässt: welch
grosses Können ward da zerstört! Da hängen neben
den bekannten Interieurs von Defregger Akte von
einer Exaktheit der Modellierung, die an Habermanns
„Sorgenkind" erinnern, und Studien voll von dra-
matisch bewegter Kraft, die der liebenswürdige
Meister bald verloren hat; da finden sich Interieurs
in altholländischer Lichtbehandlung von Grützner und
dann sehen wir staunend, wie die Fäden der künstle-
rischen Entwickelung zeitweilig über die gleiche
Spule laufen, indem wir hier das Modell der Leibi-
schen Cocotte auf einem der drei guten Bilder von
Schachinger wiederfinden, dort die täuschende Ähn-
lichkeit zwischen Gabriel Maxens Liebesschaukel und
Victor Müllers Schneewittchen feststellen. Begriffe
die klar und solide rubriziert waren, hier empfangen
sie eine neue Wertung. Ein besonders vielseitiges
Können zeigt sich bei Nikolaus Gysis. Er hat auf der
Jahrhundertausstellung gefehlt. Dieser dunkle Grieche,
den ein schönes Bildnis Defreggers zeigt, konnte
sich doch mit dem Ernst der nordischen Malerei
Bedeutung. Der deutsche Geschmack, der sich am nur mühsam abfinden. Neben Fischen, die er minutiös
liebsten bei Scherr und Riehl geschichtlich bilden liess nachmalte und ausdrucksvollen Bildern seiner Eltern,
und für die Anekdote bedenkliche Schmökerwünsche wo die Liebe zur Genauigkeit der Zeichnung das male-
hegte, fand an dem Gegenständlichen der Pilotyschen tische Temperament zurückdrängt, hat er ein Bauern-
Bilder genüge. Ein flüchtiges Durchblättern alter Stubeninterieur geschaffen von vorzüglicher Leuchtkraft
Gartenlauben zeigt, wie populär Piloty war. Darum der Farben und in seinen Skizzen das schönste malerische
eben kam Defregger zu ihm, darum huldigten ihm Talent ausschlagen lassen. Unter den Gedanken, die
Lenbach und Grützner, und diesen Fesseln entwand bei einer beschaulichen Betrachtung der in ruhten
sich glücklich Habermann. Wer nicht Diezschüler Farben harmonisch gestimmten Ausstellung sich folgen,
wurde, ging zu Piloty. Der Grieche
Gysis und der Amerikaner Chase und
der unglaubliche Magyare Szinyei, der
1869 Bilder malte, die er heute unbe-
sorgt auf die nächste Sezession schicken
könnte. Gabriel Max und Hermann
Kaulbach, Knüpfer und Liezen-Mayer,
Adamo, Oberländer und Toby Rosenthal,
Raupp und Mathias Schmid folgten
Piloty und selbst Wilhelm Leibl hat
kurze Zeit der Schule angehört.

Leibl dürfen wir hier nicht nennen.
Aber wir danken dem Zufall, der ausser
einigen Studien aus verborgenem Privat-
besitz ein prachtvoll gezeichnetes Bildnis
brachte und deraus der BudapesterSamm-
lungSzinyeis Porträtstudie nach München
sandte. Lassen wir die geringen Bruch-
teile derLeiblschen und Habermannschen

; . „:__:__j&*--------:------ --------*— -

ED. GRÜTZNER, K.ELTERHAU.E

AI SG. IM Klss

1ANN, MÜNCHEN

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